Ich hab seit Tagen nicht so schlimm geschlafen. Und ich weiß, wovon ich rede ich lebe in einem Baumhaus. Aber die ganze Nacht habe ich angst gehabt, dass ich Benni verletzte. Er hat auch immerwieder gestöhnt und ist aufgeschreckt. Also hab ich mich damit zufrieden gegeben ihn stattdessen zu beobachten. Irgendwann, kann ich doch nicht mehr und falle in einen unruhigen Schlaf.
„Ich liebe dich", höre ich ein Flüstern.
„Koray?" Ich blinzele aber Koray steht nicht vor mir, stattdessen sehe ich Bennis verbeultes Gesicht. Ich muss doch geträumt haben.
„Guten morgen", sagt er und versucht zu lächeln... glaub ich. Es sieht so aus als würde er vor Schmerz zusammenzucken. Ich lächele ihn an und wir verharren einen Augenblick bis er die Stille bricht. „Sibel... ich glaube es ist sicherer, wenn du wieder zurück zum Baumhaus gehst und ich bring dir Frühstück."
Sibel: Ojaaaa ich hab übelst hunger.
Ich versuche zu grinsen und halte meinen Bauch fest. Seine Miene erhellt sich ein wenig. Ich richte mich auf und streiche meine Haare aus dem Gesicht.
„Sag mal Benni, hast du einen Kamm? Ich sehe furchtbar aus!"
Benni: Quatsch, du siehst toll aus.
Ich rolle die Augen um ihm zu signalisieren wie doof das ist. Aber er legt den Hals um meinen Nacken und flüstert in mein Ohr: Du siehst toll aus.
Ich merke, wie meine Nackenhaare sich aufrichten. Ein verlegenes Schweigen tretet ein. „Ehmm... ich meine guck mich doch an." und er zeigt auf sein verbeultes Gesicht. Ein bitteres Lachen ertönt, ich stimme ein.
Irgendwie sind wir beide immernoch sehr gleich. Ich in meiner oberflächlichen Welt, wo Probleme verdrängt und vor ihnen weggelaufen wird... wi man sogar vor Gefühlen wegläuft und vor sich selber.... und er in seiner heilen Welt, wo man mit Gefühlen nur um sich schlägt. Wir beide sind einsame Seelen. Ich merke wieder, dass er der einzige ist mit dem ich mich nie einsam gefühlt habe.
„WAS SUCHST DU DENN HIER?"
Wir beide waren so versunken in unsere Gedanken, dass wir gar nicht bemerkt haben, wie Meredith das Zimmer betreten hat.
Unser Schweigen hüllt uns ein. Wir wissen beide nicht, was wir antworten sollen.
Meredith schaut ihren Sohn vorwurfsvoll an. Benni rafft sich endlich zusammen und sagt „Mama..." Aber sie hebt die Hand und bringt ihm zum Schweigen. Die Antwort schulde ich ihr.
Sibel: Meredith... ich... ich will nicht nach Hause..... Benni trifft keine Schuld. Ich hab ihm keine Wahl gelassen.
Meredith: Bist du seit einer Woche hier?! Weißt du eigentlich dass die Polizei dich überall sucht? Deine Mutter ist bestimmt außer sich vor Sorge. Wir müssen ihr Bescheid geben.
Sibel: Bitte nicht...
Meredith: Die Polizei sucht dich. Überall sind Vermisstenanzeigen.... das geht nicht, Kind.
Sibel: Ich will nicht nach Hause.
Meredith: Dass musst du nicht. Sag Bescheid, wo du bist, dann sehen wir weiter.Wir schauen uns alle an. Irgendwie sind wir alle ratlos.
Meredith: Habt ihr eigentlich gefrühstückt? Ich habe Kekse gebacken.Sie schenkt uns ein mütterliches Lächeln und seufzt... „Ah Kinder... was macht ihr eigentlich für Sachen." Dann kommt sie drei Schritte auf mich zu und umarmt mich. Es kommt so überraschend und fühlt sich komisch an.... aber so warm. So liebevoll. Ich hab mir schon als Kind gewünscht, dass sie meine Mutter wäre. Mir kullern die Tränen, die ich seit Tagen verstaut habe.
„Psssttt....", sagt sie und streicht über meine zerkrausten Haare. „Beruhige dich... alles ist okay...." Sie hält mich so lange im Arm bis meine Tränen ersticken, dann geht sie kurz raus, kommt nach kurzer Zeit wieder zurück und setzt mich ins Bett. Dann fängt sie an meine Haare zu Bürsten, ganz langsam und sorgsam. „Ich habe mir immer eine Tochter gewünscht. Wenn wir deiner Mutter Bescheid sagen, kannst du einige Zeit bei uns bleiben und ich kann meinen Tochterwunsch ausleben. Was sagst du?" Ich bin gerührt und wieder kurz davor zu weinen.
„Danke", murmele ich.
Als sie fertig ist gibt sie mir einen Kuss auf die Stirn und sagt „Kommt jetzt runter... was essen."
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Renn!
Mystery / ThrillerDies ist nicht meine Geschichte... Es ist seine. Nur kann er sie nicht mehr erzählen. Er ist tot. Also werde ich es tun. Soweit ich das kann. Jetzt bin ich auf dem Friedhof. Vor mir stehen zwei Wege, die zur zwei Gräbern führen. In einem liegt da...