Landscape

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Ich stolperte ein paar Schritte zurück und sah nochmals zu Chanyeols Knie.
Weg!
Die Wunde war weg! Da war nichts mehr außer verheilter Haut! Dabei hatte ich das ganze Blut genau gesehen, das hatte ich mir nicht eingebildet und das war mehr als nur sicher und garantiert würde Chanyeol mir das nicht ausreden können.
"D...Dein K...Knie" stotterte ich und zeigte direkt auf die aufgerissene Stelle in seiner Jeans.

Er sah an sich hinunter und riss schließlich die Augen auf, als hätte er eben selber mitbekommen, was ich gesehen hatte. "Nur ein bisschen eingehauen." Das wird schon wieder." Tat er locker ab und lief weiter, als hätte sein Knie sich nicht eben selber geheilt. Das war unmöglich!
"Ich mag diese Landschaft. Sie ist so beruhigend." grinste Chanyeol und sog die Luft genießerisch ein, während ich ihn schief anstarrte und kurz vor einem Anfall stand. "Ich lauf hier gerne durch die Wälder, wenn mir langweilig ist. Man entdeckt immer etwas neues."

So was wie, dass sich sein Knie selber geheilt hatte?! Konnte ich mir mit Beherrschung verkneifen zu sagen und versuchte es vielleicht doch nur auf Einbildung zu schieben.
Aber die Sache mit meinem Handy und dem Wind in meinem Zimmer und dieser Stimme hatte ich mir auch nicht eingebildet, das war wirklich da!
Chanyeol plapperte bestimmt bald eine halbe Stunde über die Schönheit der Landschaft um uns herum, als wolle er mich davon ablenken, dass ich eben das mit seinem Knie gesehen hatte.
Denn den kurzen Blick in seinen Augen, als er zu mir sah hatte ich genau gesehen, er hatte gesehen, dass ich sein heilendes Knie beobachtet hatte und sagte mir trotzdem nicht wie zur Hölle das möglich war.
Was mich nun wirklich mehr als verstörte.

Ich blieb still und versuchte mich auf Chanyeols Plapperanfall einzulassen und mich tatsächlich darauf zu beschränken, dass ich anfing verrückt zu werden und irgendwelches Zeug zu sehen, dass nie da war, denn vielleicht hätte Chanyeols Jeans ja schon aufgerissen sein können, soetwas heute zu tragen war im Trend, es hätte aber auch die Jeans sein können, mit der er hinfiel, als ich Milch bei ihm holen wollte.

An einer Art Lichtung hielten wir und Chanyeol deutete auf ein rotes Dach in der Ferne des wieder angrenzenden Waldes. "Dahinten haben wir alle gewohnt." Erzählte er mir.
Irgendwie war es merkwürdig, es wäre nicht so dass ich ihm die Geschichte mit ihm seiner Familie und die der anderen Fünf nicht glaubte, aber komisch war es schon.
Sie lebten alle zusammen, hatten die selbe Hautkrankheit und ihre Eltern starben alle zusammen bei einem Flugzeugabsturz, als alle Paare in den Urlaub fliegen wollten und das gemeinsam.
Klar solche Fälle gab es, aber unglaublich das ausgerechnet ich jemanden kennenlernte, der mehr oder weniger Teil einer eines solchen Phänomens war.
"Vor den Häusern ist ein super kalter See in den wir uns gegenseitig geschubst haben." lachte er und seufzte in Erinnerungen an die guten alten Zeiten, als wäre er nicht hier, sondern in seiner Vergangenheit.

"Dann habt ihr tatsächlich wirklich extrem weit Außerhalb gewohnt." Stellte ich fest und sah mich um.
Chanyeol lachte. "Meinte ich doch." gab er nur von sich und hatte nicht vor näher heranzugehen, als er sich in das Gras setzte und mich auffordernd ansah es ihm gleich zu tun.
Ich ließ mich neben ihn ins Gras sinken und sah in den blauen Sommerhimmel, der schon dem Herbst etwas näher kam.
Übertrieben zog ich die kühle Luft ein und seufzte, als ich mich in das satte grüne Gras legte und es tatsächlich genoss, dass meine Eltern beschlossen hatten aufs Land zu ziehen.
Ich hatte mich in keiner Silbe mehr gegen diesen Umzug gesträubt und hatte mich damit erfolgreich abgefunden.

"Was hast du nach dem Abschluss vor?" Zog Chanyeol mich plötzlich aus meinen Gedanken heraus. Ich überlegte einen Moment. Oft hatte ich mit dem Gedanken gespielt Musik und Tanz zu studieren und professionelle Tänzerin zu werden, aber dafür war ich meinem Hobby hier zu wenig nachgegangen, es war als wäre es nur etwas gewesen, dass in Seoul zu mir gepasst hätte und mir nun fremd war.
Ich hatte auch überlegt Literatur zu studieren. Ich las viel und wollte selber irgendwann einmal meine eigenen Bücher schreiben und mein Geld damit verdienen, aber sicher war ich mir da noch nicht, obwohl ich mich langsam mal fest legen sollte. Ich hatte nur noch dieses Jahr, bevor ich ins wirkliche Leben geschmissen würde und einen Job brauchte um zu überleben.

"Ich weiß es noch nicht." Murmelte ich und setzte mich wieder auf. "Was willst du machen?" fragte ich nach. Er lachte kurz bevor er sprach. "Ich will das Land sehen, die Welt. Mein ganzes Leben über hing ich hier fest und hatte nie einen Plan über das Leben in anderen Kulturen oder Städten."
Ich war davon tatsächlich überrascht aber sein Plan klang logisch. Nach der Schule war er losgelassen von sämtlichen Einschränkungen und genügend Geld für eine solche Reise schien er auch zu haben.
"Du kannst ja mit kommen. Dann hast du vielleicht danach eine Ahnung was du machen willst." meinte er munter, als würden wir uns ewig kennen und als wäre das nicht erst unsere erste richtige Unterhaltung. Aber seine Idee mich mitzunehmen war wirklich niedlich und gut gemeint.
Lächelnd schüttelte ich jedoch den Kopf. Wir kannten uns kaum. Klar konnte sich das noch ändern, aber bestimmt würde er viel lieber einen von seinen Jungs mitnehmen, als mich, seine Nachbarin.
"Tolle Idee, aber ich denke ich komme in diesem Jahr noch zu einem Entschluss." Ließ ich ihn wissen und hörte zustimmendes gegrummel seiner Seits.

Bestimmt eine Stunde saßen wir hier und das Knie war wie vergessen für mich, als wäre es nie passiert. Ich konzentrierte mich vollkommen auf die unglaubliche Landschaft um mich herum und die roten Dächer in der Ferne.
Grob wurde ich aus meinem Genießen geholt, als mein Handy losklingelte.
Eilig zog ich es aus meiner Hosentasche und nahm den Anruf an.

"Aidae! Wo bist du?" Ertönte meine Mutter sofort ziemlich besorgt. Ich seufzte. Hatte ich ihr denn ich erzählt, dass ich raus gehe? "Ich bin mit Chanyeol spazieren, das hatte ich euch doch gesagt." Erklärte ich ihr eilig.
Sie gab einen erleichterten Laut von sich und wiederholte meine Worte eilig. "Aber so lange?" harkte sie nach.
Ich nickte, auch wenn sie es nicht sehen würde.
"Die Landschaft ist wunderbar, da kann man nicht einfach die Augen von lassen." lächelte ich und sah die Lichtung entlang.
Eomma lachte.
"Jaja. Der Junge ist schon ganz süß. Aber ein paar Freunde von dir sind hier und wollen noch etwas mit dir unternehmen." gab meine Mutter mir durchs Handy durch.
Verwundert verzog ich mein Gesicht.
"Und  wer?" Harkte ich nach. "Irene und Krystal. Die beiden sind doch auf deiner Schule oder?" Ich seufzte und murmelte ein ja, als ich aufstand und Chanyeol mich ebenso verwundert ansah.
"Richte den beiden aus, dass ich in einer dreiviertel Stunde wieder da bin. Sie können meinetwegen in meinem Zimmer warten." gab ich ihr auf und legte auf.

Wenig begeistert sah ich zu dem größeren. "Ich hab Besuch und muss wieder zurück, aber der kleine Ausflug war wirklich schön Chanyeol." Lächelte ich ihm zu. Er erwiederte es breit und warm und nickte. "Freut mich das zu hören. Ich bringe dich noch zurück." Merkte er an und setzte dies tatsächlich um.
Bis vor die Haustür lief er neben mir und wich mir nicht von der Seite, wie auf dem Hinweg zog er die Äste weg, die mir im Gesicht gelandet wären, nur redeten wir diesmal nicht. Doch trotzdem war die Stimmung ruhig und ausgeglichen, als wären wir seit Ewigkeiten Freunde und hätten heute nicht zum ersten Mal wirklich ein Gespräch geführt.

Eomma stand bereits an der Tür, als ich mich eilig und mit einem Winken von Chanyeol verabschiedete und ihn daran erinnerte, dass er sich morgen mit den anderen gerne zu uns setzen konnte und das Kris schon seine Strafe bekommen würde, würde er dämliche Blicke loslassen.
Denn im Gegensatz zu ihm wusste ich nun weshalb sie sich distanzierten und abschotteten und ihnen der ganze Spott mehr oder weniger zu Ohren kam, der sich über sie im Dorf und in der Schule verteilte.

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