~exchanged emotions~*

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Wieder liefen wir durch die kalten Straßen.
Mittlerweile hatte ich von Jungkook erfahren, dass wir in Seoul waren. Eine virtuelle Version davon zumindest.
Jimin war weiter vorgelaufen, mit dem konnte man sowieso kein normales Wort mehr sprechen.

"Sie sind alle so drauf, seit du heute Nachmittag gegangen bist. Es ist, als hätten sie untereinander ihre Launen getauscht.", erklärte Jungkook.
"Und was ist mit dir? Warst du nicht von vornerein der Schüchterne von denen?"
"Ich halte mich einfach gerne zurück. In dieser Sache auszurasten oder sich danebenzubenehmen, scheint mir nicht die richtige Lösung.", meinte Jungkook.

"Sehr erwachsen.", musste ich gestehen.
Doch Jungkook riss die Augen erschrocken auf, statt wie erhofft einfach zu nicken und es auf sich beruhen zu lassen.
"Was ist los mit dir?"
"A-ach nichts, schon gut."

Irgendwie bedrückt und total erschrocken, hatte Jungkook den Kopf gesengt und ging mir nun aus dem Weg. Er hatte zu Jimin aufgeholt und lief stumm neben ihm her.
Ich lief weiter hinter den beiden und sah mich um.

Diese Gruselgestalten ohne richtigen Körper, ohne Gesicht, es kam mir vor, als starrten sie mich allesamt an.
Die Gegend jedoch schien ganz normal, als war ich wirklich in Seoul gelandet.
Kein Gebäude enthielt irgendwelche Pixel und auch nichts flackerte hier so, wie die unwichtigen Schattencharaktere.

Das war mehr als seltsam, aber alles an der ganzen Sache war seltsam, also warum sollte ich mir noch über solche Kleinigkeiten den Kopf zerbrechen.
Stattdessen hatte ich Angst, dass meine heißgeliebte Gitarre hierbleiben musste, wenn ich zurücksprang, ehe ich sie mir wieder schnappen konnte.

"Warum ziehst du so ein Gesicht? Los komm, hier müssen wir rein."
Jimin steuerte ein Restaurant an. Es wirkte einladend und warm. Und extrem teuer.
"Ich habe kein Geld. Hier muss man seine Rechnungen sicherlich auch mit Geld begleichen oder?", fragte ich, nicht gerade begeistert von dem Etablissement.
"Ja, aber dafür sorgen wir. Wir sind in jeder Geschichte darauf programiert, dem Charakter des Steuerers so einiges auszugeben. Bei dir ist es eben der Restaurantbesuch.", erklärte Jungkook nüchtern und betrat direkt hinter Jimin das exklusive Gebäude.

"Das ist doch sowas von verrückt hier.", murmelte ich und stieg ebenfalls die Stufen hinauf und passierte den dicken, roten Samtvorhang, der die eigentliche Tür bedeckte, die scheinbar immer offen stand.
Unsere Mäntel wurden uns abgenommen, von keinen anderen, als den flimmernden Nebencharakteren in diesem Spiel. Die beiden Männer liefen daraufhin zielstrebig durch das Restaurant, während ich mich etwas sträubte bei den Schatten und meine Jacke selbst auszogehe ich sie mit ausgestrecktem Arm dieser seltsamen Gestalt überreichte.

Die anderen beiden waren schon längst verschwunden und so lief ich durch das ziemlich leere Restaurant.
Hier war es recht dunkel, alles war viel zu teuer eingerichtet und es wirkte bedrückend und eng, obwohl doch alles sehr groß und weiträumig war. So als würde mich das ganze Geld, das hier eingeflossen zu sein schien, unter sich begraben und ersticken lassen.
Was von außen so gemütlich aussah, sah von innen einfach nur noch protzig und übertrieben aus.

Wie konnte den ganzen Mädchen, die dieses Spiel spielten, so etwas gefallen? Das hatte doch keinen Charme.
Na gut, sie sahen das Ganze wohl auch nur als Zeichnung im Hintergrund und nicht so lebensecht, wie ich in diesem Moment. Aber das war eine andere Sache.


Alle sieben aus der Gruppe hatten sich um einen großen, runden Tisch versammelt, so dass jeder jeden sehen konnte. Ein Stuhl war noch frei.
Ich setzte mich zögerlich und wurde zunächst eingehend beobachtet.
Da ich dieses mal keine Lust hatte weitere Agressionen zu provozieren, ließ ich die Starrereien einfach über mich ergehen und studierte eine der Speisekarten, die hier herumlagen.

"Warum gibt es denn nur ein Gericht? Hanjeongsik? Richtig?", fragte ich in die Runde, während ich versuchte die koreanischen Buchstaben zu entziffern.
"Ja, stimmt. Ich frage mich, warum das Gericht in Hangul dort steht. Du hast die Sprache doch auf japanisch eingestellt. Und bisher ist jedes Wort auf dem Bildschirm auf dieser Sprache aufgetaucht, auch wir sprechen japanisch mit dir. Das ist seltsam.", sagte Jungkook überlegend.
"Vielleicht ein Bug?", gab ich zu bedenken.

"Jedenfalls sind wir hier, weil wir die Produktion des ersten gemeinsamen Songs mit dir besprechen wollen. Wir möchten nur ein paar Dinge klarstellen.", meldete sich der eigentlich Grimmige zu Wort, welcher nun ein offenes Lächeln zeigte.
"Yoongi hat recht, wir spielen jetzt einfach unsere eigene Geschichte und produzieren irgendwie einen Song.", schaltete sich Jin ein und lächelte noch breiter, als es Yoongi tat.

Ich sah mich um, alle verhielten sich wirklich etwas anders, als bei meinem letzten Besuch. Jungkook hatte nicht gelogen, als er sagte, dass alle irgendwie ihre Launen getauscht haben mussten.
"Ehm ... okay, Produktion eines Songs. Ihr wollt doch nicht etwa, dass ich einen Song zusammen mit euch singe oder? Das könnt ihr vergessen!"
"Nein, wir haben eine Komponistin gesucht. Du bist doch Songwriter, oder nicht?
Und ein bisschen mit einem Mischpult herumprobieren wirst du sicherlich auch hinbekommen. Jedenfalls bist du dabei nicht alleine, wir müssen uns wohl dabei abwechseln dir zu helfen, du hast ja uns alle gewählt.", kam es von Jimin. Er hatte die Arme vor der Brust verschrängt und schien ziemlich genervt zu sein.

Hatte er die Launen des Grummeligen abbekommen?
"Na, jedenfalls, wenn wir schonmal hier sind, können wir doch auch was essen oder? Ich habe einen Mordshuger!", sagte ich.
Einerseits, um abzulenken, andererseits, da ich wirklich einen riesigen Hunger hatte.
"Warte kurz. Du musst zustimmen, dass du mit uns diesen Song schreibst. Das ... gehört jetzt zu dieser Geschichte, deine wohl erste, richtige Wahlmöglichkeit.", sagte Jungkook und alle sahen mich mehr oder weniger interessiert wartend an.

"Ja, ja, ist ja schon gut, ich machs, hauptsache ich bekomme was zu Essen und kann wieder zurück in meine Welt.", sagte ich und fing an nach einem Kellner zu rufen.

Als ich mich wieder zu den anderen Umsehen wollte, blickte ich auf eine vollbefahrene Straße.
Ich saß auf dem Boden, er war nicht voller Schnee, noch war es hier kalt. Es war sogar viel zu warm, denn ich trug immer noch den kuscheligen Pullover und die lange Jeans.
Ich war wieder zurückgesprungen?

Das Handy in der kleinen Tasche, die ich mitgenommen hatte, gab ein Klimpern von sich und ich nahm es heraus.
Dort stand, dass meine Gitarre in guten Händen war und ich sie beim nächsten Mal nicht vergessen sollte. Meine Güte, war das gruselig. Und gleichzeitig mehr als ärgerlich, weil ich nun mein geliebtes Baby in diesem total wirren Spiel gelassen hatte.

Jammernd stand ich auf und fischte meine Brille aus der Tasche. Es musste nun mitten in der Nacht sein, dabei schien es mir gar nicht so lange, dass ich weg war.
Ich trottete nach Hause, klingelte an der Tür und trat schließlich etwas angeschlagen ein.

"Wo ist denn deine Gitarre, Liebling?", fragte meine Mom verschlafen, als sie mir nach meiner Klingelaktion die Tür öffnete. Dad schlief sicherlich wie ein Stein, mit seinen Schlaftabletten.
"Ich habe sie so lange im Café gelassen, weil ich mir noch ein wenig mit Nao und seiner Freundin die restliche Show angesehen habe. Der Besitzer sagte, ich kann sie die Tage abholen kommen."

"Okay.", sagte Mom nicht gerade überzeugt, aber dann wechselte sie direkt das Thema.
"Du sagst, Nao hat eine Freundin? Och, zu schade ... lass uns ein wenig plaudern, Hanayo. Hast du dort vielleicht jemanden kennengelernt?
Vielleicht einen Jungen, der gut gebaut ist?", fragte sie mich aus und es führte kein Weg an ihren Fragen vorbei.

Nachdem ich dann alle offenen Fragen nach einem möglichen, zukünftigen Schwiegersohn beantwortet hette, den meine Mom sich so ersehnte, kam ich dann endlich ins Bett.


otome game || btsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt