Ich hob meine Hände und platzierte sie auf seiner Brust, um ihn leicht nach hinten zu schubsen und um ihm somit deutlich zu machen, dass es mir unangenehm war. Meine Kraft reichte allerdings nicht aus und zusätzlich kam noch Bugras Widerstand hinzu, welchem ich überhaupt keinen Stand halten konnte. Ich gab nach und stieß anschließend ein leises aber aussagekräftiges "Bugra!" hervor. Er unterließ es nun schlagartig, sich mir zu nähern, doch er bewegte sich auch um keinen Millimeter nach hinten. Stattdessen musterte er mich mit seinen unfassbar atemberaubend grünen Augen und er durchbohrte mich förmlich. Es schien, als siehe er in mich hinein und darüber hinweg, dennoch war es mir nicht mehr so unangenehm wie kurz zuvor. Ich ließ meine Hände wieder sinken und bemerkte dabei, wie feurig sie geladen waren und wie sie förmlich brannten. Ich presste sie gegen die Mauer hinter mir und augenblicklich traf die Kälte auf meine Handinnenflächen, weshalb ich erleichterte. Es tat mir sehr gut, denn Bugras Anwesenheit erwärmte mich am ganzen Leib ungemein. Ich beobachtete ihn, während er sich mein Profil genaustens ansah und wie ihm ab und zu ein flüchtiges Lächeln übers Gesicht huschte. Die Gefühle waren am brodeln, stärker wie noch nie. Ich hätte dahinschmelzen können, jedes Mal, wenn seine Mundwinkel sich erhoben. Seine Nähe plagte mich und dennoch tat sie mir gut, ich genoss sie. Es fühlte sich an, als würden Stunden in dieser Position vergehen, doch es verstrichen bloß einige Sekunden, kennt ihr das? "Ja, Özge?", erwiderte er noch immer seelenruhig, während er sich inzwischen um einige Schritte entferte und sich ebenfalls an die Mauer lehnte, jedoch mit einem großen Abstand. Tat er das absichtlich um mich zu verwirren? War das sein Ziel? Mein Herz zum Rasen bringen und anschließend die Kälte in Person darstellen? Ich hoffte insgeheim, er hätte diesen unglaublich schnellen Herzschlag nicht gehört und ihn erst Recht nicht mit seiner Nähe verbunden. Andererseits war das unmöglich, er musste dieses laute Pochen gehört haben, so nah wie wir uns aneinander befanden.. In meinem Kopf schwirrten unzählige Gedanken umher, doch am meisten wollte ich wissen, was mit mir los war. Fürchtete ich seine Nähe oder genoss ich sie? Könnte beides möglich sein? Ich wollte sofort eine Antwort von ihm, wieso er sich mir immer wieder so sehr näherte, doch ich traute mich nicht. Aus Angst, abweisende Worte oder gar Ignoranz als Antwort zu erhalten, ich traute mich nicht. War es Feige von mir, oder eher Selbstschutz? Ich wusste es nicht. Was ich jedoch wusste, war, dass Bugra mir in kurzer Zeit wichtig geworden war und dass ein einziges kaltes Wort in mir etwas zerbrechen konnte. Es schien, als hätte er mein Herz so sehr im Griff, war das real? Ich senkte meinen Blick und sah auf meine Hände, anschließend knetete ich an meinem Fingern rum. "Ich will endlich Klarheit.", sprach ich entschlossen, während ich ihm meinen Kopf zuwandte und sich unsere Blicke wie so oft trafen. "Worüber?", erwiderte er ernst. "Über alles, was geht hier vor sich? Was hat mit Tolga auf sich? Was will er von mir? Was habt ihr mit meinem Bruder zu tun?"
Im nächsten Moment konnte ich mich für die letzte Frage selber schlagen, denn nicht nur bei mir, sondern auch bei Bugra löste diese ein überaus großes Entsetzen aus. Ich wollte am Liebsten abhauen, wegrennen, doch er hätte es nicht zugelassen. "Wie kommst du darauf?"
Er hatte nun eine noch ernstere Miene aufgesetzt und seine Augenbrauen stark zusammengezogen, finstere Blicke musste ich ernten. Ich versuchte mir nichts von meiner Nervosität anmerken zu lassen, was mir sehr schwer fiel. Dieser große Abstand zwischen Bugra und mir sorgte für eine unertragbare Ungewissheit, wieso entfernte er sich von mir? Hatte ich etwas falsches getan, hatte ich das gar verdient? "Ich erwarte eine Antwort, keine Gegenfrage."
Ich versuchte so selbstbewusst wie möglich zu klingen, obwohl ich nur im
Erdboden versinken wollte. Plötzlich lachte er unerwartet laut auf und wandte seinen Blick in eine komplett andere Richtung, was mir einen erneuten Stich ins Herz versetzte. "Du gefällst mir Özge.", hallte es vergnügt aus seinem Munde, was allerdings erneut eine große Verwirrung in mein Gesicht schrieb und mich unwissend in einem großen Loch voller Fragezeichen zurückließ. "Wie du meinst.", giftete ich ihn an, jedoch ohne ihn eines letzten Blickes zu würdigen. »Was du kannst, kann ich schon lange», dachte ich mir und eilte davon. Ich hätte nun Bugras Stimme so sehr erhören wollen, wie sie nach mir rief, doch sie tat es nicht. Ich sputete also zu meinem Auto und blickte ein letztes Mal nach hinten, doch er war nicht mehr da. Nun vergrub ich meinen Kopf im Lenkrad und im nächsten Moment schlug ich mit voller Kraft dagegen, wodurch ich versehentlich die Hupe betätigte und wie ein scheues Reh aufschreckte. Ich lachte selber über meine eigene Dummheit und vergnügnte mich eine kurze Weile, bis mir wieder die Situation von gerade eben und die generelle Situation meines Lebens in den Sinn kamen. Konnte ein Leben so dermaßen scheiße sein? Wieso spielte jeder mit mir dieses beschissene Spiel? Umut, Tuna, Bugra, sie alle gaben mir dieses Gefühl von Geborgenheit, Schutz, Wärme und sie alle machten mir klar, dass ich ihnen etwas bedeutete. Doch sie waren es, die mir mit diesem verdammten Geheimnis das Leben schwer machten. Sie alle wussten Bescheid und niemand hielt es für nötig, mich darüber aufzuklären. Zumal ich mittlerweile selber an der ganzen Sache beteiligt war und nichtmal der Grund war mir bewusst, war das ertragbar? Nein. "Warte bis zum Prozess", "Bald wirst du alles erfahren.", "Gedulde dich."
Mein Geduldsfaden war eindeutig am Ende angelangt und das konnte ich nicht weiter so hinnehmen. Ich hatte die Idee, den Kontakt zu Bugra abzubrechen, doch mein Herz sagte Nein. Ausdrücklich nein. In einer gewissen Weise brauchte ich ihn und nur er erzeugte diese Glücksgefühle in meinem Bauch und nur er war es, der mich so sehr aufmunterte, dass ich all meine Sorgen vergaß. Nun hallten die Worte von Tolga erneut in meinem Kopf. Ich stellte verschiedene Theorien auf, was es mit dem "Du sollst dich nicht in sie verlieben." auf sich hatte. Womöglich war es die ironische Art zu sagen, dass er zu gut mit mir umging. Vielleicht war das ja gar nicht ernst gemeint. Wahrscheinlich behinderte ich ihre Zusammenarbeit. Das kam mir alles so chinesisch vor..Ich dachte zurück an den Abend auf dem Rummelplatz. Diese Unbeschwertheit lag jedes Mal in der Luft, jedes Mal wenn er bei mir war. Unmöglich konnte ich das aufgeben, es müsste einen anderen Ausweg geben. Doch, was dachte er sich dabei, sich mir erst so sehr zu nähern und anschließend die Distanz zwischen uns zu vergrößern? Hatte er sich nicht unter Kontrolle, war er etwa verwirrt? Konnte er etwa genauso wenige klare Gedanken fassen wie ich? Oder lag es etwa doch an mir? Ich dachte eindeutig zu viel nach, allerdings nur über Bugra. An Burak verschwendete ich komischerweise keinen Gedanken und erst Recht wenn Bugra bei mir war, geriet Burak endgültig in Vergessenheit. Ich misste es auch nicht, an Burak zu denken oder in den gemeinsamen Erinnerungen herumzuwühlen, war ich mir nun im Klaren? War das wirklich mein letzter Entschluss, ich fühlte nichts mehr für Burak?
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Meinungen? Wie findet ihr das neue Cover? :) Besser oder nicht? Viele
Kommentare und Votes werden gerne gesehen :-) Mfg, eure cankurban58 :* ♥️
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Ömür Boyu (Ein Leben lang)
Romance"Rede doch mit mir.", sein Atem prallte auf mein Gesicht, wodurch sein ekelhafter Mundgeruch in meine Nase einzog. Mein Herz raste wie wild, was wollte er von mir? Die Angst stieg immer weiter in mir auf. Er kam immer näher und immernoch versuchte i...