Nach dem Film wollten sie noch auf ein Glas Wein in eine Bar. Roman hatte seinen Arm um sie gelegt, während sie durch die lebendige Altstadt liefen. Louisa atmete tief die frische Abendluft ein. Sie begutachtete die kleine Bar, in die Roman hervortrat. Er schien diese Lokale in und auswendig zu kennen. Sie wollte nicht an seiner Stelle sein. Es müsste furchtbar sein, wenn man nicht dorthin konnte, wo man wollte, weil jeder einen erkannte. Heute hatten Leute sie nur angesehen, aber niemand war auf ihn zugekommen. Sie entschieden sich für alkoholfreie Cocktails – seinem Gesundheitszustand und ihrem Gewissen zuliebe.
An einer etwas abgelegeneren Ecke der Theke setzten sie sich hin und genossen die kalten Getränke. Es war dunkel, aber stilvoll eingerichtet. Hier am Rhein war es mit Sicherheit auch nicht ganz günstig. Er brachte sie zum Lachen mit seinen Geschichten und sie konnten wirklich tiefgründige Diskussionen führen. Sie sprachen darüber, wie sie später leben wollten, wenn sie alt wären. Und darüber, wie er sich in Deutschland fühlte, was er an der Schweiz vermisste. Darüber, dass der Punkt kommen wird, an dem Karriere nicht mehr alles bedeutet.
Als sie das nächste Mal auf ihre silberne Armbanduhr blickte war es bereits halb zwölf, sie musste kurz zur Toilette und entschuldigte sich, ehe sie dorthin ging.
Als sie zurückkam, fragte er, ob sie zu der Party wolle. Doch sie wollte sich lieber weiter unterhalten. Er erzählte von der Schweiz und wie schwer es ihm gefallen war hier klarzukommen – ohne Berge.
Seine Blicke ruhten länger auf ihr und sie konnte kaum noch stillsitzen. Diese Anspannung machte sie wahnsinnig, sie hatte alles um sich herum vergessen, in ihrer Wahrnehmung war nur noch dieser Mann vor ihr, gebeugt über das edle, dunkle Holz. Der ihr seine gesamte Aufmerksamkeit zu Teil werden ließ, wie es schien. Sie spürte bereits den Alkohol in ihrem Blut. Warum hatte sie auch Rotwein getrunken? Sie vertrug das einfach nicht. Gut, dass sie auf alkoholfreie Getränke umgestiegen waren.
Sein weißes Hemd saß noch immer perfekt, die zwei Falten, die es warf machten es noch passender auf eine eigene Art und weise. Und sie war froh das Kleid zu tragen, welches sie hatte. Es war bequem genug um daran einen ganzen Abend bis in die Nacht genießen zu können. Aber gleichzeitig fühlte sie sich neben ihm hübsch genug.
Als er einen Blick auf seine Uhr warf, während sie quatschten und lachten, da sah er erschrocken auf.
„Es ist schon kurz vor zwei Louisa. Willst du noch weg?" Fragte er schnell und sie schüttelte überzeugt den Kopf. Wollte sie wirklich nicht. Sie wollte hier sitzen und reden mit ihm. Für immer, wenn es so weiterging.
„Ich brauche aber mal etwas frische Luft" erklärte er und sie nickte ihm zu. Wie selbstverständlich hielt er ihr die Tür zur Terrasse auf und ließ sie hinaus. Von hier aus blickte man direkt über den Rhein. Es war wunderschön, sie liebte das Wasser und stand an dem Geländer um die sich spiegelnden Lichter zu beobachten. Im Sommer hier draußen seinen Abend zu verbringen musste wunderbar sein.
So standen sie da, keiner sagte etwas, weil die Zeit stillzustehen schien. Sein Duft nach Parfüm und frischer Wäsche, Männlichkeit stieg ihr in die Nase und sie sog es ganz tief ein. Diese Nacht war wundervoll. Mit einem Mann, dem sie das niemals zugetraut hätte.
„Louisa? Ist dir kalt?" Fragte er leise und kam ihr ein Stück näher. Sie nickte leicht, als sie seine Stimme so nah an ihrem Ohr vernahm, dass sein Atem auf ihre Haut am Hals traf. Es war wirklich kalt, aber die Luft tat so gut, wie sie so kalt und frisch ihre Lungen füllte. Mitten in der Nacht draussen zu sein und einfach das Leben genießen. Sie spürte seine Finger, wie sie leicht ihre Schultern strichen und wie sich dann der Stoff seines Jackets angenehm schwer dort legte. „Danke" hauchte sie in die Nacht und wagte es nicht sich zu bewegen. Er stand so dicht hinter oder neben ihr, dass sie seinen Atem spürte, wie der leichte Luftzug ihre Haare bewegte. Was er wohl gerade überlegte? Fragte sie sich. Doch sie kam nicht dazu durch, worum er sich Gedanken machen könnte, als seine Hand sich neben ihrer auf dem Geländer vor ihr platzierte. Sie spürte seine ungeheure Körperwärme in ihrem Rücken, als er eine Strähne ihrer Haare zur Seite nahm. Sie wartete ab.
„Weißt du eigentlich, wie hübsch du bist?" flüsterte er ganz leise und sie bekam eine Gänsehaut. Sie wusste, sie könnte ihn küssen, wenn sie wollte. Alleine diese Gedanken ließen ihr Herz schneller schlagen und doch hielt sie sich zurück. Langsam drehte sie sich und blickte ihm in die Augen. Dieses Gefühl, was sie überkam hatte sie längst nicht mehr gehabt. Als würde sie geschüttelt, warm und kalt. Aber das jetzt zu tun wäre falsch, seine Hand ruhte an ihrem Hals. In diesem Moment standen nur sie zwei in dem fahlen Licht der Lampions auf dieser Terrasse. Sie griff nach seinem Hemd und hielt sich an dem Stoff. Als müsse sie sich retten, sie musste sich davor retten ihn zu küssen, obwohl sie dazu noch nicht bereit wären.
„Das hat noch Zeit" sagte sie und er nickte bedächtig. Musste die Worte erst verarbeiten. Sie waren sich noch immer so nah, dass sie jeden einzelnen Drink roch, seinen Atem auf ihrer Haut spürte. So sehr gefangen in dem Moment, dass es war als könne sie gar nicht atmen, als sei ihre Luft weg. Aber sie hatte auch nicht das Gefühl nach Luft ringen zu müssen. Es musste aussehen, wie in diesen kitschigen Liebesfilmen. Nur, dass sie eben schon gesagt hatte, dass es vorerst keinen Kuss hier geben werde.
„Ich will dich erst kennenlernen, weil ich nicht gedacht hätte, dass wir uns so gut verstehen. Und ich will nicht als Affäre enden, die irgendeine Beziehung zerstört hat. Ich lehne diese Frauen zutiefst ab!!" erklärte Louisa leise weiter. Sie hatte schon so viele Männer haben können. Aber weil sie sich nicht auf etwas Festes einlassen wollte, war das immer im Sand verlaufen. Welche Frau so über sich selbst und ihre Beziehungen dachte, die zog auch nur Männer an, die es nicht ernst meinten, erinnerte sie sich.
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Unforgettable (Roman Bürki, Leon Goretzka)
FanfictionInspiriert von French Montanas 'Unforgettable' geht es anhand des Liedtextes durch das so plötzlich verwirrende Leben der Louisa Fischer. Auf der Arbeit lernt sie Roman kennen - einen totalen Kotzbrocken, der es aber doch irgendwie schafft, dass sie...