Kapitel 14

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Es klingelt an der Tür und ich bin mir sicher, dass es Koray ist, der mir die Aufgaben bringt. Schnell überprüfe ich mich im Fenster und stelle zufrieden fest, dass der Schlaf mir gut getan hat. Ich habe wieder eine schöne Frische bekommen und bin rundum zufrieden.
„Na?", fragt er und seine eisblauen Augen straheln Frische aus „Das Wetter ist so schön... ich dachte wir gehen etwas raus... spazieren?", schlage ich vor aber küsst mich nur behutsam auf den Mund, sodass mir die Erde von den Füßen weggezogen wird. „Du bist noch schwach. Ruh dich aus.... Ist deine Mama schon zurück? Oder Cüneyt...? Ich muss die begrüßen." „Nein keiner da..." „Um so schöner...." Er schlingt mir die Arme um den Hals und zerrt mich aufs Bett, dann fällt er, wie ein hungriger Bär über mich her. Es ist alles andere als erotisch. Er küsst mich aber es geht ihm weniger um die Zärtlichkeit, die dabei ausgetauscht wird. Es ist viel mehr ein Verlangen, eins, was ich nicht habe. „Langsam....", murmele ich. Man, wie doof ich bin. Ich dachte jetzt wo wir es einmal getan haben, hat sich das Thema erledigt. Aber im Gegenteil. Es ist als hätte ich ihm eine freie Fahrtkarte auf ewig geschenkt. „Langsam...", wiederhole ich. Dieses Mal versuche ich meiner Stimme einen bestimmenden Ton zu verleihen, fast so wie Cüneyt, wenn er mit seinen Angestellten spricht. Koray grunzt, lässt mich aber schließlich los. „Wie dumm von mir.... bist ja schließlich krank und erschöpft. Ruh dich aus... und ich komme heute Abend wieder." Er zwinkert mir zu. Will der mich verarschen? Warum war er denn da? Ich sehe ihn ungläubig hinterher, als er sich sein T-Shirt wieder überzieht mir einen Luftkuss zuwirft und abhaut. „Wie ein weißgoldener Engel mit gebrochenen Flügeln...", murmele ich laut. Ehrlich gesagt, müsste ich jetzt komplett austicken und sauer sein. Aber ich bin es nicht. Enttäuscht bin ich sowieso nicht mehr, nur melancholisch. Wird das jetzt unsere Beziehung sein? Nicht reden, nur vögeln? Wahrscheinlich.

Aber nicht heute.
Ich stehe auf, ziehe mir einen weiten, orangen Rock und ein lockeres braunes Top an.Meine langen Haare sind eine wilde Mähne, die ich heute frei lasse. Ungeschminkt und ohne jeden Schnickschnack, setzte ich mich in den Garten und lese ein Buch. Ich liebe es zu lesen, doch leider kommt es immer zu kurz. Lesen entspannt mich und führt mich von meiner langweiligen Welt in eine neue... andere. Heute entscheide ich mich für ein Buch von Rebeca Gable. Es heißt das „Zweite Königreich" und ist ein historischer Roman. Ich liebe es in fremde Zeiten einzutauchen. Es ist mal was neues. Gerne stelle ich mir vor, wie anders mein Leben zu dieser Zeit gewesen wäre. Wäre ich eine Magd geworden? Oder eine Prinzessin? Die Frau versteht es Bücher zu schreiben. Der lose Schreibstil, die einfache Sprache und die sympathischen Figuren unterhalten mich eine Weile. Ich denke nicht mehr an meine Welt und an ihre Misstände sondern bin irgendwo in England und bange um den Thron von William den Eroberern. Bis ich aufeinmal ein Knacken wahrnehme? Genervt, aus der Welt entrissen zu sein, schaue ich auf und blicke in die Augen meiner Kindheit. „Gable?", fragt er schüchtern. Ich denke garnicht daran ihn antzuworten. Wie kann er es überhaupt wagen? Aber er lässt nicht locker. „Ah du bist bei der Schlacht um England.... Wir beide wissen, wie es ausgeht, der Kerl heist nicht umsonst William der ERORBERER." „Wow." „Er hat England erobert." „Darauf wäre ich jetzt gar nicht gekommen. Bist du jetzt mit deiner Geschichtsstunde fertig?" „Nicht ganz. Also er wurde gekrönt und dann hat er drei Söhne gehabt. Einen hat er die Normadie gegeben und einen England. Aber seine ganzen Nacherben sind bei einem Schiffsunglück gestorben. Sodass Englands Throne kopflos blieb..." „Tragisch." Aber ich komme nicht umhin, der Penner hat mein Interesse geweckt. Wie es wohl weiterging? Wenn England wirklich keinen König hatte... Aber darauf lasse ich mich nicht ein. „So... jetzt bin ich fertig", grinst er. Mistkerl! Er kennt mich, er weiß, dass mich das interessiert! „Du weißt ja, wo die Tür ist. Herr Lehrer." Aber er denkt gar nicht daran „Entschuldigung.", sagt er nur. Jetzt gewähre ich mich ihn richtig anzuschauen. Ich kenne, diese netten, sanften Gesichtszüge. Benni ist ein toller Junge. Ich schäme mich, weil ich weiß, dass er sich eigentlich garnicht zu entschuldigen braucht. Ich bin der Verräter. Er tut es nur wegen seinem liebevollen Gemüt. Ich nicke ihm sanft zu und sage „Mir tut es leid...."
Er lächelt mich an und zum ersten Mal in all diesen Jahren erreicht, dieses Lächeln was er mir schenkt auch seine Augen. Auf einmal sind wir wieder die kleinen Kinder von damals. Beide nru etwas älter und geplagt von mehr Problemen. Aber doch ist es, wie früher. Mir kommt ein Gedanke.
„Freunde auf ewig!" rufe ich feierlich.
Benni : „Für immer und ewig!"
Ich nehme seine Hand und er küsst mich auf den Mund. Es ist ein kurzer, unschuldiger Kuss zwischen zwei Kindern...

Wie früher..... (siehe Kapitel 2)

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