vierundvierzig

345 21 4
                                    

Die Pizzeria ist noch fast nicht besucht, als wir bei ihr ankommen. Wir setzen uns an einen Platz in einer Ecke und ich verdränge den Gedanken, dass das rein theoretisch ein Date sein könnte.

Vor allem, da Nicolas und ich uns gerade so gut verstehen und unser erstes gemeinsames richtiges Treffen nach unserem Streit super verlaufen ist.

Und mittlerweile bin ich auch nicht mehr nur nervös, wenn er da ist, es fühlt sich einfach angenehm an. Ich muss nicht nachdenken, ob das, was ich gerade tue, seltsam ist oder er es schräg finden könnte. Ich kann einfach ganz ich selbst sein.

Er sitzt gegenüber und sieht zu mir, sein Gesicht halb verdeckt hinter der Speisekarte. Aber seine Augen lächeln. Also werte ich das als Zeichen, dass es ihm ähnlich gut geht wie mir, wenn wir zusammen sind.

Nachdem wir bestellt haben und auf unsere Pizza warten, sieht er mich lange an. Fragend blicke ich zurück.

„Mondgesicht, ich wollte noch sagen...", beginnt er ernst und spielt mit seinen Pulloverärmeln. Aus einem seltsamen Reflex heraus will ich fast seine Hände in meine nehmen. Ich lasse es bleiben.

Stattdessen nehme ich meine Hände und lege sie auf meinen Schoß, damit sie nichts Unvorbereitetes tun können.

„Also ich will nicht, dass irgendwas zwischen uns steht. Dass es komisch ist, weißt du was ich meine?", fragt mich Nicolas und sieht mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Es ist so mutig, dass er das ausspricht. Ich hätte einfach geschwiegen - für immer.

„Ja sicher. Ich will auch nicht, dass es komisch ist", stimme ich ihm zu. Mein Herz zittert. Kann ein Herz zittern? Jedenfalls überschlägt es sich fast. Nervös meine Hände knetend überlege ich, was ich sagen sollte.

„Wir können ja einfach befreundet sein.", kommt es schneller aus meinem Mund heraus, als ich darüber nachdenken kann.

Nicolas macht den Mund auf, aber da serviert uns der Kellner die Pizzen.

Und eine Sekunde später schon wirkt es, als hätte er nie etwas sagen wollen. Die Stimmung wechselt so schnell zurück zu unserem lustigen Geplänkel, dass ich fast denke, ich hab mir die vorige Ernsthaftigkeit nur eingebildet.

„Isst du deine Pizza eigentlich noch immer so schräg wie früher?", fragt mich Nicolas grinsend.

„Das ist nicht schräg!", protestiere ich sofort ertappt, während ich das mit meinem Pizzastück mache, was ich immer mache: Ich esse den Rand zuerst und rolle den Rest ein.

Halb fasziniert, halb irritiert beobachtet Nicolas den Vorgang. „Schräg", kommentiert er es schulterzuckend und beißt von seinem eigenen Stück ab.

Okay, ich korrigiere: Vielleicht findet er mich seltsam, aber er akzeptiert es - nein, er mag es.

Dass er es mag, dass er mich mag, merke ich den ganzen Abend lang. In jedem Satz den er sagt, in jedem Blick den er mir zuwirft, in jedem Joke den wir teilen.

Als wir schließlich satt die Pizzeria verlassen - ich habe unser Essen bezahlt, das Mindeste, das ich tun kann, denn Nicolas will kein Geld für die Nachhilfe - fühle ich mich innerlich warm und irgendwie weich. Wohl.

Draußen ist es mittlerweile finster. Im Winter wird es einfach zu bald dunkel. Trotzdem friere ich nicht. Nicolas' Anwesenheit neben mir wärmt mich seltsamerweise.

Als wir im Bus nebeneinanderstehen, muss ich ihn einfach anlächeln. „Was?", will er wissen. Aber was ist es?

„Nichts", entgegne ich mit einem hochgezogenen Mundwinkel. „Danke."

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 03, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

boy storiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt