Kapitel 10 - But you are unforgettable

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Mittlerweile war Dienstag und sie war froh, wie schnell die Zeit verging, wenn sie arbeitete. Es ersparte ihr vor allem lästige Gedankenspielchen und nervenaufreibende Quälereien darüber, was sie eigentlich mit ihrem Leben anstellen wollte.

Heute Nachmittag hatte sie einen Termin mit einem jungen Paar. Seltsame Aktion. Sie hatten bei Jenny im Büro angerufen um diesen zu vereinbaren. Ganz von sich aus konnte sie sich das schon gar nicht vorstellen, damit beschäftigte sich seltenst jemand aus eigenem Interesse, oder nahm sich Zeit dafür. Das waren Empfehlungen von diesem Roman. Außerdem hätte sie schwören können die Namen schon mal irgendwo gehört zu haben, nur konnte sie sie nicht einordnen. Ehemalige Mitschüler? Bekannte ihrer Eltern? Naja, all diese Spekulationen führten ja zu nichts, entschied sie und beschloss zu warten, bis der Termin heute Nachmittag anstand. Und somit erledigte sie noch schnell ihre Ablage und bereitete sich anschließend vor. Was sollte sie denn auch sonst tun?

Sie freute sich immer auf junge, neue Kunden. Meist waren die Gespräch locker und angenehm, auch wenn die meisten eher kritisch dem Thema gegenüber standen. Auch wenn gerade das es vielleicht so reizvoll machte für sie.

Und endlich war es soweit, mit einem klaren pling ploppte der Termin in ihren Outlook auf. Dankbar sandte sie sich die Adresse als Handy und klappte ihren Laptop zu um ihn anschliessend vorsichtig in die rosa Hülle zu verpacken. Mit wenigen routinierten Handgriffen sammelte sie vorbereitete Mappen zusammen und lief zum Auto. Da es bereits viertel nach vier mittlerweile war, würde sie nach dem Termin nach Hause fahren. Ihren Kollegen, die noch im Büro waren winkte sie lächelnd zum Abschied.

Sie liebte Termine. Diese Art von netter Unterhaltung mit Geschäftssinn, mit meist interessanten Leuten, womit sie ihr Geld verdiente. Über einen reinen Bürojob hatte sie nie ernsthaft nachgedacht. Sie liebte diese Selbständigkeit im Außendienst. Zwar war man viel auf sich allein gestellt, aber wenn es lief, war es großartig. Und so ging sie zufrieden zu ihrem Auto. Wie gewöhnlich legte sie die Unterlagen mit ihrer Handtasche auf den Beifahrersitz und gab die Adresse in das Navi ein, ihr Handy Verbund sich mit dem Auto und Hot2Touch begann zu spielen. Heute war es bewölkt und sie fädelte sich geschickt in den Feierabendverkehr des Ruhrgebiets ein. Manchmal fragte sie sich, wie es so viele Autos hier geben konnte. Allein aus der Bochumer Innenstadt bis hin zur Autobahn brauchte sie Ewigkeiten. Leicht gestresst von der Dichte des Verkehrs und dem näherrückenden Termin betrachtete sie sich im Spiegel und zog ihren Lippenstift nach. Mit Erschrecken stellte sie die ersten winzigen Fältchen am Auge fest und strich bedächtig, schockiert darüber. Hinter ihr hupte es und sie hob entschuldigend die Hand. Sie hatte das Anfahren im Stau vergessen.

Nach einer schier endlosen Zeit von 43 Minuten für 17 Kilometer teilte ihr Navi dann auch endlich mit, dass sie am Ziel angelangt war. Beim Aufstehen richtete sie ihre Bluse zurecht und machte sich dann auf den Weg zu den schicken Mehrfamilienhäusern. Auf dem Zettel verglich sie den Namen mit den Klingelschildern und drückte mit Freude darauf, als sie das richtige ausgemacht hatte.

Souverän lief sie auf den acht Zentimeter hohen Absätzen nach oben in den zweiten Stock. Und die zierliche braunhaarige Frau, die sie dort empfing kam ihr tatsächlich bekannt vor.

„Kommen Sie doch rein, mein Freund verspätet sich ein wenig" erklärte sie mit einer engelsgleichen Stimme. Freundlich nickte Louisa ihr zu und stellte sich vor. Sie nahm an dem Tisch Platz, der ihr gezeigt wurde und sah sich in der Wohnung um. Modern und edel, das Paar schien viel Geld zu haben. Als die junge Frau mit einem Glas Wasser für sie wiederkam begann Louisas Part. „Ist es ok, wenn ich frage, wie Sie ausgerechnet auf mich kamen?" Fragte sie mit höflichem und zurückhaltenden Lächeln.

„Oh ja natürlich! Ein Arbeitskollege meines Freundes hat Sie empfohlen, wir hatten letztens dieses Gesprächsthema und da erzählte er von einer erfrischenden und kompetenten Begegnung. Roman müsste vor zwei Wochen etwa mit Ihnen ein Gespräch gehabt haben" lachte die junge Hausherrin sympathisch. Und bei Louisa begann es zu klicken. Der Typ. Julian Weigl. Fußballer. Daher kannte sie den Namen also. Nun ja, jetzt war sie hier gefangen. Abhauen konnte sie schließlich schlecht. Und doch machte sich in ihr die Vermutung breit, dass sie diese Sarah, die ihr gegenüber saß irgendwoher kannte.

„Ach, dann ist Ihr Freund auch Fußballer beim BVB?" Fragte sie freundlich und erntete damit ein stolzes Nicken ihrer Gegenüber.

Besagter Fußballer kam kurze Zeit später und während des Gespräches bemerkte Louisa auch immer mal wieder den Blick ihrer Gesprächspartnerin auf sich. Sie gingen Beratungsfragen durch und sahen sich bestehende Verträge an, welche Louisa gewissenhaft einpflegte.

„Darf ich was fragen?" Begann plötzlich die junge Frau und wurde sowohl von ihrem Partner als auch von Louisa auffordernd angeblickt. „Waren Sie mal zu einem Jugendtreffen mit einer Schulauswahl in Bayern?" Fragte sie und da fiel es ihr ein. Daher kannte sie Sarah. Sie hatten sich auf einem Schulvolleyballturnier kennengelernt.

„Sarah! Klar! Und ich habe die ganze Zeit überlegt warum du mir wohl so bekannt vorkommst" lachte sie und die Braunhaarige stimmte mit ein.

„Dann lassen wir wohl auch das lächerliche Siezen. Und du bist also der Julian, in den sie damals schon so verliebt war?" Fragte Louisa und sowohl Sarah als auch Julian lachten begeistert los.

„Schön, dich mal wiederzusehen. Wie geht es dir denn? Hast du direkt nach dem Abitur zu arbeiten begonnen? Und hast du auch einen Freund?" Fragte Sarah und Louisa lachte auf.

„Mir geht es super, hier ist ja meine Heimat und ich bin vollkommen zufrieden mit meinem Job. Aber einen Mann gibt es nicht" sie hatte dieses künstliche Ablenkungsmanöver von Männern in ihrem Leben perfektioniert. Mittlerweile war es nahezu unmöglich zu durchschauen, was es ihr tatsächlich ausmachte.

Sie besprachen, dass Louisa mit weiteren Angeboten auf sie zukommen würde.

„Sag mal, hast du nicht Lust noch etwas zu bleiben, wo wir uns doch gerade erst wiedergefunden haben? Gleich kommen eh ein paar Freunde um den Halbfinaleinzug der Jungs zu feiern" bot Sarah an und Julian stimmte dem wild nickend zu.

„Ich weiß nicht, ich möchte mich wirklich nicht irgendwo einmischen! Wir können uns auch wann anders treffen!" Schlug Louisa vor und lächelte stets höflich. Wiedergefundene Freunde und Geschäftspartner wollte sie keinesfalls verärgern.

„Ach Unsinn! Ich würde mich auch freuen und es kommen auch nur so sieben Leute. Nicht die ganze Mannschaft" lächelte er entwaffnend.

Unforgettable (Roman Bürki, Leon Goretzka)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt