Kapitel 13

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Ich beschloss, weiterhin zu schweigen, da ich womöglich schon zu viel gesagt hatte.
"Mörder?", ein weiteres Mal wiederholte er sich ungelduldig, während sich seine Miene verzog und er mich mit einem strengen Blick musterte. Starr stand ich vor ihm und blickte reglos in seine ausdrucksstarken Augen.
"Tut mir leid, hab gerade laut gedacht."
"Woran hast du denn gedacht?", fragte er mich in einem neugierigen und relativ aufdringlichen Ton. Ich war ziemlich nervös und gerade dabei, an meinen Fingern herumzukneten, da unterbrach er mich, indem er hinunter zu mir sah und meine beiden Hände voneinander trennte.
"Du redest jetzt mit mir, sieh mir in die Augen."
Ich gehorchte seiner Forderung nicht, weshalb er mein Kinn vorsichtig hob und ich ihm direkt in seine strahlend grünen Augen sah. Einen Moment lang blieben wir so stehen, anschließend nahm er seine Finger von meinem Kinn. "Ich warte.", sagte er mit einem erwartungsvollen Blick.
"Du musst nicht warten, wie gesagt bin ich dir keine Rechenschaft schuldig. Ich muss mich hier garantiert nicht rechtfertigen und ein weiteres Zusammentreffen, in welchem du mich sinnlos zumüllst, möchte ich hier und jetzt ausschließen."
Mit diesen Worte drehte ich mich um und verließ den Park, ohne ihm einen letzten Blick zu widmen. Zu meiner Verwunderung kam er mir nicht hinterher und rief mir auch nicht nach. Er sollte es nun begreifen, ich kannte ihn nicht und das sollte auch so bleiben. Wofür interessierte er sich so sehr, was war denn besonders an mir? Ich musste erneut an Tunas warnenden Worte denken, dass er mir nichts Gutes wollen würde. Allein diese Aussagen waren Grund genug für mich, keinen Kontakt zu Bugra aufzubauen, ganz egal wie sehr er sich darum bemühte. Zwar fühlte ich mich in einer gewissen Art und Weise hingezogen zu ihm, doch das lag vermutlich nur an seiner reifen Art, welche eine unfassbare Männlichkeit ausstrahlte, seine Augen, in welchen man sich blitzschnell zu verlieren vermochte und generell sein äußeres Erscheinen, welches gepflegt und zudem atemberaubend hervortrat. Zugegeben hätte ich ihn gerne kennengelernt, doch mein Verstand ließ es nicht zu, was wohl besser war. Ich widersprach meinen eigenen Worte ziemlich oft, was eine seltsame Charaktereigenschaft meiner Person war.
Ich setzte mich in mein Auto und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass Aylin nun Feierabend hatte. Ich wählte freudig ihre Nummer und lud sie auf ein Eis in der Innenstadt ein. Nachdem sie bejaht hatte, begab ich mich zu unserem abgemachten Treffpunkt, wo ich auf sie wartete. Kurze Zeit später nahm ich einen Anruf entgegen, welcher von ihm war. Von Burak. Ich hatte seine maskuline Stimme vermisst und sehnsüchtig darauf gewartet, dass er sich meldete. Dieser Ton, welcher wie eine wunderbare Melodie in meinen Ohren klang, wenn sie zu mir sprach. Diese schöne Stimme, welche meinen Körper zum Beben und meine Wangen zum Glühen brachte.
"Wie geht es dir, mein Engel?"
seine Stimme erklang harmonisch und er hörte sich sehr glücklich an. Bevor ich etwas sagen konnte, ertönte sie erneut.
"Hast du Zeit?"
Mir war klar, dass er sich mit mir treffen wollte. Doch er war wie eine Schwachstelle und dazu war ich in diesem Moment nicht bereit. "Heute nicht. Ich treffe mich mit Aylin.", es kam ziemlich kühl von mir rüber, doch das zog seine überaus gute Laune offensichtlich nicht runter. Kurz seufzte er, doch anschließend schallte es wieder harmonisch in den Hörer.
"Na gut, sag ihr liebe Grüße. Aber ich vermisse dich, ich muss dich bald sehen."
Ungelogen, ein Lächeln bildete sich in meinem Gesicht. Meine Gefühle konnte ich für einen Moment nicht zurück halten, weshalb ich seine Aussage mit einem nicht unbedingt leisem "Süß!" erwiderte.
"Du!", rief er in den Hörer, woraufhin meine Wangen zu Glühen begannen.
"Ich muss auflegen, sie kommt.", ohne weiteres abzuwarten, besiegelte ich das Gespräch mit der 'Beenden'-Taste. Diese
Notlüge war frei erfunden, doch ich wollte seine Nähe nicht länger zu spüren bekommen. Ich wollte mich nicht erneut in seinen Bann ziehen lassen, vielleicht wäre dies mein nächster Fehler. Ich wollte alles langsam angehen lassen. Ich war mir meinen Gefühlen nicht bewusst, ob ich überhaupt noch etwas für ihn empfand? Ich wollte dieses Chaos vorerst beenden und mit der Zeit wollte ich mir über die Situation klar werden. Unaufällig begutachtete ich einige Paare, welche umherliefen, und schwärmte. Burak und ich waren einst genauso, wieso musste es denn so enden? Wieso musste es überhaupt enden? Ich beobachtete einige Pärchen, während ich gelangweilt auf Aylin wartete. Meine Blicke gingen umher, bis ich auf ein Paar stoß, welches mir bekannt vorkam. Eher gesagt, das Mädchen kam mir bekannt vor, was wohl daran lag, dass es meine Zwillingsschwester Özlem war. Seit wann hatte sie denn einen Freund? Hielt sie es etwa nicht für nötig, mir, ihrer Schwester, davon zu erzählen, obwohl die Situation momentan unklar und relativ schwierig war? Es machte mich traurig, als ich begriff, wie angespannt die Situation zwischen uns war. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, sie wirkten ergänzt zueinander. Als Duo wirkten sie auf mich perfekt. Sie lachten gemeinsam, bis Özlems Blick auf mich fiel und hasserfüllte Blicke sich trafen. Sie kniff ihre Augen leicht zusammen und dieser finstere Blick, ich würde ihn niemals vergessen.

Ömür Boyu (Ein Leben lang)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt