Kapitel 21 - Feelin' like I'm fresh out, Boosie

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Julia hatte Geburtstag und sie hatte schon immer diese beeindruckende Eigenschaft gehabt, alle um sich zu haben. Jeder kam, wenn sie fragte und jeder wollte dabei sein. In ihrer Gegenwart schienen sich alle so hervorragend zu verstehen. So traf Louisa sich mit Leonie um das Geschenk vorzubereiten, sie hatten sich für ein Louis Vuitton Portemonnaie entschieden, welches so klein war, dass man selbst niemals so viel Geld dafür ausgeben wollte.

Das Ganze packten sie ein und bastelten dazu noch die Einladung gemeinsam in den Urlaub zu fahren und dort Jetski zu fahren, was gefühlt ihr aller Traum war, seit sie 13 waren. Dazu hatten sie eine Playmobilfigur gekauft, die das ganze verkörperte. „Du fährst aber auch auf jeden Fall mit, egal ob mit der ganzen Clique oder nur wir Mädels?" Hatte Leonie gefragt. Es waren nur noch weniger als anderthalb Monate, schließlich war es bereits Anfang Mai. Und wenn Louisa mit einem nicht umgehen konnte, dann war es mangelnde Planung, der einzig beruhigende Umstand war, dass man sich auf ihre Freunde hervorragend verlassen konnte. So würden sie im Notfall auch spontan noch etwas auf die Beine stellen.

Aber Louisa hatte fest zugesagt. Es war Samstagabend und sie musste sich noch umziehen, ihre Haare würde sie einfach offen lassen und geschminkt war sie bereits, da würde Lippenstift nachziehen ausreichen. Unentschlossen stand sie wie immer vor ihrem Kleiderschrank. Es war warm, sehr sogar, aber da sie im Garten von Julias Eltern reinfeierten musste sie auch bis mindestens zwei Uhr nachts gut gekleidet sein. Leonie trat lachend neben sie. „Nimm doch mal wieder das blaue Kleid, das mit den Pailletten am Kragen, das hattest du schon so lange nicht mehr an.

Und sie nahm das besagte Kleid in die Hand. Es endete etwas oberhalb des Knies, hochgeschlossen war der Kragen mit Pailletten und Perlen verziert, welche sich hinunterzogen, bis zu dem Schösschen leicht oberhalb ihrer Hüfte. Sie strich über den festen Stoff, der sie an vergangene Parties erinnerte und entschied sich dieses Kleid zu tragen. Dazu nahm sie blaue Lackpumps und einen Poncho aus Kaschmir ebenfalls in einem Blauton. Fertig umgezogen machten sie sich zu Fuß auf den Weg, wo es doch nicht weit war.

Alle begrüßten sich herzlich und es war wie vermutet tatsächlich ihre gesamte frühere Clique ausnahmslos anwesend. Mit Ausnahme von Leon schien hier tatsächlich niemand eine Freundin oder einen Freund zu haben, stellte Louisa überrascht fest. Leonie und Hannah waren hier schon seit ihrer Schulzeit außen vor mit ihren langjährigen Beziehungen. Hannah war im Übrigen gar nicht dabei, wegen einer Familienfeier. Und doch gab ihr das hier dieses Gefühl von Zugehörigkeit. Sebastian war bereits da und kam mit einem Bier auf sie zu. Sie redete gerade noch mit Julias Eltern, als er sie mit sich nahm und ihr das Bier reichte.

„Lou, ich freue mich so dich zu sehen! Ich dachte, du willst nichts mehr mit uns zu tun haben" erklärte er mit Hundeblick, dieser kleine Charmebolzen dachte sie und lachte. Schon immer war Sebastian einer der Typen gewesen, die alle Frauen um den Finger wickelten.

„Ach Sebi, niemals! Ich habe nur ganz offensichtlich meine Prioritäten falsch gesetzt. Wie läuft es bei dir?" Fragte sie ehrlich interessiert und blickte ihn strahlend an. Schon nach wenigen Minuten konnten sie wieder so scherzen wie früher. Als Louisa bereits jede Menge Bier getrunken hatte und sich herrlich amüsierte inmitten der Jungs von Luca, Tim und Sebastian, betrat auch der Letzte von ihnen den Garten. Ein leises Raunen ging durch die Menge und ehe Louisa etwas schalten konnte, stellte Tim bereits lachend fest „Oh der Superstar kommt" und winkte in seine Richtung. An seinem Arm entdeckte Louisa diese blonde Schnepfe. Wie hieß sie noch gleich? Jenny oder Vanessa oder so? Sie spürte den Blick der Blonden auf sich und fühlte sich irgendwie unwohl. Der Blick war stechend, sie schien sie nach der Parkhausaktion tatsächlich wieder zu erkennen.

Doch ehe Louisa überlegen konnte hatten die Worte schon ihren Mund verlassen „Du bist sicher Jenny oder? Schön dass wir dich mal kennenlernen! Leon hat schon viel von dir erzählt" lächelte sie überfreundlich und begrüßte sie etwas zu herzlich mit einer Umarmung. Sowohl Jenny selbst, als auch Leon und der gesamte Rest, sahen der Szene ungläubig zu. „Ach ja?" Fragte diese Jenny mit piepsiger unsicherer Stimme und hochgezogener Augenbraue, als Louisa erst bewusst wurde, was sie eigentlich getan hatte. Ohne es zu wollen waren diese Worte einfach aus ihr gesprudelt. Wer weiß, vielleicht hatte sie Leon untersagt, dass er nicht mit ihr reden dürfe? Gut, das war auch lächerlich, wahrscheinlich hatte sie sie längst wieder vergessen. Aber ob er nichts über Jenny erzählen dürfte? Naja eigentlich wusste sie ja ohnehin gar nichts über sie. Sie wandte sich also wieder an die Jungs und lachte mit Luca.

Jenny hing an Leons Seite und ließ ihn bereits seit einer halben Stunde nicht los. Dass dieser Kerl überhaupt noch atmen konnte, so nah wie sie an ihm klebte... Und wie sie zu allem mindestens einen dummen Kommentar abgab... Louisa stellte fest, dass sie bereits viel zu nüchtern war. Sie brauchte unbedingt wieder mehr zu trinken. Das hier überstand sie nur im Suff. Denn um nüchtern und unter Kontrolle zu bleiben, damit ihr mit Leon nichts geschah, war es schon zu spät.

Warum war sie eigentlich immer diejenige, die nur bei offensichtlich aktuell vergebenen Männern interessant war? Das konnte ja kein Zufall sein, dass sie immer in unangenehme Situationen kam und sich in die Bredouille brachte. Egal ob sie bei Sarah und Julian war und dann Roman aufkreuzte mit seiner Melanie, der sie ganz offensichtlich ein Dorn im Auge war, oder hier. Es war ja nicht so, als seien das die ersten beiden Fälle. Nein. Sie hatte dieses Problem schon früher immer gehabt.

Und auch Jenny schien in ihr ein ernsthaftes Problem zu sehen, auch wenn diese das nicht so direkt ausdrückte wie Melanie. Die Blicke waren mehr als eindeutig. Im Laufe des Abends hatte sie sich mit Tim, Marius und Luca zum Bier Pong verzogen, gemeinsam mit ein paar anderen Bekannten spielten sie und Leon kam auch mal rum um zu sehen was seine Freunde so machten. Und das ganz ohne Jenny. Gerade als Luca und Louisa mit ihm in einem lockeren Gespräch waren kam Jenny an und heftete sich direkt wieder an seinen Arm. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre sie wohl auf der Stelle umgefallen. Dabei war es nicht einmal ihre Absicht Leon zu beeinflussen, geschweige denn Jenny ihren Freund auszuspannen. Er konnte ihr gestohlen bleiben! Wirklich! – Na gut, so eindeutig war es vielleicht nicht. Aber zumindest dachte sie so.

Unforgettable (Roman Bürki, Leon Goretzka)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt