Kapitel 48

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Wir fahren nicht nach Hause, sondern direkt danach vorbei. Cüneyt hat nichts gefragt und ich habe nichts gesagt. Die Fahrt über schweigen wir. Als er an der Bilker Allee, links abbiegt weiß ich, wohin wir fahren. Ich merke, wie ich in meinem Sitz zusammenschrumpfe.
Sibel: Papa ich muss dir was sagen...
Cüneyt: Nein, ich glaube deine Mutter und ich müssen dir etwas erklären, Schatz.
Mit dieser Aussage dreht er das Radio auf und bringt mich endgültig zum Schweigen.
Wir parken vor dem Krankenhaus und Cüneyt steht auf. Ich bleibe noch eine Weile sitzen und trau mich nicht das Auto zu verlassen. Warum eigentlich? Mich trifft doch keine Schuld. Warum traue ich mich also nicht?
Cüneyt bückt sich zu mir hin, öffnet die Autotür und nimmt meine Hand. „Bitte", flüstert er. Ich nehme seine Hand und atme ein. Mit gefasstem Mut verlasse ich das Auto und wir gehen in Mamas Büro. Greta begrüßt mich mit einem Aufschrei.
Greta: Kind, wir haben uns Sorgen gemacht! Wo hast du gesteckt?

Sie steht auf und reißt fast ihren gesamten Schreibtisch mit sich. Dann umarmt sie mich herzlich. Es macht mich verlegen, dass Greta sich so sehr um mich sorgt. „Ich bin ja da...", murmele ich. Meien Mutter muss den Aufschrei wohl gehört haben. Sie rennt tränenüberströmt zu mir.
Greta: Ah Selma, sie ist da! Guck Sibel ist da!
Meine Mutter wirft sich um meinen Hals und weint.
Selma (Mutter von Sibel): Es tut mir so leid. Es tut mir alles so leid. Wir hätten es dir sagen sollen. Kizim, wo warst du nur.

Ich bin überrascht. So emotional hat sie zuletzt reagiert, als ich vom Camp mit 30 Kilo weniger auf den Hüften ankam. Ich schaue sie an und in meiner Brust macht sich Wut breit. Wie kann sie es nur wagen. Sie kann mir jetzt, wo sie mein Lbeen zerstört hat doch keine Emotionen zeigen... und das inmitten der Klinik. Ich versteife mich und lasse es über mich ergehen. Ich hasse meine Mutter.
Cüneyt legt eine Hand auf Mamas Schulter und sie lässt von mir ab. Gemeinsam gehen wir in ihr Büro.
Cüneyt: Ich denke wir sollten nach Hause fahren. Kannst du deine Termine absagen.
Mama: Ja. Selbsverständlich.
Sibel: Ich will nicht nach Hause. Ich will reden, jetzt.
Cüneyt: Lass uns zu Hause darüber reden.
Mama: Oder wenigstens raus aus dem Büro.
Cüneyt: Ja, Schatz lass uns nicht in diesem Büro reden.

Mama und Papa nehmen mich an die Hand. Wie ein kleines Kind, in ihrer Mitte werde ich ins Auto gesetzt. Schweigsam fahren wir nach Hause. Immer schon habe ich mir gewünscht ihr kleines Kind zu sein. Aber nicht unter diesen Umständen.

Zuhause setzten wir uns ins Wohnzimmer. Mama und Cüneyt gucken mich ein wenig betreten an.
Cüneyt: Wir müssen dir was sagen.
Selma: Cüneyt und ich führen eine etwas... andere Beziehung.
Cüneyt: Ähmmmm deine Mutter und ich haben uns damals entschieden, dass wir unsere Ehe nicht nur auf uns beschränken wollen.

Sibel: Was? Ich verstehe nichts.

Mama nimmt meine Hand : Sibel, Schatz ich betrüge Cüneyt nicht. Wir führen eine offene Beziehung.
Sibel: Was?!
Ich entziehe meine Hand.
Selma: Als wir uns damals kennenlernten, wollten Cüneyt und ich eine Familie. Gemeinsam haben wir sie auch gegründet. Aber Cüneyt und ich können uns nicht nur auf eine Person fixieren.

Sibel: Ihr fickt also mit Erlaubnis fremd? Das ist krank. Ihr ekelt mich an.

Ich bin erschrocken und angewiedert.
Sibel: Bist du in Haluk amca verliebt? Oder liebt ihr euch?
Selma: Klar liebe ich Cüneyt. Dass mit Haluk und mir.... ist nur körperlich.
Sibel: Du bist eklig. Und du Papa, hast du auch eine Olle?
Er schaut mich verlegen an und sagt: Keine feste. Ich liebe deine Mutter. Nur auf Swingerparties halt...

Sibel: SWINGER... was? Ich glaube ich muss mich übergeben.

Selma: Schatz es tut uns leid, dass wir es dir nicht vorher erzählt haben. Wir wollten dich nur nicht belasten.
Cüneyt: Deine Mutter und ich haben sehr lange geredet. Kannst du uns irgendwie verstehen?
Sibel: Nein. Ihr seid eklig. Ceren hatte Recht. Meine Mutter fickt sich durch die Welt. Swingerparties. Ich glaube ich bin im falschen Film. Ihr seid widerlich. Ich will euch beide nicht sehen.

Mit diesen Worten stehe ich auf und renne in mein Zimmer.
Den ganzen Abend verkrieche ich mich dort. Mein Leben ist echt ein Riesenchaos. Ich will nur weg von allen.
Der einzige, der mich versteht ist Benni.

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