Kapitel 22

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Heute ist mein erster Tag in der Kanzlei. Müde von der Party letzten Nacht, schleppe ich mich zum Kleiderschrank. Ich muss was anziehen, was zu Kanzlei passt. Aber ich seh noch alles so verschwommen. Durch mehrmaliges Blinzeln versuche ich es zu beheben- Vergeblich. Dann wird mir schwarz vor Augen. Oh... Iiiii... Irgendwas versucht raus aus meinem Magen zu hüpfen. Mit letzten Kräften schleppe ich mich zum Klo und übergebe mich. Mein Kopf pocht. Zuerst sollte ich vielleicht Kaffe trinken... mich sammeln. Aber auch dazu hab ich keine Kraft. Ich leg mich nochmal auf die kalten Fliesen.
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Okay. Ich.Muss.Aufstehen. Aufste-hee-een. Wie ein Mantra wiederhole ich es immer wieder. Nicht am ersten Tag. Langsam, stütze ich mich auf meine Knie und versuche auf die Beine zu kommen. Mein Kopf dreht sich. Schwankend nehme ich ein T-Shirt und eine Jeans raus. Schlicht ist besser als gar nichts.Als ich mich nach einer Jacke umsehe, bemerke ich Korays an der Garderobe. Die muss er vergessen haben. Vorsichtig falte ich sie zusammen und will sie in die Tasche legen um sie ihm am Abend zu geben als was rausfällt. Ein paar Ohrringe und eine Packung Zigaretten. Die Ohrringe sind wunderschön. Echtgold und rosenförmig mit roten Steinen. Oh wie süß! Er will sie mir besstimmt schenken! Ich packe sie schnell in die Jacke und die Zigarettenpackung in meine Jackentasche. Ich werde sie wegschmeißen! Wir brauchen keine Zigaretten.
Langsam laufe ich runter. Mama und Papa sind aber nicht da. Schade ich hatte erhofft sie würden mir irgendwas zum ersten Arbeitstag sagen. Stöhnend, schmiere ich mir ein Vollkornbrötchen. Ich hab nicht viel Zeit. Da Koray mich nicht fahren kann heute, muss ich wohl die Öffentlichen nehmen. Zum ersten Mal seit langer Zeit laufe ich zur Bushaltestelle. Hier ist es ungewöhnlich. Eine ältere Frau seht, zwei Jugendliche sitzen und eine schwangere Frau telefoniert lautstark. Da mir immernoch schwindlich ist, setzte ich mich zu den Jungs.

Junge (1): Altaaaaahhhh
Junge(2): Schrei nicht so...
Junge (1): Guck mal die da!

Der Junge dreht seinen Kopf und schaut mich an. Direkt fängt er an zu lachen. Sehe ich so schlimm aus?

Junge (1): Bestimmt ein Junkie....

Die reden nicht über mich. Unwohl in meiner Haut, rutsche ich hin und her. Sehe ich echt so scheiße aus. Mir fällt auf, dass ich mich heute nicht einmal im Spiegel angesehen habe. Seit wann vergesse ich so etwas? Ich versuche unauffällig mein Aussehen auf meinem Handy zu überprüfen. Aber es gelingt mir irgendwie nicht. „Scheiße....",murmele ich genervt. Wann kommt eigentlich dieser fucking Bus? „Sibeeeeeeeel! Ich hab dich gar nicht erkannt. Man siehst du scheiße aus!" „Danke Berkcan." Er steht in seinem neuen Sportwagen vor mir. „Steig schon ein..." Meint er es ernst? Auch wenn ich in letzter Zeit immer mit denen feiern war, kommen wir immernoch nicht klar. Aber weiter hier bleiben? „Komm schon!" Ich gebe mich geschlagen und setzte mich auf den Beifahrersitz. „Wohin?" „In die Kanzlei von Melis'Vater..."
Berkcan: Titte Melis?

Ich gebe Berkcan einen bösen Blick. Melis hat kaum Brüste, deswegen nennen sie hinter ihrem Rücken so. Aber ihre Eltern sind mit all unseren Eltern befreundet, deswegen traut sich keiner irgendwas in ihr Gesicht zu sagen. Vor allem Haluk amca ist gut mit ihrer Familie, da ihr Vater seine Scheidung vertreten hat, darum sind Koray und Melis auch gut befreundet. Sie kennen sich von kleinauf. Ich mag Melis. Sie ist ein schüchternes, liebes Mädchen. Eigentlich passt sie gar nicht zu Koray. Ich hab mich oft gefragt, wie sie so gut klarkommen. Reicht eine gemeinsame Kindheit aus?

Berkcan: Ähmmm... wie geht's dir?

Soll das ein Witz sein? Seit wann interesierts Berkcan. Dann fällt mir aber ein, dass ich ja scheiße aussehe. Schnell klappe ich den Sonnenschutz runter und betrachte mich im Spiegel. Es ist schlimmer als erwartet. Fuck! Ich hab auch keine Schminke dabei.... „Fuck! Fuck! Fuck...", fluche ich vor mir hin.
Berkcan: Du siehst gut aus...

Ich schaue ihn nochmal verwirrt an.

Sibel: Sags mir...
Berkcan: Was?
Sibel: Was ist deine Mission?
Berkcan: Welche Mission?
Sibel: Warum bist du nett zu mir?
Berkcan: Du bist die Freundin von meinem besten Freund.
Sibel: Hat dich doch sonst nicht gejuckt.
Berkcan: Aber jetzt ist anders.
Sibel: Warum?
Berkcan: Jetzt bist du eine von uns. Er mag dich jetzt auch.
Sibel: Wie meinst du das?
Berkcan: Man kp... egal. Guck mal da läuft Opfer!
Sibel: Was?
Berkcan: Da!

Er wird langsamer und fährt dichter zu einem Jungen ran.Ich erkenne Benni. Automatisch will ich etwas sagen. Aber ich schweige. Jetzt wo auch Berkcan mit mir Frieden geschlossen hat, will ich es nicht gefährden. Aufeinmal beschleunigt er und tut so als würde er Benni überfahren wollen. Dieser erschrckt sich, sodass ihm die Einkäufe aus der Hand fallen und auf die Straße rollen. Seelenruhig überfährt Berkcan das Gemüse und lacht aus vollem Hals.

Berkcan: Was ein Opfer.... Hab den vorgestern noch richtig gefickt alter.
Sibel: Was?
Berkcan: Na der Opfer er wollte nicht mehr die Matheaufgaben für Koray machen. Also haben wir den misshandelt. Du hättest es sehen müssen.Hat fast geheult.

Ich höre dem gar nicht mehr zu. Koray hat mich angelogen. Er meinte er nimmt nichts von Benni. Während Benni die Wahrheit gesagt hat.

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