neunundreißig

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Freunde. Den ganzen Weg nach Hause wiederhole ich dieses eine kleine Wort im Kopf. Gute Lösung. Ja, es ist eine gute Lösung.

Wir waren unser ganzes Leben lang befreundet, wieso sollten wir es jetzt nicht mehr sein? Na gut, wir haben uns einmal geküsst, oder öfter. Aber Freunde sind wir schön länger.

Wird wohl machbar sein. Die Stimme in meinem Kopf, die protestiert, verdränge ich. Solche Jammerer in meinen Gedanken brauche ich nicht.

Außerdem wäre jeder andere Ausweg seltsam geworden. Uns für immer ignorieren? Nein ganz sicher nicht. Dann doch lieber befreundet sein. Toll.
Wirklich toll.

Mit einem Seufzen öffne ich die Haustür. „Hallo?", rufe ich in die Gänge.

„Lee! Wir sind in der Küche!", ruft mir meine jüngste Schwester zu.

Ich schmeiße meinen Rucksack, Jacke und Schuhe auf den Boden und folge dem seltsamen Geruch, der aus der Küche kommt. Mal sehen, was meine Geschwister so anstellen.

Als ich die Küche betrete, wird mir bei dem Anblick, der sich mir darbietet, ein wenig schlecht. Meine jüngste Schwester Amelia rührt einen Topf um, aus dem irgendein seltsamer Dampf aufsteigt. Sie ist sechs. Ich würde sie nicht mal beim Herd stehen lassen, wenn ich hier Chefkoch wäre.

Doch das ist anscheinend gerade mein ein Jahr jüngerer Bruder Nepomuk, der auf der Kücheninsel sitzt und irgendein Spiel auf der Wii U zockt. Zwischendurch schreit er manchmal Befehle herum, wie: „Elinor, hol mal die Tomatensauce aus dem Kühlschrank!"

„Die ist doch schon in dem Topf, du Idiot!", murrt meine zweitjüngste Schwester Elinor zurück und schnappt ihm das Gamepad aus der Hand.

„Hey! Gib es mir zurück! Ich bin gerade voll drin!", protestiert Nepomuk sofort und versucht, es ihr aus der Hand zu reißen. Elinor rennt damit durch die halbe Küche, einen halben Meter über ihrem Kopf damit wedelnd.

Dafür, dass sie 15 und 16 Jahre alt sind, verhalten sie sich manchmal wie Kleinkinder.

Kichernd läuft Elinor gerade ihre nächste Runde an mir vorbei - Nepomuk rennt ihr verärgert hinterher und springt über einen Stapel von Töpfen, die am Boden liegen - als Amelia mich sieht. Sie steht auf einem Sessel vor dem Herd, um überhaupt groß genug zum Umrühren zu sein.

„Lee! Schau mal, was ich gerade koche!", ruft mir meine kleinste Schwester stolz zu. Der Topf läuft gerade über.

Bevor das kochend heiße Wasser Amelia verbrennt, schnappe ich sie und setze sie auf meine Schultern. Für ihre sechs Jahre ist sie noch ziemlich leicht.

Scchnell rette ich, was in diesem Topf noch zu retten ist. Es sollten wohl Spaghetti werden. „Die sind jetzt schon seit einer Stunde da drin!", erklärt mir Amelia zufrieden, lehnt sich zu mir nach vorn und grinst mich an.

„Wow...", murmle ich lächelnd und drehe mich um, wo gerade Elinor mit dem Gamepad an mir vorbeilaufen will. Mit einer Hand schnappe ich mir meine Schwester, mit der anderen das Gamepad. „Hey!" protestiert sie. „Gib's mir!", ruft Nepomuk zeitgleich.

Ich lege das Gamepad auf das oberste Küchenregal und grinse die drei an. „Hallo liebe Kinder, was habt ihr denn da für eine Scheiße gekocht?"

„Oh oh, böses Wort.", kichert Amelia. „Ich bin ein Negativvorbild.", erkläre ich ihr schulterzuckend und leere die Spaghetti in einen anderen Topf. „Also merk dir: Sag diese bösen Wörter nicht."

Nepomuk grinst, als ich eine Spaghetti verkoste und angeekelt den Mund verziehe. „Amelia, irgendwie hast du das mit dem Auf-die-Spaghetti-achtgeben nicht wirklich verstanden."

„Sie kann gerade mal lesen.", erwidert Elinor augenverdrehend. „Morgen bin ich wieder Chef, wenn du befiehlst kochen wir nur Ekliges."

„Mir ist was dazwischengekommen.", verteidigt sich mein Bruder grummelnd. „Ein Wii-Spiel gilt nicht!", wirft Elinor dazwischen.

„So, Schluss jetzt.", beende ich die Diskussion und setze Amelia von meinen Schultern ab. „Soll ich uns was kochen?", schlage ich vor und hole schon mal einen frischen Topf von dem Stapel am Boden.

„Ja!", rufen Elinor und Amelia, Nepomuk holt sich seine Spielkonsole, geht aus dem Raum und ruft über seine Schulter zurück: „Hol mich, wenn's fertig ist."

Elinor zuckt mit den Schultern und lächelt mir zu. „Danke Lee. Aber bitte nichts mit Gemüse, da hab ich keine Lust drauf."

Dann geht auch sie und lässt mich vor dem Herd stehen. Nur Amelia ist noch bei mir. „Ich mach Gemüseauflauf.", scherze ich. Sie schenkt mir ein Grinsen mit den Zähnen, die ihr aktuell noch nicht ausgefallen sind.

Fast eine Stunde später kommt Liv gerade, als ich fast fertig gekocht habe. Es ist kein Gemüseauflauf, sondern Kartoffelgratin geworden. Ich schicke Amelia weg, um Elinor bescheid zu sagen.

Liv betritt die Küche und schnuppert. „Mh das riecht gut. Danke fürs Kochen." Lächelnd streicht sie mir über den Kopf.

„Schon gut.", murmle ich und schalte den Ofen aus. Besorgt sieht sie mich an. „Wie geht's dir?"

Als ich mit nur einem Schulterzucken antworte, seufzt sie. „Lee, ich hab doch gesagt, dass du aufpassen sollst. Du kannst so ein Dummkopf sein, weißt du das?"

Liv weiß wohl, dass ich das mit Nicolas versaut hab. Oder hat sie es schon vorher gewusst? Weil ich meistens alles verkacke?

„Ja danke für deinen weisen Tipp. Hab ich ihn befolgt? Ich denke nicht.", erwidere ich schnippisch. Bin ich ein beleidigter Idiot? Ich denke... vielleicht. Manchmal.

„Sei nicht gleich so angepisst. Ich mein ja nur. Außerdem, so wie ich dich kenne, könntest du ruhig mal einen Schritt auf den anderen zugehen."

Ein nächster weiser Ratschlag. Juhu. Andererseits, sie hat recht. Ich hab gar nichts getan, seit dem Streit von Nicolas und mir. Widerwillig grummle ich ein wenig meine Zustimmung, bevor ich ungalant das Thema wechsle.

„Kannst du vielleicht Nepomuk holen? Essen ist fertig. Er ist glaube ich im Keller Spiele zocken."

Genervt steht Liv von ihrem Sessel auf. „Wieso holst du ihn nicht selber? Stufen steigen ist lame, ich hatte grad Sport."

„Sei nicht so faul, du brauchst die Bewegung.", erkläre ich frech grinsend. „Außerdem findet er mich seit meinem weihnachtlichen Comingout weird, glaube ich. Versteht wohl einfach nicht, warum ich nicht auf Brüste stehe."

Liv muss auflachen und verdreht die Augen. „Oh Mann, teenage boys. Bin schon unterwegs."

Und obwohl ich hoffe, dass mir dieses Gespräch sofort aus dem Kopf verschwindet, sobald meine Schwester das Zimmer verlässt, bleiben mir ihre Lebenstipps noch lange im Kopf.




Jaa viele Geschwister, Chaos, bla bla so etwas halt, wer vermisst mehr Drama in meinen Kapiteln? it's me aber bald kommt wieder Drama, promise

Obwohl es eigentlich ziemlich dramatisch ist, dass die zwei Süßen jetzt wieder einen auf Freunde machen müssen aber tja :) So isses... fürs erste.

Schlaft gut,
nono

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