Kapitel 15

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Genervt schnaubte ich auf, absichtlich hörbar und laut.
"Was willst du denn von mir? Kannst du mich nicht in Ruhe lassen."
Auf seinen Lippen bildete sich sofort ein Lächeln.
"Nö.", kam es kurz und knapp von ihm.
Ich rollte meine Augen und beobachtete ihn dabei, wie er sich auf die andere Seite des Bierkastens setzte, auf welchem ich saß. Wir saßen ziemlich nah aneinander, sodass sich unsere Beine berührten und wir uns Schulter an Schulter reglos in die Augen starrten. Sein Lächeln war immernoch nicht vergangen. "Ich will dich kennenlernen, gib mir doch diese Chance.", bat er mich.
"Ich verstehe dein verdammtes Problem nicht." Gerade wollte ich weiter sprechen, da unterbrach er mich.
"Mein verdammtes Problem ist, dass du mir nicht mehr aus dem Kopf gehst. Ich will einen einzigen schönen Tag mit dir verbringen, danach kannst du immernoch den Kontakt abbrechen, wenn du mich nicht magst. Das wird aber nicht passieren.", zwinkerte er.
Erstaunt über seine Worte bildete sich ein unbewusstes Lächeln auf meinen Lippen. Ich ging ihm nicht mehr aus dem Kopf? Inwiefern? Ich hatte schon länger Interesse daran, hinter seine Fassade zu blicken, doch ich musste Tunas Worte bedenken. Ich war mir sehr unsicher, doch meine Neugier war am Siegen.
"Komm schon.", er lachte auf. "Nach diesem einen Tag kannst du dich entscheiden, ob wir in Kontakt bleiben oder nicht."
Ich war fest entschlossen und zögerte nicht lange. Meiner Meinung nach lag es daran, dass ich an Einsamkeit litt. Da ich mich weder bei meinem Vater, noch bei meinem Bruder und jetzt nicht einmal bei meinem besten Freund sicher fühlen konnte und mir dieses Gefühl von Geborgenheit fehlte, entschied ich mich dafür, etwas mit Bugra zu unternehmen, in der Hoffnung er könnte vielleicht in der Lage sein, diese Lücke zu vervollständigen. Ob das nun richtig oder falsch war, wusste ich nicht, doch ich wollte es probieren und meinem Bauchgefühl folgen. Die Warnungen würden sich immer in meinen Hintergedanken befinden und zu nah würde ich Bugra nicht kommen.
"Ok.", gab ich kurzerhand von mir. Nun hörte ich Bugra beim durchatmen zu. Er setzte wieder dieses unglaublich tolle Lächeln auf, welches verschmitzt in sein makelloses Gesicht geschrieben war und dieses gemeinsam mit seinen durchbohrenden Blicken schmückte. Ich hatte das Gefühl von Erleichterung, was er offensichtlich ebenfalls empfand.
"Hast du was am Wochenende vor, oder darf ich dich entführen?"
Eigentlich hatte ich schon etwas mit Aylin besprochen, doch da wir uns sowieso nicht festgelegt hatten, antwortete ich ihm ziemlich entschlossen. "Ich hab Zeit.", sprach ich kurz und knapp aus.
"Gut, dann machen wir etwas schönes aus diesem Tag." nickend bestätigte ich seine Aussage.
Erneut lächelte er und mir kam es so vor, als würde er über etwas nachdenken.

"Also dann, bis Morgen."
Ohne meine Antwort abzuwarten und ohne, dass ihm das Lächeln entgangen war, schritt er summend weg.
"Idiot.", murmelte ich lächelnd vor mich hin, als ich mich schließlich erneut an die Arbeit machte.
Den restlichen Arbeitstag widmete ich dem Wochenende, was wir wohl machen würden? Ich dachte ziemlich viel nach und war zumal sehr unkonzentriert. Ali sprach mich zwar darauf an, doch ich hatte keine Lust, ihm etwas darüber zu erzählen, weshalb ich sämtliche Fragen, was mit mir los sei, abwies. Ich redete nicht gerne mit Menschen über vertraute Sachen. Die einzigen Personen, mit denen ich über alles sprach waren Aylin und Tuna.

Ich verabschiedete mich von Ali und machte mich auch schon auf den Weg nach Hause. Zu Hause angekommen, wechselte ich meine Klamotten und machte es mir gemütlich. Ich nahm mir meinen Laptop zu Hand und sah mir einige Filme an, welche ich jedoch als langweilig empfand und immer wieder unterbrach.
Ich bemerkte eine Nachricht und als ich daraufging, erkannte ich den Namen von Bugra. Er schrieb mir, dass er mich am nächsten Tag um 13 Uhr abholen würde und ich am besten eine einfache Tasche mit den nötigsten Sachen zusammenpacken sollte. Ich wurde etwas skeptisch, doch schließlich ging ich der Forderung nach. Allzuviel packte ich nicht ein, sodass mir eine kleine Tasche genügte. Ich sprang noch unter die Dusche und legte mich anschließend schlafen.

Am nächsten Morgen musste ich vorerst Aylin darüber benachrichtigen, dass mir etwas dazwischen gekommen war. Ich wollte ihr nichts über das Treffen mit Bugra erzählen, sie würde heftig austicken. Ich gab niemandem darüber Bescheid, dass ich womöglich einen Großteil des Wochenendes über weg war und Aylin hakte nicht weiter nach.

Meine Haare ließ ich glatt über meine Schultern fallen, tuschte mir die Wimpern, betonte meine Wangenknochen mit etwas Puder und zog mich schließlich um. Ich entschied mich für ein knielanges, weißes Spitzenkleid, welches ich mit meinen roten Chucks und einer goldenen Statement-Kette kombinierte. Ich wollte mich nicht besonders hübsch machen, weshalb ich alles ziemlich schlicht hielt. Als ich auf die Uhr sah, fiel mir auf, dass er bereits da sein müsste. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte meinen Gedanken und ich flitzte anschließend mit meiner Tasche die Treppen hinunter. Unten an der Türe wartete bereits Bugra, welcher mich mit seinen durchbohrenden Blicken musterte und sich anschließend seine Augen weiteten. Ohne zu zögern nahm er mir die Tasche ab, was ich dankend annahm.
"Du siehst toll aus.", kam es in einem neutralen Ton von ihm. Diese Reife und diese unglaublich männliche Art war in meinen Augen unfassbar Ansehenswert.
"Danke.", gab ich uninteressiert von mir, während er mir die Beifahrertüre aufhielt und ich sichtlich lustlos einstieg.
Das konnte ja noch was werden!

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Danke an jeden einzelnen von euch ♥️

Ömür Boyu (Ein Leben lang)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt