Immernoch kam er auf uns zu, doch meine Angst war verschwunden. Bugra war bei mir und bei ihm fühlte ich mich sicher, sehr sicher. Nun stand Tuna vor mir und atmete nur schwer ein und aus. Mit einem heftigen Ruck packte er mich am Arm und zog mich hoch. Er wollte mich mit sich ziehen, als Bugra eingriff. Bugra packte ihn am Handknöchel seiner Hand, welche mich am Arm hielt. "Lass sie los.", sprach er in einem seltsamen Ton. Immernoch hörte er sich gelassen und ruhig an, was mich faszinierte. Tuna reagierte nicht, als Bugra seine Hand von meinem Arm ruckartig wegrüttelte. Sie blickten sich hasserfüllt in die Augen, was ich gespannt beobachtete. Sie lieferten sich ein Blickduell mit finsteren und markanten Gesichtszügen, welche eindeutig auf eine Wut hindeuteten. Schließlich sprach Tuna zu mir, ohne seinen Blick von Bugra abzuwenden. "Wir müssen unter vier Augen reden, Özge."
Nun blickte Bugra zu mir und ich nickte. Es war eine sehr merkwürdige Situation. Ich hätte gedacht, Tuna würde Bugra schlagen oder zumindest komplett ausrasten, doch er hielt sich zurück. Hatte er etwa Angst oder gar Respekt vor Bugra? War Bugra so dermaßen gefährlich? Wir hatten uns nun etwas vom vorherigen Ort entfernt und mittlerweile hatte sich Tuna beruhigt. Seine Tonlage klang ziemlich besorgt. "Wieso triffst du dich mit ihm? Du hast mir versprochen, dass du es nicht mehr tust! Was soll das? Ich sage dir doch, er ist gefährlich." "Erklär du mir erstmal, was du mit Mörder gemeint hast.", kam es in einem kühlen Ton von mir, daraufhin begannen seine Augen zu funkeln. "Ich durfte das nicht erwähnen, das war mein Fehler! Ich darf dir darüber nichts sagen, versteh es bitte! Du wirst bald alles erfahren, versprochen."
Diese Antwort stellte mich vorerst zufrieden, da ich wusste, dass ich mehr aus ihm nicht herausbekommen würde. Er atmete kurz auf und sprach anschließend wieder. "Wieso triffst du dich mit ihm?"
"Willst du mich verarschen? Du verpisst dich einfach und sagst, du willst Abstand für ein paar Wochen. Ich habe niemanden, bei dem ich mich wohl fühle außer bei dir und du hast dich einfach verzogen! Bei Bugra geht es mir gut, ich fühle mich geborgen bei ihm."
Tuna schüttelte verständnislos den Kopf. "Das war nicht meine Absicht. Du musst wissen, es ist gefährlich. Es ist verdammt gefährlich und ich hatte Angst, dass ich mich bei dir verplappern würde. Ich wusste nicht, dass ich dir damit so wehtun würde."
Sein Tonfall war noch immer besorgt und nun kam er auf mich zu. Er presste mir einen sanften Kuss auf die Stirn und umfasste anschließend meine Taille mit seinen starken Armen. Er zog mich näher an sich, woraufhin ich meinen Kopf auf seiner Brust ablegte und meine Arme und seinen Nacken schlang. Wir umarmten uns eine gefühlte Ewigkeit, bis er mir etwas ins Ohr flüsterte. "Ich werde jetzt wieder für dich da sein, zu jeder Zeit. Ich weiß, du bist neugierig und willst alles wissen aber das wirst du bald, sei bitte geduldig. Ich kann dich nicht zwingen, aber halte dich bitte fern von ihm. Tu es mir zu Liebe, deinem Bruder zu Liebe." Ich nickte bloß, doch ob ich seine Forderung erfüllen würde, wusste ich in dem Moment nicht wirklich.
"Ich geh zu Umut, willst du mit?", fragte er mich, was ich freudig bejahte.
"Ich verabschiede mich kurz von Bugra, warte hier." Genervt nickte er und ich näherte mich Bugra, welcher auf seinem Handy herumtippte. Als er mich sah, erhob er sich augenblicklich und löcherte mich mit Fragen. "Was wollte er? Hat er dir weh getan?"
"Nein nein, wir waren nur verstritten und haben das jetzt geklärt.", sagte ich lachend.
"Wieso hat er dich so heftig mitgezogen? Wieso war er so wütend? Und wer ist das überhaupt?"
"Das ist Tuna, mein bester Freund. Er war wütend, weil - ", ich zögerte,da ich nicht wusste, was ich sagen sollte. "Er ist eifersüchtig gewesen.", log ich schließlich. Er wolle erneut etwas sagen, doch nun unterbrach ich ihn. "Aber ich muss jetzt los, wir gehen meinen Bruder besuchen." Augenblicklich verschärfte sich seine Miene und er sah mich ernst an. Ich winkte ihm leicht zu und brachte ein einfaches "Tschüss" heraus, als er mich plötzlich in eine Umarmung zog und auffällig meinen Duft inhalierte. Ich erwiderte unsicher seine Umarmung und lächelte ihm schlussendlich schief zu. Nun näherte ich mich Tuna und konnte erneut seinen wütenden Gesichtsausdruck erkennen. "Bastard.", murmelte er vor sich hin, ich hingegen schwieg. Wir liefen zu seinem Auto, was ein E-Klasse Mercedes war und machten uns auf den Weg zum Gefängnis. Während der Autofahrt sprachen wir über den Vorfall mit Özlem und schließlich kamen wir an. Wir betraten gemeinsam das düstere Gebäude. Meine Tasche wurde kontrolliert und anschließend betraten wir den kleinen, leeren Raum mit lediglich vier Stühlen und einem Tisch. Die Wandfarbe war grau, was eine finstere Atmosphäre hervorrief.
Wir saßen schweigend auf den Stühlen, bis die Tür vor uns aufging und ich meinen vor Freude strahlenden Bruder erblickte. Seine Freude steckte mich schlagartig an und springend fiel ich ihm in die Arme. Tuna war schon seit unserer Kindheit ein sehr guter Freund von uns beiden und zusammen hatten wir unfassbar viel erlebt und durchgestanden, wir waren unzertrennlich. Die beiden begrüßten sich mit einer brüderlichen Umarmung und schließlich ließen wir uns auf den Stühlen nieder. Ich wusste nicht, wie ich ihn darauf ansprechen sollte, aber ich wollte Klarheit. Eine Klarheit über Bugra und über "Tolgas Leute". Nach einigen kurzen Gesprächen nahm ich schließlich meinen ganzen Mut zusammen, obwohl ich wusste, dass es nicht gut enden würde, und ich sprach zu ihm. Etwas kleinlaut und leise, aber ich sprach es aus.
"Abi (großer Bruder), was ist eigentlich mit Tolgas Leuten? Und was hat Bugra damit zu tun?"
Ich bemerkte, wie Tunas Kopf augenblicklich in meine Richtung schoss und mich eine Weile lang musterte. Seine Mundwinkel waren heruntergeklappt und nun blickte ich zu meinem Bruder. Seine freudige Miene war plötzlich verschwunden, er hatte seine Augen etwas zusammengekniffen und funkelte mich böse an. Es war sehr beängstigend, wie er mich mit seinen finsteren Blicken förmlich tötete._______
Wie fandet ihr das Kapitel und könnt ihr mir eure Meinung zu der Geschichte bisher sagen? Vielleicht habt ihr ja gewisse Verbesserungsvorschläge oder auszusetzende Kritik, welche ich mir zu Herzen nehmen werde :-) Ansonsten bitte Meinungen zum Kapitel & zur Geschichte. Mfg, cankurban58 :-)
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Ömür Boyu (Ein Leben lang)
Romance"Rede doch mit mir.", sein Atem prallte auf mein Gesicht, wodurch sein ekelhafter Mundgeruch in meine Nase einzog. Mein Herz raste wie wild, was wollte er von mir? Die Angst stieg immer weiter in mir auf. Er kam immer näher und immernoch versuchte i...