Wir sitzen an einem gut gedeckten Tisch. Ich versuche mich zusammenzureißen und nicht über alles herzufallen. Den Eindruck ich könnte gierig sein, versuche ich zu vermeiden. Aber mir fällt auf, dass ich tagelang nur wirklich wenig zu essen hatte. Meredith schaut mich immer mal mütterlich an und fordert mich auf zu bedienen. Aber ich bin wie gelähmtüber die Zuwendung der Menschen, die ich jahrelang ignoriert habe. Nach dem Frühstück versuche ich ihm beim Abwasch zu helfen, aber sie hat längst einen Kräutertee gemischt und verlangt von mir ihn auszutrinken. Das ganze erscheint mir, wie eine Art Halluzination. Wann hat meine Mutter mir zuletzt Tee gemacht?
Meredith: Wir sollten jetzt deine Mutter anrufen....
Ich erwidere nichts. Meine Einsprüche würden nichts bringen. Ich kenne Bennis Familiensituation und will ihnen nicht zu Last fallen. Wohl oder Übel bleibt mir nichts übrig.
Sie nimmt ihr altes Telefonbüchlein aus einer Schublade und fängt an die Nummer einzutippen. Benni schaut mich mit großen Augen an.Benni: Wirst du jetzt gehen?
Sibel: Ich weiß es nicht...
Benni: Willst du?
Sibel: Nein! Ich will bei dir bleiben.
Benni: Wenn du gehst...Ich weiß was er sagen möchte und unterbreche ihn schnell.
Sibel: Nein. Nichts wird, wie früher. Du bist mein bester Freund auf ewig.... versprochen.
Seine Augen leuchten und ich nicke ihm zu. Wie könnte ich ihm erneut den Rücken kehren?
Meredith lächelt mich an „Cüneyt ist auf dem Weg"Cüneyt?!
Scheiße. Ich hab drauf gehofft, dass Mama kommt und nicht er. Ich bin nicht auf eine Unterhaltung mit ihm gewappnet. Mein Magen zieht sich zusammen.
Benni: Alles in Ordnung?
„jj-aa" , murmele ich unsicher.
Benni geht aus dem Zimmer. Ich schätze er will mich etwas allein lassen. Meinen Kopf auf die Hände gestützt überlege ich mir krampfhaft, was ich Papa erzählen soll. Die Fragen der letzten Tage werden zu Ausrufezeichen. Ich bete, dass er uns nicht verlässt.
Meine Gedanken werden von Cüneyts rauen Stimme unterbrochen, Meredith begrüßt ihn und bietet ihm Tee an. Er lehnt freundlich ab und fragt nach mir. Gleich wird er hier sein.
Ich atme tief ein und aus.
„Hallo" , reißt mich Cüneyts Stimme aus den Gedanken. Er schaut mich liebevoll an. Ich sehe er hat sich Sorgen gemacht. Tiefe Falten bedecken seine Stirn. „Papa!", rufe ich und drück mich an ihn. Ich habe ihn sehr vermisst. Tränen strömen über mein Gesicht. „Papa du hast mir gefehlt. Papa...." Er küsst meine Stirn „Kizim...." Er stöhnt auf.
Sibel: Papa... ich..
Cüneyt: Wir werden reden. Aber nicht hier. Lass uns losgehen...
Sibel: Okay. Ich verabschiede mich kurz.Schnell renne ich hoch in Bennis Zimmer.
Benni: Gehst du jetzt?
Sibel: Ja. Aber wir werden uns wieder sehen.
Beni: Ja, klar.
Er sieht nicht so aus als würde er mir nicht glauben. Wer kanns ihm verübeln.
Ich schreite zu ihm und gebe ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.
Sibel: Vertrau mir. Es wird anders.
Benni: Ich hab was für dich.Er reicht mir ein kleines Päckchen, dass aus dem Baumhaus, und ich lächele.
Cüneyt: Sibel, Kizim?
Sibel: Komme Papa! Ich muss jetzt gehen.Ich drehe mich um und will zu Cüneyt aber Benni hält mich zurück. Er zieht mich zu sich und umarmt mich fest. Im ersten Moment bin ich zu überrascht aber dann genieße ich den Augenblick.
„Danke", murmele ich.
Dann lässt er mich los und ich gehe zu Cüneyt.
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Renn!
Mystery / ThrillerDies ist nicht meine Geschichte... Es ist seine. Nur kann er sie nicht mehr erzählen. Er ist tot. Also werde ich es tun. Soweit ich das kann. Jetzt bin ich auf dem Friedhof. Vor mir stehen zwei Wege, die zur zwei Gräbern führen. In einem liegt da...