In meinem Kopf schwirrten noch immer unzählige Gedanken herum. Ich würde Bugra niemals misstrauen, denn dieser gemeinsame Tag hatte etwas mit mir angestellt. Er war so liebevoll und eindeutig jemand, den ich mochte. Es tat so gut, mit ihm die Zeit zu verbringen und sei es nur für einige Momente, ich vergaß meine ganzen Sorgen in seiner Nähe. Er wollte nichts Böses für mich und dessen war ich mir mittlerweile bewusst und zu 100% sicher. Ich war mir im Klaren darüber, dass ich immer wieder aufs Neue etwas mit Bugra unternehmen wollte und verlieren wollte ich ihn erst gar nicht. Es war bereits eine ziemlich gute Freundschaft, welche mit der Zeit stärker werden würde. Ich freute mich im Großen und Ganzen auf die Zukunft zusammen mit Bugra und war neugierig darauf, was sich ergeben würde. Bei diesen ganzen positiven Gedanken hatte ich überhaupt keine Zeit dafür, auch nur annähernd an die Warnungen meines Bruders und Tunas zu denken.
Ich schwärmte eine ganze Weile von Bugra, weshalb ich nur nebenbei meine Arbeit erledigte und neben der Spur war. Die Arbeit verging recht schnell, ich verabschiedete mich flüchtig von Ali und machte mich anschließend mit schnellen Schritten auf den Weg zu meinem Auto. Angekommen, setzte ich mich auf den Fahrersitz und tippte wie gewohnt auf meinem Handy herum. Ich war diese Art von Mensch, die sich, sobald sie zu Hause war, zu Tode langweilte. Ich hielt es zu Hause nicht lange aus und vor allem nicht alleine, weshalb ich die Zeit meistens mit meiner Aylin vertrieb, welche in dieser Hinsicht genau wie ich war. Es klingelte einige Male, doch keiner ging ran. Ich versuchte erneut mein Glück, noch immer war es erfolglos. Alle guten Dinge sind drei dachte ich mir und wählte erneut ihre Nummer. Sie hob ein weiteres Mal nicht ab und ich war schon am Überlegen, ob ich Bugra anrufen sollte. Diesen Gedanken schlug ich mir jedoch schnell wieder aus dem Kopf und wählte Tunas Nummer, welcher ebenfalls nicht ranging. "Komm schon, komm schon.", sprach ich, als würde er mich hören. Verzweifelt legte ich auf und schmiss genervt mein Handy auf den Beifahrersitz. Ich entdeckte, dass das Handschuhfach leicht geöffnet war und blickte hinein. Erneut fiel mein Blick auf das Bild von Burak und mir, welches wir an einem wunderschönen Tag geschossen hatten, an welchen ich mich erinnern kann, als wäre es gestern gewesen. Wir hatten ein schönes Picknick in dem Stadtpark gehabt, welches er für mich vorbereitet hatte und ohne Ende herumgealbert hatten wir gemeinsam. Auch wenn es nichts Besonderes war, jede Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit war Gold wert für mich. Bei unserem Anblick musste ich schmunzeln. Augenblicklich schossen meine Mundwinkel in die Höhe, als ich das Bild genauer analysierte. Ich hatte meine Zunge heraussgestreckt und meine Ohren hervorgehoben. Er, hingegen, schielte auf eine unfassbar lustige Art und Weise, während er hinter meinem Kopf Hasenohren zeigte. Insgeheim sehnte ich mich nach dieser wundervollen Zeit gemeinsam mit Burak, ich vermisste diese magischen Momente sehr. Als hätte er in diesem Moment mit mir telepatiert, klingelte mein Handy und auf dem Bildschirm konnte ich 'Burak' lesen. Ohne nachzudenken nahm ich an und begrüßte ihn durchaus freudig. "Hey Burak.", kam es harmonisch von mir, obwohl wir uns nicht wirklich im Guten voneinander getrennt hatten bei unserem letzten Treffen. "Hallo Özge, hast du gerade Zeit?"
Seine Stimme klang etwas nervös und er verhielt sich ungewohnt zögerlich. Er war sicherlich noch verwirrt und gekränkt zugleich von meinen unschönen Ausdrücken, anders konnte ich es mir nicht erklären. "Klar.", rief ich beinahe in den Hörer rein und erst danach wurde mir klar, was ich tat. Er war meine Schwachstelle, bei ihm konnte ich meine Gefühle nicht beherrschen. Ich wollte mit ihm abschließen, doch konnte ich es überhaupt? Dennoch freute ich mich irgendwie und ließ mir deshalb von den unzähligen Gedanken nicht die Laune vermiesen. "Freut mich.", sprach er und diese Freude war deutlich herauszuhören. "Dann in fünf Minuten an unserer Bank?"
Als er 'unsere Bank' aussprach, musste ich erst schmunzeln und anschließend schluckte ich. Es machte mich verrückt, wenn er diese unglaublich schönen Erinnerungen in mir hervorrief und in mir entstand ein mulmiges Gefühl, welches ich mir wegwünschte. "Gut, bis gleich. Ciao.", sprach ich kurz und nachdem er mit einem einfachen "Bis gleich." geantwortet hatte, legte ich auf und startete den Motor. Ich quetschte mein Auto gerade noch so in eine minimale Parklücke und war anschließend unfassbar stolz auf mich, eine gute Einparkerin war ich allemal. Ich blickte kurz nach rechts auf den Beifahrersitz und nahm das Foto zur Hand, wobei mein Herz plötzlich schneller zu klopfen begann. Ich strich über Buraks Gesicht und spürte bereits einige Tränen in mir hochkommen, bis schließlich eine auf das Foto tröpfelte.
Ich klappte den Spiegel runter und wischte mir vorsichtig ein paar Tränen weg. Ich klappte ihn wieder hoch und verstaute folglich das Foto im Handschuhfach. Kurzerhand nahm ich mein Handy und meine Schlüssel, stieg aus dem Auto und schloss ab. Einen Schritt vor den anderen setztend begab ich mich zu unserer Bank, wo sich Burak bereits befand und mich liebevoll in seine Arme nahm, in welchen ich mich unbeschreiblich wohl fühlte. Er umfasste meinen Körper und gleichzeitig mein Herz mit seiner fürsorglichen Art und verpasste mir anschließend einen Kuss auf meinem Kopf, welcher mir nun eine endgültige Gänsehaut beschaffte und mich ungemein erschaudern ließ. "Wie gehts dir?", wollte er wissen und nahm dabei mein Gesicht in seine großen Hände. Behutsam strich er mit seinen Daumen über meine Wangen und lächelte mich währenddessen verschmitzt an. "Gut und dir?", erwiderte ich ebenfalls lächelnd. Ich kämpfte mit den Tränen, doch wieso ich in seiner Nähe immer weinen musste, das wusste ich nicht. Ich musste jedenfalls schwer mit mir selber kämpfen und siegte schließlich, niemand sollte meine Schwächen sehen. Er nickte bloß als Antwort, doch schlagartig verzerrte sich sein Gesichtsausdruck und er sah mich nun ernst an. "Das war letztens aber nicht dein ernst, oder? Sag mir, dass du nur verwirrt warst. Bitte. Du bist alles für mich.."
"Burak..", sprach ich seufzend und zögerlich zugleich. Ich wartete ein bisschen und fuhr schließlich fort. "Ich weiß nicht. Du bist so plötzlich zurück in mein Leben getreten und das nach zwei Jahren. Ich weiß nicht, ob ich noch etwas empfinde, aber ich glaube schon. Vielleicht war das ja nur eine plötzliche Reflexsituation, aber das war nicht ernst gemeint."
Seine Mundwinkel schossen in die Höhe und einmal lachte er laut auf. "Weißt du was das heißt?", fragte er mich nun. Ich schüttelte bloß den Kopf und lauschte seelenruhig seinen besinnlichen Worten. "Das heißt, du und ich. Wir, für immer. Nichts und niemand wird uns trennen, nie wieder!" Mit dieser Aussage zauberte er mir ein Lächeln ins Gesicht und ich bekam nun mit, wie er sich meinem Gesicht näherte. Noch immer lächelte er und hatte bereits seine Augen geschlossen, bis mir klar wurde, was wir überhaupt taten. Er näherte sich mir immernoch, was mittlerweile fast unmöglich war und drückte mich ruckartig dichter an sich heran. Plötzlich bekam ich es mit der Angst zu tun, während ich bereits diesen unfassbar angenehmen Atem auf meine Lippen prallen spürte. Die Angst plagte mich, ich wollte ihn nicht küssen. Je weiter er sich nach vorne beugte, desto mehr entfernte ich meinen Kopf von ihm. Kurz bevor er seine Lippen auf meine drückte, rief ich jedoch entsetzt "Stop!" und beobachtete währenddessen seine Augen, wie er sie aufriss. Ich befreite mich von seinem Griff und versuchte mich zu beruhigen.
DU LIEST GERADE
Ömür Boyu (Ein Leben lang)
Romance"Rede doch mit mir.", sein Atem prallte auf mein Gesicht, wodurch sein ekelhafter Mundgeruch in meine Nase einzog. Mein Herz raste wie wild, was wollte er von mir? Die Angst stieg immer weiter in mir auf. Er kam immer näher und immernoch versuchte i...