sechzehn

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"Alles fing an bei dieser Back-to-school-Party im letzten Herbst. ", beginne ich langsam. Doch dann kommen die Worte plötzlich von ganz allein aus mir heraus.

Vielleicht vom Alkohol, vielleicht einfach, weil ich Cole vertraue.

"Es war eine ziemlich wilde Feier, die bei Nathaniel Croft stattfand. Es war beinahe die komplette Oberstufe anwesend. Und Josh war natürlich auch da."

Kurz schließe ich die Augen und denke an diesen Abend zurück. An Josh. Dort fiel mir nicht zum ersten Mal auf, wie gutaussehend er war.

Mit einem traurigen Auflachen erzähle ich weiter. "Jedenfalls, wir spielten dieses lächerliche Sieben Minuten im Himmel, weil ein paar der anderen unbedingt wollten. Blöderweise saß ich da irgendwie dabei und die Flache zeigte auf mich. Naja, und dann auf Joshua Thackery, überall bekannt als unnahbar, verschlossen, kühl. So etwas eben."

Kurz sehe ich zu Cole. Bei dieser Beschreibung lächelt er mich kurz an und blickt dann wieder geradeaus.
Vielleicht denkt er dasselbe wie ich in dieser Sekunde. Wie ähnlich mein Ruf dem von Josh ist.

"Josh ist ein bisschen wie Ferb aus dieser Kinderserie.", sage ich nachdenklich.

Cole runzelt die Stirn. "Du meinst Phineas&Ferb?", fragt er, stolz darauf, zu wissen was ich meine. "Der, der nur einmal am Tag etwas sagt, dafür ist das umso intelligenter?"

Ich nicke und lache leise bei der Beschreibung. "Genau so. Als wir auf dieser Party dann gemeinsam in die dunkle Abstellkammer gingen, hörte ich ein paar Kommentare, von wegen der Raum wäre nicht groß genug, weil sich Josh sicher so weit wie möglich von mir wegstellen wolle. Anfangs stand er wirklich auf der anderen Seite der Kammer, musterte mich einfach mit verschränkten Armen."

Cole zieht eine Augenbraue hoch und fragt vorsichtig nach:"Und dann?"

"Dann trat er plötzlich einen großen Schritt auf mich zu. Der Raum war so klein, dass er nun schon fast direkt vor mir stand."

Ich schlucke und räuspere mich, um weitersprechen zu können. "Auf einmal sagte er: 'Ich kenne dein kleines Geheimnis. Ich weiß, dass du auf Jungs stehst.' Mit einem leichten Lächeln, vollkommen ruhig und klar. Und ich, ganz dösig vom Alkohol, reagierte nicht mal, weil er noch näher auf mich zukam und mich küsste. Einfach so. Nur ein paar Sekunden lang."

Kurz sagen wir beide nichts.

"Dann kanntest du wohl sein kleines Geheimnis auch.", meint Cole dann.

"Ich dachte, er wollte mich nur verarschen, denn nach diesem Kuss traten wir aus der Kammer und er tat, als wäre nichts gewesen. Die anderen von der Party zogen mich zwar kurz damit auf, obwohl sie natürlich nichts von dem Kuss mitbekommen hatten. Aber das war nichts Neues. Josh wurde in Ruhe gelassen, zu viel Respekt vor ihm."

Ich zünde mir eine neue Zigarette an und reiche auch Cole eine. Die von vorhin hat er schon ausgetreten.

"Ich dachte, Josh hätte mich schon wieder vergessen. Ab und zu erwischte ich ihn, wie er mich auf den Schulfluren beobachtete, aber wahrscheinlich bildete ich es mir nur ein. Ein, zwei Wochen später auf einer anderen Party redeten wir dann wieder miteinander."

"Diese Partys.", seufzt Cole, gleichzeitig sage ich:"Obwohl, reden ist wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck."

Cole starrt mich kurz an, blinzelt und sieht dann weg. Ist das so etwas wie Eifersucht? Sofort habe ich ein schlechtes Gewissen. Okay. Ab jetzt weniger Details.

"Wir trafen uns heimlich, auf Partys an Wochenenden, unter der Woche in der Ecke hinter dem Schulparkplatz oder im Keller. Josh wollte nicht, dass wir es jemandem erzählten. Ich spielte einfach mit."

Aus Angst, ihn zu verlieren.
Diese Worte schweben in der kalten Luft zwischen uns wie Rauch. Ich muss sie gar nicht aussprechen.

"Irgendwann im Dezember vor dem Unterricht bekam Josh plötzlich panische Angst. Vollkommen durcheinander meinte er, wir könnten uns nicht mehr sehen und der ganze Scheiß. Wir stritten uns, schrien uns an, ich lief davon, er mir hinterher, packte mich vor allen auf dem Schulflur an der Kapuze."

Cole zieht scharf die Luft ein. "Und schlug dich?"

Ich fahre mir mit meinen Händen durchs Haar, verberge mein Gesicht. Er soll die Reue nicht sehen.

"Nein.", sage ich traurig, leise. "Nein, ich habe ihn zuerst geschlagen. Gerüchte verbreiten sich schnell, weißt du? Und Josh wollte das nicht. Mich nicht. Also gab ich ihm eine Lösung."

"Gewalt ist keine Lösung. Du weißt das so gut wie ich." Coles Stimme ist ruhig, aber sie zittert leicht. Er meint das, was damals passiert ist. Damals.

Plötzlich ruft jemand hinter uns meinen Namen. Und Noahs.

"Lee! Mann, wo steckst du denn? Ich suche dich schon-", beginnt Liv hinter mir, doch sie verschweigt abrupt, als sie Cole neben mir sieht. "Hey Coley.", ergänzt sie verlegen. Dieser nickt ihr zu und lächelt kurz.

"Ich will schon seit einer Stunde nach Hause, tut mir leid Jungs. Darf ich Lee mitnehmen, Cole?", fragt sie mit einem schiefen Lächeln.

Cole wirft mir einen Seitenblick zu und kehrt zurück zu seiner üblichen, scherzhaften Seite. "Klar, aber bring ihn sicher nach Hause, Livvy.", sagt er mit einem frechen Zwinkern.

Nur ich bemerke wohl, dass auch eine Spur Ernsthaftigkeit in seinen Worten mitschwingt.

Ich stehe auf. "Du solltest besser auch reingehen. Es ist kalt draußen.", schlage ich leise vor. Mich hat eine plötzliche Angst gepackt. Es ist kindisch, aber ich befürchte, Cole verurteilt mich für das, was ich getan habe.

"Ich rauche noch kurz fertig.", erklärt er und bleibt sitzen. Wir lassen ihn mit dem Zigarettenrauch in der kalten Nacht allein.

Als ich nach Liv in das verrauchte, überfüllte Haus eintreten will, höre ich ihn plötzlich meinen Namen rufen und drehe mich um. "Lee, warte kurz!"

Mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu und zieht mich in eine kurze, aber feste Umarmung.

Als er mich loslässt, lächelt er. "Wir sehen uns, alter Freund."

Jegliche Angst ist verschwunden. Sanft breitet sich Wärme in mir aus. Ich lächle zurück.

Hey ihr lieben Lesenden da draußen! Noch ein kleines Kapitelchen für euch :)
Habt Spaß beim Lesen!

Hoffe, euch gefällt's,
nono

boy storiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt