Kapitel 6

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„Wir gehen dann, Liebes!", ruft Mama mir noch mal von der Tür aus zu, während Cüneyt den Arm um sie legt und mir zum Abschied einen Luftkuss zuwirft. Sie werden das Wochenende schön zusammen verbringen. Vielleicht muss ich einfach noch dünner werden, noch schöner... Ich schau auf mein Handy und beschließe auch rauszugehen, muss noch einkaufen. Für das Wochenende mit Koray hab ich mir was gutes überlegt. Ich geh jetzt einkaufen und am Abend kochen wir zusammen Sushi. Das wird bestimmt was Süßes und dann noch ein Film.... Ein Lächeln läuft über mein Gesicht als ich daran denke und plötzlich sehne ich mich nach ihm, nach seinen tollen Armen. Ich muss eben einfach mehr schätzen, dass was ich an Koray hab. Ich schlendere in meinen neuen Designerklamotten und mit meiner Michael Kors Tasche ins nächste Lidl, da ich laut Musik höre nehme ich keinem wahr. Ich suche nach dem richtigen Reis als ich plötzlich mit etwas, jemandem zusammenstoße. „Entschuldigung", murmele ich.... aber als ich hochschaue verschlägt es mir die Sprache... Benni. Er hilft mir die Sachen zurück in die Tasche zu stopfen und vermeidet den Blick so gut es geht. Warum? Wieso schaut er mich nicht an?
„Du musst die grüne Packung nehmen" Ich bin so überrascht, dass ich für einen Moment gar nichts realisiere. Seine Stimme.... sie hat sich so verändert, sie ist so männlich geworden. Er richtet sich auf und geht ohne mir einen weiteren Blick zu geben. Was hab ich auch erwartet? Ich hab ihn in Stich gelassen.

„Askiiiiim!" Hinter einem Berg pinker Rosen, erkenne ich die Umrisse, des Gesichtes meines Freundes. Lachen, nehme ich die Blumen in die Hand und belohne ihm mit einem Kuss. „Pennst du heute hier?" sage ich und hänge seine Jacke auf „Willst du es denn?", fragt er schelmich lächelnd. „Kommt drauf an, wie die Sushi schmeckt nachher." „Hab ich dir erzählt, dass ich der beste Sushichef bin? Ich bin der Meister." Er nimmt meine Hand und führt mich direkt in die Küche. „Wollen wir nicht vorher etwas sitzen Schatz?" „Du sitzt ich koche schonmal den Reis." Er macht sich direkt an die Sache und bindet sich eine Schürze um. Nicht, dass seine Klamotten dreckig werden. Er ist sooo zimperlich. „Man Koraaaaay!" „Man Sibeeeeel!" Ich steh auf und werfe ihm die Arme um den Hals „Mein Hausmann" „Sushichef." „Mein Sushichef." Er küsst mich innig. Ich mache Salat und hinterher rollen wir zusammen die Sushi ein. Der Abend macht insgesamt viel Spaß und ich frage mich, wieso ich mich so geziert habe. Er ist romantisch, süß und sehr charmant. „Mach aaaaa!" „Aaaaaaa!" Er schiebt mir eine panierte Sushi in den Mund. „Köstlich ne?" Sehr. Aber ich schüttele den Kopf und grinse frech. „Ey ich füttere dich schon!" Ich küsse ihn auf den Mund „Köstlicher..." Er nimmt mich auf sein Schoß und wir kuscheln. Es ist so vertraut.... so schön... -„Du musst die grüne Packung nehmen"- „Benni...." „Was?" „Beni hic birakma olurmu? (Verlass mich nie, okay?")" „Hic bir zaman... bitanem..." Puh....
Ich hab an Benni gedacht... an so einem Moment. Warum? Wegen seiner vorwurfsvollen Augen... Nein Sibel konzentrier dich auf auf Koray. Ich lasse mich fallen, gebe mich ihm hin. Er ist sanft, behutsam... zu Beginn. Aber dann wird seine Zunge fordernder, stürmischer. Seine Hände pressen mein Körper an ihm.
„Stopp!", rufe ich. Aber Koray ist im Element. Ich drücke ihn weg. Warum, muss er mir den Abend vermiesen? Er schaut mich voller Vorwurf an. „Was ist?", stöhnt er genervt „Ich meine, Baby... wir sind schon sooo lange zusammen. Vertraust du mir nicht?" Seine Augen werden riesig. Vertraue ich ihm? Ich bin mir nicht sicher. Liebe ich ihn? Ich weiß es nicht. Ich sollte doch! Als ich nicht antworte, dreht er sich um, nimmt seine Jacke und verlässt die Wohnung.... ohne Worte.
Wieso bin ich nur so doof? Warum? Alle meine Freundinnen lassen ihre Typen ran! Ich laufe ihm nach. Ich will nicht streiten.

Aber ich verpasse ihn. Das einzige, was ich erkennen kann, ist sein Kennzeichen. Die Nacht ist kalt. Aber ich bleibe stehen und schaue ihm hinterher.
„Ein Taschentuch?" Ich will den Kopf schütteln aber ich merke, dass ich geweint habe. Schüchtern, strecke ich ihm die Hand hin „Danke" „Ich bin da...", sagt er und stellt sich neben mich, während ich meinen Tränen freien Lauf lasse. Wann habe ich zuletzt geweint? Ich weiß es nicht. Ich durfte es nicht. Mama wäre sonst unglücklich. Aber, wie das Schicksal so will ist Benni an meiner Seite. Er sagt nichts. Er berührt mich nicht. Aber er bleibt bei mir. Er gibt mir mehr Nähe, als alle anderen in den letzten zwei Jahren. Endlich, traue ich mich ihn anzusehen und sein Blick spricht Bände. Sein Blick sagt „Auch ich kenne es verlassen zu werden..." „Auch ich weine oft." „Auch mir wird weh getan, jeden Tag." „Mein Bruder ist tod." „Mein Vater schlägt mich." „Wir sind Freunde...." „Seit Tag eins." Ein Blick sagt eben mehr als tausend Worte. Ich will ihm auch was sagen, ihn trösten.. ihn sagen, dass ich auch für ihn da bin. Auch wenn ich nicht bei ihm bin. Aber ich kann nicht.

Gerade als ich den Mut fasse, höre ich ein Auto in die Einfahrt rollen. Schnell trockne ich die Tränen. Es ist Koray... er ist zurück und nimmt mich in seine Arme, gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Ich will mich wehren, will zu Benni. „Es tut mir Leid." Seine Worte reißen mich wieder ins Jetzt, wieder ins Hier. „Macht nichts..." Er legt den Arm um mich und wir gehen gemeinsam ins Haus. Ich drehe mich ein letztes Mal um aber Benni ist nicht da. War er jeh da gewesen?

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