Kapitel 11

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Die Tagen zogen an mir vorbei wie im Flug. Die Worte von Mady hingen mir immer noch im Gedächtnis und ich schrieb auch nicht Shawn an. Wie Lis meinte, es ist unser letztes Jahr. Wir haben keine Zeit über Jungs großartig nachzudenken. Wir müssen uns auf unseren Abschluss konzentrieren.

Mum bat mich ins Krankenhaus zu kommen. Sie würde nach ihrer Schicht mit mir noch shoppen gehen. Ich weiß zwar, dass das zu 99% nicht passieren wird, weil irgendein Notfall oder Patient in letzter Minute reinkommen wird und sie wieder im Op Saal verschwinden wird, aber was macht man nicht alles für seine Eltern.

Die große Uhr in der Eingangshalle vorm Empfang zeigt 16:55 an. In fünf Minuten sollte meine Mum plan mäßig durch diese Türe kommen, als ich schon von weitem die Sirenen des Krankenwagens höre und meine Pläne damit über den Haufen geschmissen wurden.

"Was kommt rein?", ruft eine Assistenzärztin, während sie sich ihren blauen Überschutz anzieht. "Ein Autounfall, zwei schwer Verletzte. Zwei Männer und ein Sohn, der nur Schnittwunden haben soll.", antwortet eine Schwester und läuft der blonden Assistenzärztin hinterher. Wenige Minuten später rollen zwei Tragen mit zwei verletzten Männern in die Eingangshalle und schon rennt meine Mum zu dem ersten Mann und ein weiterer Arzt zu dem zweiten Verletzten.

Ich hocke oft in der Notaufnahme. Erstens sind hier die Schwestern so nett, und zweitens, um mich mit dem ganzen Blut schon mal vertraut zu machen. Jedoch ist das etwas zu viel Blut für mich und ich widme mich wieder meinem Handy.

"Sir, beruhigen sie sich.", von draußen hört man eine jüngere Frauen Stimme, die anscheinend mit einem Patienten diskussiert. "Ich muss wissen wie es ihm geht.", bekommt sie als Antwort und mir bleibt fast die Luft weg. Keine Sekunde später wird die Eingangstüre aufgestoßen und ein aufgewühlter Junge mit schwarzer Lederjacke, weißem blutigem Hemd und verklebten braunen Locken steht vor uns. "Wo ist er?", fragt er die Assistenzärztin, die jedoch selbst die Antwort nicht weiß. Mums Kopf erscheint aus einem der Notfallräume. "Edwards! Ich brauch sie hier drin!", ruft sie und die Assistenzärztin stürmt sofort zu ihr. Der Junge wollte hinterher, doch eine Schwester hält ihn auf.

"Sie dürfen da nicht rein.", versucht sie ihn aufzuhalten, doch er beachtet sie gar nicht. "Sir!"

Als er überhaupt nicht reagiert, stehe ich auf und renne zu ihm. Vor ihm bleibe ich stehen und lege meine Hände auf seine Unterarme. "Shawn!"

Er schaut mich verwundert und immer noch unter Schock stehend an. Als er versucht was zu sagen, kommt kein Ton raus und seine Augen sind weiterhin auf mich fixiert. "W...Was..."

Ich betrachte die Platzwunde an seiner Stirn und die tiefe Schiefwunde an seinem Arm. "Shawn, du musst genäht werden.". Als er immer noch nicht reagiert, drehe ich ihn sanft um und begleite ihn zu einem freien Krankenbett, etwas abseits der anderen Patienten, die uns bereits anschauen. Er folgt mir, ohne irgendwelche Proteste und setzt sich brav auf die frische Bettwäsche. Sofort ist eine Assistenzärztin neben mir und verarztet seine Wunden.

"Payton.", sagt Shawn schließlich, als die Assistenzärztin gerade dabei ist seine Wunde am Arm zu nähen.

Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter und schenke ihm ein leichtes mitfühlendes Lächeln. "Soll ich nachfragen, wie es deinem Vater geht?". Als Antwort greift er sofort nach meiner anderen Hand und hält sie ganz fest umschlossen. "Geh nicht. Lass mich nicht allein"

Kurz geschockt und verwundert nicke ich und drücke seine Hand. "Werd ich nicht, versprochen.". Er lächelt mich dankend an und es schießen mir so unglaublich viele Fragen durch den Kopf. Doch ich bringe es nicht übers Herz auch nur eine laut auszusprechen.

Als die Assistenzärztin und ein Plastischer Chirurg Shawns Wunden verarztet haben, wendet sich eine Schwester an ihn. "Du kannst solange hier warten. Ich werde mich über deinen Vater erkundigen und informiere dich dann.". Dankend nickt Shawn, der meine Hand los lassen musste, als der Plastische Arzt kam. Ich hocke auf einen Hocker vor ihm und betrachte ihn vorsichtig, nicht wissend, wie ich mit dieser Situation umgehen soll.

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