~mysterious game~*

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Handys waren streng verboten im Unterricht, doch trotzdem erwischten die Lehrerinnen und Lehrer immer wieder irgendeinen Schüler, der sich nicht an diese Regel hielt.

Es hielt sich normalerweise in einem gesunden Maße und diejenigen, die einmal erwischt wurden, machten den selben Fehler nicht noch einmal.

Doch in letzter Zeit schien dieses Gleichgewicht der Regelung aus den Fugen zu geraten, denn immer mehr Schülerinnen meiner Klasse, wahrscheinlich der ganzen Schule, tippten heimlich auf ihren Mobiltelefonen herum und lächelten total hingerissen.

Nao und ich waren schon seit Tagen am Rätseln, was es sein könnte, was diese ganzen Mädchen so sehr in ihren Bann zog, dass sie sogar eine wichtige Schulregel missachteten.

"Vielleicht ... vielleicht schauen sie sich heimlich irgendwelche schnulzigen Romanzen an.", flüsterte Nao plötzlich von hinten und ich drehte meinen Kopf zu ihm um.
"Setz dich wieder hin. Und nein, das kann es nicht sein, als ob sie sich das Zeug stumm ansehen.", zischte ich zurück und widmete mich wieder der Aufgabenstellung, die wir gerade besprachen.

"Aber vielleicht ... also nur vielleicht, vielleicht haben ja auch plötzlich alle einen Freund. Wenn auch nur virtuell.", versuchte es Nao ein weiteres mal und ich musste Schmunzeln.
"Denkst du wirklich selbst die könnten so tief sinken?"
"Es ist mir die einzige Erklärung. Immerhin sind es nur die Mädchen, die an ihrem Telefon hängen, es muss etwas in der Art sein. Ein Dating-Sim Spiel vielleicht, Hanayo."

"Sasaki, RAUS!", rief plötzlich unsere Lehrerin durch den Raum und ich erstarrte wohl genauso wie Nao in diesem Moment.
"Aber ich ..."
Die strenge Lehrerin setzte diesen einen Blick ein, der einfach keine Wiederworte zuließ und Nao hob entschuldigend die Hände und trottete aus dem Klassenraum.

So lief es häufiger mal ab. Nao hatte ein riesiges Redebedürfnis und das einfach zu jeder Zeit. Meistens in den ungelegensten Momenten.
Da ich eher eine ruhigere Person war, die nicht viel zu sagen hatte, hatte er bei mir immer genau die richtige Gelegenheit, um sein Bedürfnis zu stillen und mich vollzuquasseln. Für mich wurde es bisher nicht zum Verhängnis im Unterricht, Nao ist diese Woche schon das zweite Mal vor der Tür gelandet und ich würde lügen, würde ich sagen, es würde mich kein bisschen amüsieren.

Den restlichen Tage hatte Nao ohne reden ausgehalten, jedenfalls mitten im Unterricht hatte er es unterlassen.
Jetzt aber laberte er mich wieder zu und spekulierte über dieses Dating-Spiel, welches er hinter den Handybildschirmen der Mädchen unserer Schule vermutete.

"Hanayo, du bist ein Mädchen, warum fragst du nicht die anderen, was sie da Spielen. Oder mit wem sie schreiben. Vielleicht vertrauen sie es dir an, weil du ja auch ein Mädchen bist.", überlegte er und strich sich seine viel zu langen, schwarzen Haare aus der Stirn.
"Du solltest sie schneiden lassen."
"Was?", fragte mein bester Freund irritiert und ich deutete auf seine Haare.

"Hör auf abzulenken. Das ist wichtig."
"Für mich nicht. Dann habe ich wenigstens mal Ruhe vor denen. Lass sie nur, in einer Woche ist es wieder vorbei, okay? Spätestens wenn die erste ankommt und mir sagt, dass ich meine Brille doch lieber gegen Kontaktlinsen tauschen sollte, damit ich nicht so aussehe wie ein Bücherwurm, dann ist wieder alles beim Alten."

Die Mädchen an unserer Schule legten leider sehr großen Wert auf ihr Aussehen, auch wenn wir alle Schuluniformen trugen und nur schlichtes Make Up erlaubt war. Aber das hinderte keine Schülerin daran Kritik an anderen auszusetzen.
Vor allem an mir, da ich nicht gerade das Vorzeigemädchen war.

"Aber ich verstehe das einfach nicht. Es gibt keinen Trend, den ich nicht mitbekomme. Und diesen sehen wir jeden Tag in der Schule und ich weiß nicht, was sich dahinter verbirgt."
"Du bist echt der einzige Typ, den das interessiert. Wir sehen uns morgen. Verrücktes Kind."

"He, hör auf mich ein Kind zu nennen, du bist nur vier Tage älter als ich!", rief er mir hinterher und dann hatte ich auch schon die Haustür geschlossen. Oups.

Es dauerte nicht lange, bis meine Mutter irgendetwas aus der Küche rief. Aber ich war schneller und rannte hoch in mein Zimmer, schloss die Tür ab und pfefferte meine Tasche in irgendeine Zimmerecke.
Ich öffnete meine Bluse, da sie mir auf Dauer zu ungemütlich war, zog meine Gitarre aus dem Halter und pflanzte mich mit dem Instrument aufs Bett.

Häufig nach der Schule setzte ich mich einfach in mein stilles Zimmer, klimperte ein wenig auf meiner Gitarre herum und komponierte irgendwelche Melodien. Es entspannte mich und versetzte mich in eine andere Welt. In eine Welt voller Klänge und Melodien, voller Instrumente und wunderbaren Texten.

Gegen sechs breitete sich ein toller Geruch in meinem Zimmer aus und so langsam bekam ich auch hunger.
Ich lief nach unten und setzte mich an den Esstisch, der bereits gut gefüllt war mit Reis, Fisch und einer Menge Gemüse.
Irgendwann gesellte sich meine jüngere Schwester Miaka an den Tisch. In ihrer Hand befand sich ihr Handy und sie sah mit strahlenden Augen auf den Bildschirm.

"Mit wem schreibst du da?", fragte ich neugierig und wurde sofort mit einem bösen Blick gestraft.
"Ich schreibe mit niemandem, ich spiele ein Otome Game.", keifte sie zurück.

Meine Schwester war schon immer zickig gewesen ... aber so zickig habe ich sie schon lange nicht mehr erlebt.
"Darf ich mal sehen?", fragte ich mit zuckersüßer Stimme nach und versuchte nach ihrem Mobiltelefon zu greifen, aber sie zog es schnell aus meiner Reichweite.
"Lad dir das Spiel selbst runter!"
Ich verdrehte die Augen.
"Und wie heißt das Spiel bitte?"

Ich hatte nicht sonderlich Lust ein Dating-Game zu zocken, aber es konnte gut sein, dass das der Trend war, dem Nao einfach nicht auf die Spur kam. Also warum sollte ich ihm nicht helfen dieses Rätsel zu lösen.
"Willst du mich verarschen? Seit wann spielst du denn Mädchenspiele? Willst du das alles wissen, weil Nao und du wieder was planen?", fragte die Fünfzehnjärhige misstrauisch und schaltete ihr Handy auf stand by.
"Ehrlich gesagt will er nur wissen, warum plötzlich alle Mädchen vor ihren Handys rumhocken. Und ich glaube du spielst das selbe Spiel wie alle anderen oder? Hör auf so paranoid zu sein und sag mir einfach wie es heißt.", sagte ich genervt und ein kleiner Starrwettstreit hatte begonnen.
Dieser wurde aber schnell unterbrochen, als Mom reinkam und das restliche Essen auf den Tisch stellte.


otome game || btsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt