Kapitel 2 - It's not gonna work for you, nobody can equal me

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Es war Mittwoch und sie saß am Schreibtisch um die letzten Termine noch vorzubereiten und dann für die nächste Woche schon ein bis zwei Termine zu machen. Als es bereits halb fünf war und die meisten ihrer Kollegen Feierabend hatten oder raus zu Terminen waren machte sie sich auf den Weg durch den leeren Flur zum Kaffeeautomat. Kurz massierte sie ihre Schläfen, dann lief der Latte Macchiato langsam in ihr Glas und als der Schaum drauf war, lief sie langsam zurück in ihr Büro. Nur noch die letzten Blätter wegarbeiten, dann müsste sie morgen noch durchhalten und Freitag nicht mehr herkommen – außer diesem Horrortermin. Das wäre sicher von Vorteil, wenn sie morgen zu dieser Party ging, die Geburtstagsfeier.

Um halb sieben schloss sie dann den Laptop und schnappte sich ihre Mappe für morgen. Während sie alle Lichter ausmachte blickte sie auf ihr Handy. Ihre Freundin Julia hatte ihr geschrieben, ob sie heute Abend Zeit hatte und mit den Mappen auf dem Arm klemmte sie sich ihr Handy zwischen Schulter und Ohr und rief sie an. Es tutete zweimal, dreimal und dann hatte sie sie dran. Sie wollten sich in einer dreiviertel Stunde zum Burger Essen treffen in Bochum. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie es nach Hause nicht mehr schaffen würde, also fuhr sie durch die überfüllten Straßen Bochums in die Innenstadt hinein und parkte dort im Parkhaus. Mit einem Blick in den Rückspiegel stellte sie fest, wie müde sie aussah. Schnell strich sie sich die Abdrücke von der Wimperntusche unter den Augen weg, steckte die Haare nochmal zurück und trug neuen Lippenstift auf.

Schnell nur noch andere Schuhe angezogen und dann lief sie zu dem Laden, indem sie sich treffen wollten. Julia stand schon freudig davor. Louisa genoss es, den Abend so ausklingen zu lassen. Über Mädelsgespräche mit einer guten Freundin, gutem Essen und Trinken. Als sie das Restaurant verließen war es bereits halb 11. Und Louisa lief schnell zu ihrem Auto. Sie dachte darüber nach, was sie eben mit Julia diskutiert hatte, die hatte das Gefühl die wilde Zeit in ihrem Leben verpasst zu haben. Hatte Louisa das auch? Sie war so fest in ihrem Job, war da noch die Freiheit, die man mit Anfang und Mitte 20 haben sollte da?

Ganz in Gedanken versunken kam sie bei dem Parkhaus an und als sie gerade das Ticket gezahlt hatte und unten in die kühle Tiefgarage kam, da entdeckte sie noch ein Paar, was außer ihr gerade dort langlief. Das machte es irgendwie wenigstens nicht ganz so gruselig.

Nach kurzem Hinschauen erkannte sie den Mann. Ihr Herz begann schmerzhaft zu pochen. Warum sah sie ihn jetzt das erste Mal seit... Ja seit wie lange eigentlich? Über ein Jahr mit Sicherheit. Sonst hatte sie es doch auch erfolgreich geschafft, dass sie ihm aus dem Weg ging. Wie paralysiert lief sie einfach stur auf ihr Auto zu. Wollte das Schicksal sie eigentlich verarschen? Das konnte doch kein Zufall mehr sein. Was hatte sie falsch gemacht? Vielleicht war es ja auch Karma? Verstrickte sie sich immer weiter in irgendwelche seltsamen Verschwörungstheorien in ihrem Kopf.

Komplett in ihren Gedanken versunken stellte sie zu spät fest, dass sie bereits bei den beiden angekommen war.

Er blickte zu ihr, als er wahrnahm, dass da noch jemand durch die Tiefgarage lief. Louisa vernahm das nur aus dem Augenwinkel. Ebenso wie diese perfekt geschminkte Blondine auf ihren Pumps, die an seiner Seite lief. „Louisa" sprach er ihren Namen aus. Und alleine das bescherte ihr eine Gänsehaut. Eigentlich sollte es ihr gar nichts mehr ausmachen. Schließlich war diese ganze Geschichte mittlerweile über drei Jahre her. Aber diese tiefe vibrierende Stimme. So bestimmend.

„Ach hallo Leon" tat sie überrascht und wurde direkt von der Blondine gescannt. Die sie auch sofort anblickte. Als ihr Blick sich dann an Leon wandte, rutschte ihr Herz in die Hose. Seine Augen fixierten sie. Und sie war kurz davor sich darin zu verlieren. Sie konnte sich nicht bewegen, war wie gelähmt, sah ihn nur an. Doch auch er machte keine Anstalten seinen Blick von ihr zu lösen.

„Wie geht's dir?" fragte er mit seiner rauen Stimme. Nicht so fest wie sonst. Irgendwie gedankenverloren. Und es wurde Louisa unangenehm, wie er sie so ansah, während dieses Mädchen an seinem Arm war.

„Gut. Und dir?" antwortete sie kurz und knapp. Sie musste raus aus dieser Situation, denn sie merkte, dass das gerade absolut nicht guttat.

„Auch" erklärte er kurz und sie nickte. Einen letzten Blick warf sie auf ihn und musste feststellen, dass er tatsächlich noch besser aussah. Seine Gesichtszüge waren härter geworden und das stand ihm unheimlich gut. Warum sah er auch so aus? Und warum interessierte sie das so sehr? Niemanden sonst aus der Schule sah sie so eindringlich an. Als wolle sie all das aufsaugen. Seine perfekt zerrissene Jeans, dieses Sweatshirt mit der lässigen Jacke darüber.

„Naja, schönen Abend euch noch!" wünschte sie dann mit einem aufgesetzten Lächeln und riss ihren Blick von ihm los. Endlich. Sie nickte auch dem Blondie in seinem Arm noch kurz freundlich zu.

Stolz lief Louisa weg die letzten Meter zu ihrem Auto. Und ohne sich umzudrehen bemerkte sie, wie sein Blick auf ihr lag. Er bohrte sich regelrecht in ihren Rücken. Vielleicht hatte ihn diese Begegnung ja auch wenigstens etwas aus der Bahn geworfen. Dieser Barbie in seinem Arm gönnte sie ihr Glück jedenfalls nicht. Oh war sie verbittert. Glücklicherweise fand sie ihren Autoschlüssel sofort, sodass sie sich hineinsetzte. Hätte sie bloß mal die Pumps nach der Arbeit angelassen, dann wäre ihr Abgang sicher eleganter gewesen. Aber sie verbot sich einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden und stattdessen fuhr sie schnell aus der Tiefgarage und zu ihrer Wohnung.

Es würde für ihn auch nicht mit dieser Puppe funktionieren. Genau so wenig, wie sie andere Männer mal mehr als „interessant" oder „nett" fand.

Bist du gut zuhause angekommen?

Hatte sie eine Nachricht von Julia, auf die sie antwortete, während sie die Schuhe auszog. Kaum, dass sie geschrieben hatte, wen sie getroffen hatte, da klingelte ihr Handy.

„Und? Wie war es? Wie sieht er aus?" fragte Julia total neugierig und Louisa lachte bloß, während sie sich mit einem Glas Wasser auf die Couch setzte, die Beine in den Schneidersitz.

„Es war eine Blondine dabei, vermutlich seine Freundin. Aber ja, er sieht noch immer unverschämt gut aus. Vielleicht sogar noch besser Julia. Ich denke aber, ich bin über ihn hinweg. Sollte ich zumindest!" lachte Louisa verzweifelt und wusste im gleichen Moment, dass Julia das durchschaut haben würde. Dieser verbitterte, verzweifelte Lacher. Das wollte sie sich in Wahrheit doch nur selber einreden.

„Lou? Bist du nicht. Du musst auch mal andere Männer treffen. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass du Freitag mit diesem Dortmunder essen gehst. Wie hieß er nochmal? Das ist ja kein Zustand, wie lange willst du noch an ihm hängen? Das sind drei Jahre jetzt! Wir werden mal feiern gehen am Wochenende und dann schauen wir mal für dich. Und morgen bist du doch auch abends in der Zeche, bei Tims Geburtstag" erklärte Julia überzeugt und auch wenn Louisa wusste, dass sie den Nagel auf den Kopf traf, es tat trotzdem irgendwie weh, das laut ausgesprochen zu hören. Sie wusste, dass sie ihn vergessen musste. Aber war es nicht immer so, man hing eigentlich weniger der Person hinterher, sondern vielmehr den Erinnerungen? Und das Ganze auch solange, bis man jemand neues gefunden hatte? Und da war er ihr wohl Längen voraus.

„Ja, machen wir. Samstag? Schreib mir einfach, ich vertraue dir. Aber Süße, ich muss jetzt langsam wirklich schlafen, danke für den schönen Abend und gute Nacht, wir sehen uns morgen!" dann legte sie das Handy weg, nachdem sie noch schnell zwei Wecker für morgen früh gestellt hatte und ließ sich ins Bett fallen.

Auch wenn sie wirklich unheimlich müde war, sie wälzte sich von rechts nach links und wieder zurück, nur einschlafen konnte sie letztendlich nicht.

Unforgettable (Roman Bürki, Leon Goretzka)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt