achtundzwanzig

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"Entschuldigung.", stoße ich knapp hervor, als ich verspätet meine Klasse betrete.

Unser Mathe-Professor dreht sich kurz von der Tafel weg zu mir und deutet mir mit der Hand, mich auf meinen Platz zu setzen, bevor er weiter irgendwelche Formeln auf die Tafel kritzelt, die sowieso keinen der Idioten hier drin interessieren.

Als ich durch die Reihen der Idioten auf meinen Platz ganz nach hinten gehe, bemerke ich, dass mich einer von ihnen anstarrt. Coles Blick folgt mir, seit ich den Raum betreten habe.

Seufzend setze ich mich hin und ignoriere ihn. Das ist eindeutig leichter, als Noah zu ignorieren, der mich fragend ansieht und mir mit seinem Ellenbogen in die Seite stupst. Mehrmals.

"Was?", flüstere ich ihm ein bisschen genervt zu.

"Alter, chill. Wollte nur fragen, ob alles okay ist. Du siehst scheiße aus." Noah sieht mich ratlos an. Manchmal weiß sogar er nicht, wie er mit mir umgehen soll, wenn ich so mies drauf bin.
Ach verdammt, ich weiß selber nicht, wie ich mit mir umgehen soll.

Mit einem frustrierten Stöhnen lasse ich meinen Kopf auf die Tischplatte fallen.

"Oleander, ich glaube kaum, dass Sie mir auf diese Weise folgen werden können.", unterbricht unser Mathelehrer meine Frustration. Stark gestikulierend fährt er mit seinem Vortrag fort:"Die folgenden Rechenaufgaben sind hochgradig kompliziert, und ich möchte Sie nicht noch ein Jahr länger als nötig unterrichten. Das gilt übrigens für Sie alle, also richten Sie bitte Ihre volle Aufmerksamkeit nach vorne."

Anscheinend erwachen gerade ein paar meiner lieben Mitschüler aus ihrem Vormittagsschläfchen. Sind wohl genauso begeistert von dem Stoff wie ich.

"Oleander, Sie können mir gleich zur Hand gehen. Nach vorne mit Ihnen!", befiehlt er mir mit strenger Miene und hält mir die Kreide entgegen.

Mit einem erneuten Seufzen erhebe ich mich und konzentriere mich vollkommen auf die Mathematik. Oder auch nicht. Dummerweise hab ich nämlich keinen Plan, um was es gerade eigentlich geht.

Also stehe ich planlos vor der Klasse und stelle mir vor, wie unser Professor das wohl aufnehmen würde, wenn ich ein paar Strichmännchen anstelle von Zahlen an die Tafel kritzeln würde.

Da ich aber echt keine Lust hab, in diesem Jahr sitzenzubleiben und seinen Unterricht länger als nötig zu genießen, entscheide ich mich gegen die Strichmännchen.
Leider hab ich mich in letzter Zeit auch immer gegen die Hausaufgaben entschieden. Keine Ahnung, was diese Zahlen darstellen sollen.

Einige meiner Mitschüler beginnen zu kichern. Meine Ahnungslosigkeit ist anscheinend richtig witzig.

Ratlos starre ich die Kreide in meiner Hand an, als könnte sie mir die Lösung verraten. Kann sie aber nicht.
Vielleicht will sie einfach nicht.

"Herr Professor? Darf ich es versuchen?", durchbricht jemand das Lachen der Klasse. Ich drehe mich um.

Cole lächelt sein freundlichstes Lächeln, um unseren Lehrer davon zu überzeugen, mich endlich zu entlassen. Und stattdessen sich selbst da vorne an den Pranger zu stellen.

"Ich hab sowieso noch einiges aufzuholen. Wegen dem Schulwechsel, wissen Sie?", bringt Cole jetzt ein gutes Argument.

Unser Professor nickt nach kurzem Zögern. Obwohl ich nicht unbedingt in Coles Schuld stehen will, bin ich ihm im Moment ziemlich dankbar.

Als er nach vorn kommt, um mich abzulösen, drücke ich ihm das hilfsverweigernde Kreidestück in die Hand. Cole hält meine Finger mit der Kreide eine Sekunde länger als nötig, bevor ich mit einem leise gemurmelten "Danke" endlich wieder nach hinten verschwinde.

Während Cole vorn die Rechnung löst, beobachte ich ihn ein bisschen. Irgendwie hat er es ziemlich drauf. Die Aufgabe schafft er ohne Schwierigkeiten. Und die fiesen Fragen unseres Professors beantwortet er richtig und sogar freundlich. Von wegen "aufholen".

Der Junge ist so ein guter Mensch, mir wird fast schlecht. Zumindest kribbelt es ziemlich in meinem Bauch.

Abgelöst wird er erst von der Schulglocke, die uns alle entlässt.

"Geh schon mal, ich komm gleich nach.", teile ich Noah mit, woraufhin er mich blöd angrinst. "Alter, jetzt geh schon.", meine ich mit einem belustigten Augenverdrehen und stoße ihn freundschaftlich am Arm Richtung Tür.

Während er den Raum verlässt, bleibe ich stehen und warte auf Cole, der gerade seine Sachen zusammenpackt. Als er bemerkt, dass ich auf ihn warte, grinst er mich breit an.

Ich kann nicht anders, mein Mund verzieht sich auch zu einem Lächeln. "Danke fürs Retten vorhin, du Supergenie."

Wenn ich mich nicht irre, wird Cole ein bisschen rot unter den hellbraunen Sommersprossen. "Kein Ding.", meint er etwas schüchtern und sieht verlegen zu Boden. Doch schon grinst er wieder, dieser verdammte Sonnenschein. Ein Grinsen übers ganze Gesicht. "Für dich immer gerne, alter Freund."

Jetzt wiederum werde ich rot. Noch heißer wird mir im Gesicht, als mir Cole einen Arm um die Schultern legt, während wir das Klassenzimmer verlassen.

Ich kann nicht anders und grinse ihn zurück an. Und es ist mir verdammt egal, ob ich damit aussehe wie der größte Idiot.

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