Der Moment, in dem... #5

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Sprachlos tapste ich auf dem knarrenden Dielenboden zu meinem großen Holzbett, das neben meinem Schreibtisch stand.

Wie auf Drogen ließ ich mich einfach nur auf mein Bett fallen, ohne jegliche Gedanken außer, der Gedanke dass ich mir sicher war, dass ich nun endgültig mein ganzes Leben vermasselt hatte.
Jakob hatte mich dazu angestiftet einen Jungen zuschlagen. Einen unschuldigen Jungen. Und ich hatte es auch noch ohne wenn und aber zugelassen.
Jetzt wäre also nicht nur meine ganze Familie verkorkst, ich auch. Aber ich musste hinter Jakob stehen, außer ihm hatte ich nichts mehr und niemanden.
Schon wieder verfluchte ich die dämliche Krankheit meiner Mutter, die sie zum Sterben verurteilte. Seufzend starrte ich an die Holzdecke.

~PoV: Manuel~

"Oh, Gott! Was hast du da?" Meine Mutter kam hysterisch kreischend auf mich zu gerannt und musterte sofort meinen blau, lilanen Fleck, den mir der braunhaarige genau auf meinen Wangenknochen verpasst hatte.
"Ist alles gut, ich hatte nur eine kleine Auseinandersetzung mit-" "Wer sind die Typen? Ich über fahr sie mit einem Laster, diese Mistkerle!", unterbrach sie mich und schaute immer noch wütend auf den Fleck, woraufhin ich Augenblick anfangen musste zu schmunzeln.

Meine Mutter war zwar überfürsorglich, aber in diesem Dasein war sie echt die coolste Person, die ich je gesehen hatte.

"Haha, schon alles gut. Schau dir lieber mal das an. Dann wirst du mich verdräschen wollen.", gab ich zwinkernd zurück und hielt ihr mein Zeugnis entgegen, was sie mir mit einem warnenden Blick entgegen nahm.
Verzweifelt wartete ich auf ihre Rückmeldung, doch es kam einfach nichts.
"Ok, der Moment ist tatsächlich gekommen...", flüsterte sie kaum hörbar und machte mich neugierig.

Der Moment, in dem sie mich umbringen würde wegen einem Zeugnis oder der Moment, in dem sie endlich einsah, dass unser Schulsystem einfach nur der größte Dreck war?
Sie richtete ihren Blick von dem Heft ab und schaute in meine Augen.
"Der Moment, in dem ich mein Kind tatsächlich in ein Feriencamp schicken werde."
Mir stockte der Atem.

"Nein, ich werde da nicht hin gehen!", rief ich durch mein Zimmer, sodass meine Mutter es hinter der Tür auch hören konnte. "Aber Schatz, die haben da tolle Angebote. Sie bieten sogar auch einen Kunstkurs an. Du hast doch früher immer so gern gezeichnet.", flehte sie die verschlossene Tür an. "Ja, aber das war auch vor fünf Jahren!", konterte ich und fuhr mir fluchend durch meine dunkelbraunen Haare, die mir bereits im Gesicht hingen.
Eine Weile sagte keiner etwas. War sie etwa gegangen?

'Ein Feriencamp, will sie mich etwa töten?', schwirrte es in meinem Kopf umher. Plötzlich durchzog mich ein fürchterlicher Schmerz an meiner Wange, der Junge hatte mich echt hart getroffen. Nun ja, das einzig gute an so einem Feriencamp war, dass ich ihn zu sehr hoher Wahrscheinlichkeit erst mal nicht wieder sehen würde, das würde mich schon mal erleichtern.

'Und sind wir doch mal ehrlich,', ich ließ mich auf mein Bet fallen,' meine Mutter würde diese Diskussion so oder so gewinnen.' Denn was mich anging war sie, seit sie sich von meinem Vater getrennt hatte ziemlich durchsetzungsfähig. 'Vielleicht würde es auch gar nicht so schlimm werden.', beruhigte ich mich selbst und startete meinen Pc.

Stunden, Stunden völliger Ahnungslosigkeit saß ich vor meinem Pc und durchsuchte das Netz nach Wohnungen in meiner Nähe, informierte mich über die Preise, die Zustände und schrieb ab und zu ein paar Favoriten auf ein Blatt Papier.
Nadine und ich hatten uns vor ein paar Monaten entschieden zusammenzuziehen, denn Nadine hatte zu ihren Eltern überhaupt keinen guten Draht und wollte einfach nur noch weg von ihnen. Schon seit ich sie kannte waren ihre Eltern nie zu Hause und wenn sie zufälliger Weise einmal da waren, waren sie entweder betrunken oder rauchend vor dem Fernseher gesessen.
Nadine war so ein starkes Mädchen, schon seit ich sie vor neun Jahren kennen lernte strahlte sie. Sie strahlte immer, egal ob es ihr schlecht ging, ihre Eltern ihr das Leben mal wieder zur Hölle machten oder sie selbst Probleme hatte- sie strahlte.

Die Wohnung in der meine Mutter und ich wohnten war auch ziemlich klein, weshalb es sich wirklich lohnte auszuziehen, da wir auch das nötige Geld dafür besaßen durch den Job meiner Mutter. Ich wusste, nach diesem Meilenstein, den Umzug in eine gemeinsame Wohnung, würde alles besser werden.

R.E.A.L. -Glpalle ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt