neun

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Als wir das Schulgebäude erreichen, werden wir sofort von ein paar anderen Jungs und Mädchen begrüßt.

Nein, stimmt eigentlich nicht. Nur Cole wird begrüßt, Noah und ich stehen zufällig daneben. Tja, ups.

Vermutlich liegt das daran, dass ich mich immer zurückhalte und versuche, mit so wenigen Menschen wie möglich zu sprechen, und Noah meistens einfach bei mir bleibt. Oder es liegt daran, dass Cole früher ziemlich bekannt und beliebt war.

Nach den Jahren seiner Abwesenheit wollen wohl alle überprüfen, ob er noch der Alte ist.

Als Cole bei den anderen stehenbleibt, gehe ich einfach weiter und mein Kumpel folgt mir.

Da wir in der ersten Stunde andere Fächer haben - er Spanisch, ich Französisch - verabschieden auch wir uns. Blöd nur, dass ich jetzt keine Lust auf Unterricht habe.

Darum schlage ich stattdessen einen anderen Weg ein und gehe anstatt in mein Klassenzimmer in die Bibliothek im obersten Stock des Gebäudes. Glücklicherweise sind hier nur wenige Menschen, denn als niemand hinsieht steige ich kurzerhand durchs Fenster auf die Terasse.

Dort muss ich nur noch über ein Geländer aufs Dach klettern und schon bin ich aus dem Blickfeld der Bibliotheksinsassen verschwunden. Nicht, dass mich jemand sonderlich beachten würde, hoffe ich zumindest.

Von hier oben habe ich einen guten Überblick über den Schulhof und die umliegenden Häuser. Aber am wichtigsten: meine Sicht auf den Eingang der Schule.

Ich setze mich an den Rand des Daches und lasse die Beine ins Leere baumeln.

Mein Blick durchstreift die herumstehenden Schüler und bleibt wie von allein an Cole hängen, der bei ein paar der "coolen Kids" unserer Schule steht. Aus der Ferne kann ich ihn beobachten, ohne aufzufliegen.

Seltsam. Cole war schon immer eine dieser Personen, die einfach jeder gern hat. Lustig, offen, cooler als alle hier, trotzdem unheimlich freundlich und immer gut gelaunt. Wenn er einen Raum betritt, zieht er alle Augen auf sich. Und sieht zurück, so warm, dass man ihn einfach mögen muss.

Zum Zeitvertreib zünde ich mir eine Zigarette an und verstaue die Packung und das Feuerzeug wie immer in Jacken- und Hosentaschen.

Ich beobachte, wie sich die Menschen bewegen, die Gruppen verändern sich. Schüler kommen und betreten das Gebäude.

Als ich die Menge erneut nach meinem Freund aus Kindheitstagen absuche, ist er verschwunden. Ich rutsche noch weiter nach vorne, um die herumstehenden Schüler anzusehen. Nein, er ist nirgendwo dabei.

"Suchst du jemanden?", fragt plötzlich eine vertraute Stimme belustigt hinter mir. Ich erschrecke so heftig, dass ich mein Gleichgewicht verliere und nach vorne kippe.

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