Schließlich lösten wir uns voneinander.
Ich verließ den Raum und ging in Richtung Balkon. Als ich die Tür aufmachte, prallte mir der kalte Abendwind eines schönen Sommertages entgegen, weshalb ich mir eine Strickjacke nahm und mich auf einen der zwei Stühle meines kleinen Balkones setzte. Auf einem kleinen Tisch lag meine Packung Zigaretten. Eigentlich war ich keine Raucherin, doch wenn es mir schlecht ging, rauchte ich die ein oder andere. Oft tat ich das nicht, weshalb mir alle drei Monate eine Schachtel genügte. Ich schnappte mir das Feuerzeug, welches daneben lag und zündete mir eine an. Ich war eher eine Stressraucherin. Ich zog den unglaublich bitteren Rauch in mich hinein und hustete im nächsten Moment, es ging viel zu sehr auf die Lunge. Der Geruch befreite mich für eine kurze Zeit von meinen Sorgen, bis Tuna wütend die Balkontüre aufriss.
"Was soll der Scheiß? Du sollst doch nicht rauchen."
Ich würdigte ihn keines Blickes, woraufhin er sich die Zigarette griff und sie im Aschenbecher zerdrückte.
"Bist du bescheuert? Ich bin erwachsen."
Ich griff zur Schachtel und wollte mir noch eine nehmen, doch er kam mir zuvor. Sein Blick war mit Wut versäht und die Aggression konnte man sich aus seiner zittrigen Haltung erschließen. Er war kein aggressiver Mensch, er war eher der Ruhige. Doch wenn es um mich ging, reichte eine Sekunde aus, um ihn auf die Palme zu bringen. Er schnappte mir die Packung Zigaretten weg und zerbrach jede einzelne vor meinen Augen und schmiss sie anschließend aus dem Balkon. Ich stand zügig auf und wollte reingehen, da packte er mich unsanft am Arm und zog mich zurück.
"Du wirst dieses Zeug nie wieder in deinem Leben anfassen, versprich es mir. Dein Vater ist wegen dieser Scheiße gestorben und du traust dich noch, so etwas überhaupt anzusehen?"
Dieser Satz machte mich nachdenklich, er verpasste mir regelrecht einen Schlag, weil ich an die grausame Zeit zurück denken musste und während ich mich wortlos von ihm versuchte freizuschütteln kamen mir seine letzten Worte am Sterbebett in den Sinn.
"Es ist dein Leben! Jeder will dir reinreden, doch du bist meine Tochter und du lässt dich nicht kleinreden!"
Ich nahm wahr, wie meine Energie sofort verschwand und ich mich nur noch auf den Boden fallen ließ. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf und bemerkte dabei, wie sich Tuna zu mir herunterbückte.
"Versprich es mir."
Ich nickte und brachte gerade noch ein "Söz (Versprochen)" heraus. Er forderte mich auf, mich in mein Bett zu begeben, doch ich gehorchte nicht.
Nun packte er mich an meinerTaille und hob mich hoch, als wäre ich federleicht. Ich nahm die Wärme wahr, die augenblicklich in mir aufstieg und hörte das Geräusch der Balkontüre, die soeben geschlossen wurde. Tuna setzte mich auf mein Bett und gab mir zahlreiche Küsse auf die Wange
"Starke Menschen weinen nicht, Özge."
Nach diesen Worten begann ich nur, ihn wie eine Tote anzustarren. Diese Worte hatte mir mein Bruder jedesmal zugeflüstert, wenn ich geweint hatte. Egal wie traurig ich war, er hatte es immer geschafft mich aufzumuntern. Tuna war genau so ein Mensch, sie waren unfassbar wertvoll für mich. Ich fiel ihm um den Hals, meine Tränen waren bereits vergangen.Im Rückblick auf zwei Jahre zuvor wurde mir immer wieder klar, dass dies die schwierigste Zeit meines Lebens war, welche zum Teil immernoch andauerte. Ich vermisste ihn, meinen Vater. Ich vermisste ihn, meinen Bruder. Ich vermisste sie, meine fürsorgliche Familie. Und ich vermisste ihn, uns.
Ich sah Tuna hinterher, wie er aus dem Raum verschwinden wollte, doch ich wollte nicht, dass er geht.
"Tuna, kannst du noch bleiben?"
Er drehte sich um, wobei er verschmitzt lächelte.
"Natürlich cano."
Er setzte sich neben mich, bis mein Handy aufleuchtete und wir beide gespannt auf den Display sahen. Es war niemand geringeres als Bugra, der mir soeben eine Facebook Nachricht geschrieben hatte. Genervt schnaubte ich auf.Wie wäre es, wenn wir demnächst etwas unternehmen?
-Bugra AtesTuna blickte schockiert erst den Display an, folglich mich. Dies wiederholte er einige Male, bis das Displaylicht erlosch. Er drückte erneut auf den Knopf und las sich diese Nachricht gefühlte hundertmal durch.
"Tuna, was ist?"
Er riss seine Augen immer weiter auf und war plötzlich sehr nervös.
"Was hast du mit Bugra Ates zu tun?"
Ich war erstaunt über seine Neugier, da er sonst kein neugieriger Mensch war.
"Nicht wirklich viel." Mein Ton war abweisend und zunehmend gelangweilt.
"Sag es mir, sofort!"
"Ehrlich nichts! Er hat mich heute in der Stadt angerempelt, dabei hatte er mir meinen Ausweis gereicht. Daher kannte er wohl meinen Namen und hat mich angeschrieben, kein Grund zur Sorge, ich habe nicht geantwortet."
Tuna löcherte mich mit Fragen, was mir langsam merkwürdig vorkam.
"Würdest du mir bitte sagen, was hier los ist?"
"Du musst dich von ihm fernhalten Özge, der Junge ist gefährlich."
"Was redest du, ich hatte doch nicht vor, mich mit ihm zu treffen."
Ich war nun neugierig, was er mit alldem meinte.
"Was meinst du mit gefährlich?"
"Er gehört zu Tolgas Leuten, Özge!"
In meinem Kopf bildeteten sich unzählige Fragezeichen und auch diese Aussage leuchtete mir nicht ein, bis ich die Worte meines Bruders bedachte.
"Halte dich von Tolgas Leuten fern, versprich es mir."
Nur leider hatten wir keine Zeit mehr, darüber zu reden.
"Tuna, was ist mit denen?"
Tuna stockte der Atem und er rüttelte sehr fest an mir. Plötzlich begann er zu schreien.
"Du wirst mit diesem Jungen nie wieder ein Wort reden, er ist gefährlich! Es ist ihre Absicht, sie werden dir etwas tun. Vertrau ihm nicht, sobald du ihn siehst oder sobald er mit dir redet, rufst du mich an!"
"Übertreib nicht, Tuna. Ich kann auf mich selber au-"
"Özge!" schrie er. Ich zog mich leicht zurück und gab bloß noch ein kurzes "Ok" von mir. Ich hob meinen Kopf und blickte in Tunas vor Wut funkelnden Augen, welche mit Tränen gefüllt waren.
"Ich habe Angst um dich." flüsterte er kaum hörbar.______
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Liebe Grüße ♥️
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Ömür Boyu (Ein Leben lang)
Romansa"Rede doch mit mir.", sein Atem prallte auf mein Gesicht, wodurch sein ekelhafter Mundgeruch in meine Nase einzog. Mein Herz raste wie wild, was wollte er von mir? Die Angst stieg immer weiter in mir auf. Er kam immer näher und immernoch versuchte i...