Kapitel 20 - Dodos der Drachen

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Shou

Wir flogen ein ganzes Stück und es ging durch das halbe Land und erreichten das Gebirge, welches in einen dichten Nebel getaucht war. Sehr komisch hier. Was uns wohl erwartet? 

Wir näherten uns unserem Missionsziel wobei ich meine Sinne schärfte und mich zur Ruhe besann. Mir gefiel es nicht, einen Drachen zurecht zu stutzen, doch es war ein wichtiger Auftrag den ich unmöglich abschlagen konnte. "Da vorne!" drang die Stimme von Linus in meinem Kopf. Ich verdrehte innerlich meine Augen, da ich schon lange die Gestalt zwischen dem dichten Nebel ausmachen konnte.

Der Nebel lichtete sich leicht und langsam wurde der Drache sichtbar. Er war ausgewachsen und erwartete uns bereits. Muskeln spannten sich unter seinen weißen Schuppen und seine roten Augen funkelten aus der Ferne. "Meine Fresse... ein Albino.." kam es von unserem Missionsleiter. "Ich fühle mich nicht wohl..." vernahm ich nun auch die mulmig klingende Stimme meines Reiters. "Jetzt scheiß dir bloß nicht in die Hose..." brummte ich zurück und versuchte mich nicht von ihm anstecken zu lassen.

Wir verringerten unser Tempo und blieben vor ihm in der Luft stehen. Seine Blicke fuhren uns alle einzelnd ab und ein bedrohliches Knurren drang aus seiner Kehle. "Verschwindet von hier" seine raue männliche Stimme klang drohend, und auch seine Körperhaltung deutete darauf, dass er uns angreifen würden. "Ihr bedroht Menschen so wie Drachen, wir verlangen von euch dass ihr damit umgehend aufhört und uns folgt" sprach der Drache des Missionsleiter und seine Schuppen sträubten sich dominant. Nur wenige Drachen waren dazu in der Lage, weswegen ich schon etwas beeindruckt war.

Der Geduldsfaden unseres Gegenübers schien nicht besonders strapazierfähig, denn mit einem gewaltig lauten Brüllen machte er uns klar, dass er es ernst meinte. Während alle anderen jedoch unbeeindruckt schienen und der Missionsleiter die ersten Anweisungen eines Angriffs durchgab, war ich wie erstarrt.

Ich starrte auf die gebleckten Zähne des Drachens die so schwarz waren wie die dunkelste Nacht. Sein Zahnfleisch ebenso. Seine Zunge auch.

Das Maul des Todes.

Das war kein Albino.

Das war ein fucking Blutdrache!

So einen dürfte es nicht geben!

Ich sah aus dem Augenwinkel wie Linus nach vorne kippte um zum Angriff überzugehen. "NEIN! Rückzug!" befahl ich und brachte weitere Meter Abstand zwischen mir und dem Drachen. "Shou! In Teufels Namen blende ihn!" wies mich der älteste fauchend an. Ich hatte jedoch nur Augen für Linus der sich der Gefahr nicht bewusst war und nur noch wenige Meter vom Drachen entfernt war. Der Blutdrache fuhr mit dem Kopf herum und seine Zähne gruben sich in in das Bein meines Freundes. Ein entsetzlicher Schrei ließ meine Federn sich sträuben und ich sah mit an, wie mein Freund in wenigen Sekunden fast wie leblos zu Boden fiel. Als sei er auf der Stelle tot. Mit Entsetzten beobachtete ich seinen Körper, der immer wieder mit den Schreien des Reiters auf dem Gestein aufschlug und letztlich vom restlichen Nebel verschlungen wurde. Die quälenden Schreie verstummten recht schnell. Und mit den Knochen des Reiters, zersplitterte auch mein Herz. 

Das war es! Ich drehte mich um, missachtete die Rufe des Leiters und schoss los. Maxime hatte Angst. Seine Haltung war verkrampft und er atmete flach. Ein weitere Schrei zerriss die Luft und ich wurde noch schneller. Bilder kamen hoch aus meiner Kindheit, in der kurzen Gefangenschaft der Drachen. 

Die Rufe verwandelten sich in Kampfschreie, die letztlich zu Todesschreien wurde. Sie hallten in meinem Kopf wieder und ließen mich durch den Himmel jagen. Die Bilder kämpften sich immer mehr an die Oberfläche und ich flog blind einfach nur weg von diesem Ort. 

Geht weg! Geht weg. Gehtweg, gehtweggehtweggeht- 

"Shou" vernahm ich meinen Namen und verstärkte Wärme auf meiner Haut. Mein Herzschlag, der mir eben bis zu den Ohren schlug, verstummte augenblicklich wieder und ich drehte meinen Kopf leicht um Maxime aus dem Augenwinkel anzusehen. "Was war das?" fragte er mich ruhig und strich mit einer Hand durch mein Fell. 

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