Kapitel 7

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Vorsichtig drehte ich meinen Kopf nach rechts und blickte in diese grünen Augen, welche ich bereits vermisst und sehnsüchtig nach ihnen gesucht hatte.
Unbewusst bildete sich auf meinen Lippen ebenfalls ein Lächeln.
"Hallo Bugra."
Der Mann gegenüber von Bugra sah uns ein wenig verwirrt an.
"Ihr kennt euch?"
Ich nickte und Bugra antwortete mit einem stolzen "Ja". Ich sah die Herren erneut an und wiederholte mich. "Was kann ich den Herren denn bringen?"
Mir huschte ein Lächeln über das Gesicht, als ich in Bugras Augen sah, welche mir in diesem Moment frech zuzwinkerten.
Einen Weile lang blickten wir uns tief in die Augen, bis er begann zu reden.
"Ich hätte gerne einen Cappuccino und Cem, was willst du?"
Cem überlegte ein wenig, bis er sich schließlich festlegte. "Einen Latte Macciato mit viel Milch bitte."
Nickend begab ich mich in die Küche und bereitete die Bestellungen zu. "Cappuccino", murmelte ich mehrmals vor mich hin. Er mochte also gerne Cappuccino. Ich zierte die Tassen mit einer kleinen Waffel und machte mich schließlich auf den Weg zu ihrem Tisch. Bugra hatte einen Dreitagebart, welcher ihm unglaublich gut stand und an ihm atemberaubend aussah. Sein Äußeres war zugegeben unfassbar schön und bei seinem Anblick konnte man leicht dahinschmelzen. Ich servierte ihnen die gewünschten Getränke und gerade als ich mich zurück in den Personalraum begeben wollte, hielt mich seine raue, maskuline Stimme zurück, indem sie zu mir sprach.
"Özge, du kannst dich gerne zu uns gesellen."
Ich hatte keine Lust darauf, in irgend einer Art und Weise etwas mit ihm zu unternehmen, weshalb ich in einem freundlichen Ton verneinte.
"Momentan befinde ich mich in der Arbeitszeit, welche keine privaten Gespräche zulässt. Tut mir leid, ein ander Mal."
Ich marschierte zurück in den kleinen Hinterraum, bis mir schließlich auffiel, was ich soeben gesagt hatte. Ein ander Mal? Mir war klar, dass ich mich auch nicht ein ander Mal mit ihm treffen würde, weshalb ich mich lässig zu meinen Kollegen gesellte. Als ich den Raum betrat, musste ich leider Gottes in diese hasserfüllten Gesichter blicken, welche womöglich über mich geredet hatten, als ich weg war. Meine Miene verschärfte sich und ich ging durch die Hintertüre raus, um etwas Luft zu schnappen. Glücklicherweise befand sich hier keiner meiner nervigen Kollegen. Ich setzte mich auf einen freien Bierkasten und lauschte dem angenehmen Sommerwind, welcher meine Haare durchzog. Für einen Moment schloss ich meine Augen und atmete die frische Luft tief ein, bis mich jemand von der Seite anstupste und ich ohne zu zögern aufschreckte.
"Tut mir leid." sagte er leise.
Es war Bugra. Er schob einen zweiten Bierkasten neben meinen und ließ sich nieder.
"Was willst du?" Mein Ton war wie immer kalt und emotionslos.
"Zeit mit dir verbringen."
Auf seine unnötigen Kommentare hatte ich überhaupt keine Lust. Doch eine Sache brannte nach wie vor auf meinem Herzen
"Kennst du Tuna? Tuna Dogan?"
Ich sah ihm direkt in seine funkelnden grünen Augen, welche mich verwirrt anblickten.
"Nein, sollte ich etwa?"
Komischerweise war ich nun erleichtert. Da er Tuna nicht kannte, konnte er auch nicht Bugra gemeint haben, doch vielleicht täuschte Bugra das hier nur vor.
"Nein, war nur aus Interesse."
"Wer ist das?"
Seine Augen hatte er ein bisschen aufgerissen und gebannt sah er mir in die Augen.
"Mein Freund."
Ihm stockte der Atem. Er schwieg, ich ebenfalls. Einen Moment lang schwiegen wir uns an, bis er den Kloß in seinem Hals herunterschluckte und zu Wort kam.
"Dein Freund?"
Ich nickte.
"Du bist vergeben?"
"Wäre es denn schlimm?", fragte ich. In diesem Moment erkannte ich mich merkwürdigerweise selber nicht, denn in seiner Nähe war ich plötzlich aufgeschlossen und benahm mich in meinen Augen auf Anhieb freundlich.
Rechts von meinem Bierkasten lag ein kleiner Stock, nach welchem ich griff und unnötige Muster in den Pflasterboden zeichnete, während ich auf seine Antwort gespannt wartete.
"Ich weiß es nicht."
Ich legte den Stock zur Seite und sah ihn aufmerksam an. Irgendetwas anziehendes hatte er an sich. Er war ein sehr interessanter Mensch und innerlich hoffte ich darauf, ihn so schnell wie möglich besser kennenzulernen. Andererseits hallten die Worte meines Bruders immer wieder in meinem Kopf, was mir das Interesse abschlug.
"Du bist wirklich vergeben?"
Ich bejahte.
"Schade", murmelte er kaum hörbar, doch ich hatte es genau verstanden. Wieso fand er es Schade? "Nein Spaß, ist nur mein bester Freund.", sagte ich, während ich lächelte,
Aus seinem Gesicht heraus konnte ich eine gewisse Erleichterung lesen, ich fragte mich wieso? "Dann ist ja gut."
"Wieso?", wollte ich sofort wissen.
"Dann könnte ich dich ja nicht mehr von mir überzeugen."
Ein schiefes Lächeln huschte über sein Gesicht, er schien etwas verlegen, doch es gefiel mir. Seine Reife und sein Anstand begeisterten mich zu sehr um wahr zu sein. Im nächsten Moment war ich dabei, die unerträgliche Stille zu brechen, als die Hintertüre aufgerissen wurde.
"Frau Kaya, wo bleiben sie? Ich kann mich nicht erinnern, dass sie Pause haben. Los, ran an die Arbeit, keine Zeit für private Angelegenheiten."
Es war mein Chef der in einem aufgebrachten und wütenden Ton zu mir sprach. Mit gesenktem Kopf erhob ich mein Haupt und war gerade dabei, reinzugehen, da erhörte ich wieder seine wunderschöne Stimme, die eine unglaubliche Gänsehaut auf meinem Körper verursachte.
"Wie reden sie mit ihr? Das können sie ihr sicherlich auch in einem angemesseneren Ton vermitteln."
Sein Ton war ziemlich ruhig und keineswegs aggressiv. Ich bewunderte ihn für diese Lässigkeit, bis ich bemerkte, was er da überhaupt sagte. Verzweifelt blickte ich meinen Chef an, der vor Wut kochte.
"Während ihrer Arbeitszeit hat sie zu arbeiten."
"Das weiß sie. Es war meine Schuld, ich habe sie raus gebeten und es in die Länge gezogen. Ich entschuldige mich, geben sie ihr nicht die Schuld."
Ich war verblüfft und sprachlos zugleich. Als ich meinen Kopf hob, um ihn anzusehen, blickte ich nur direkt in diese wunderschönen grünen Augen, welche bezaubernd funkelten. Automatisch bildete sich ein breites Grinsen auf meinen Lippen, welches ihn ansteckte und er mich belustigt angrinste. "Ein ander Mal, Özge.", gab er leise von sich, während er mich anzwinkerte. Er hatte es doch nicht in irgendeiner Weise überhört, was ich einerseits gut aber andererseits schlecht fand.

Der Blick meines Chefs lockerte sich allmählich und durch einen kleinen Schub seinerseits verschwanden wir in den Personalraum, während Bugra an diesem kühleren Sommertag in der Kälte stehen blieb.
"Ach Frau Kaya, die Liebe", schwärmte er. Ich vermochte das beinahe zu überhören, bis ich es anschließend realisierte und mich peinlich berührt von ihm entfernte. Liebe? Der Typ war gefährlich.
Nun war meine Konzentration endgültig weg und meine Gedanken widmete ich diesem unglaublich schönen Moment von gerade eben. Wie erleichtert er war, als ich gesagt hatte, dass es nur ein Scherz gewesen war. Sein verschmitztes Lächeln und seine unfassbar niedliche Verlegenheit. Wie er die Schuld auf sich genommen hatte, obwohl ich relativ abweisend und kühl zu ihm war. Nach meiner Schwärmerei widmete ich mich der Arbeit und als ich merkte, dass der Tisch, an dem eben noch Bugra saß, leer war, seufzte ich einmal unbemerkbar leise.

Die Arbeitsstunden vergingen langsam aber sicher und erleichtert machte ich mich auf den Weg zurück nach Hause. Ich stieg in mein kleines Auto, als ich auf dem Weg einen Anruf von einer unbekannten Nummer erhielt. Ich zögerte kurz, bis ich schließlich an den Straßenrand fuhr und abhob.
"Ja Hallo?"
Ein Atem ertönte aus dem anderen Ende der Leitung, welcher unerklärlicherweise mein Herz schneller schlagen ließ. Für einen Moment antwortete mir niemand, bis ich mich mit einem rasenden Herz wiederholte. "Hallo?"
Schlagartig bekam ich eine Antwort.
"Özge.", flüsterte eine Stimme in den Hörer. Diese Stimme war es. Es war seine Stimme. Schockiert wie ich war, blieb mein Mund offen und fassungslos starrte ich vor mich hin. Im ersten Moment spürte ich nichts. Im nächsten Moment explodierten gefühlte eine Million Gefühle ich mir drin und mein gesamter Körper begann zu glühen. Meine Lippen bebten und eine abstrakte Wärme stieg in mir auf. Eine unangenehme Gänsehaut durchzog meinen ganzen Körper, während mir ein eiskalter Schauer über den Rücken lief.
"Burak?", hauchte ich kleinlaut in den Hörer, während tausende Tränen in mir aufstiegen und sich plötzlich ein riesen Kloß in meinem Hals bildete. Es war Burak.

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Was meint ihr, wer ist wohl Burak? Wie findet ihr die Versuche von Bugra, sich Özge zu nähern? Ordentliches Feedback, Lob wie Kritik, Meinungen usw. ist alles erwünscht :-)
Mfg, cankurban58

Ömür Boyu (Ein Leben lang)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt