19. Krieg

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Der vorgestrige Abend ging mir emotional wirklich sehr nah. Endlich - endlich konnte ich mal über all das Erlebte reden. Und Lucy war perfekt. Sie hat mich ausreden lassen, mich nicht verurteilt und war für mich da. 


Den Sonntag verbrachte ich überwiegend auf der Couch mit Netflix, doch wirklich konzentrieren konnte ich mich auf keinen Film. Immer wieder schweiften meine Gedanken zu Harry ab. Er war noch hübscher und attraktiver als damals und mein Herzklopfen, wenn ich an ihn dachte, sprach für sich. Konnte man sich wirklich zweimal in eine Person verlieben oder endete meine Liebe zu ihm nie? Noch bis in den Schlaf begleiteten mich die ganzen Gedanken.

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Und nun hatten wir wieder Montagmorgen und ich saß in meinem Büro. Heute musste ich anfangen die Gehaltsabrechnungen aller Mitarbeiter zu erstellen und da ich das erst einmal erledigt hatte, musste ich mich höchst konzentrieren. Doch irgendwann gegen Nachmittag rauchte mein Kopf dermaßen, dass ich eine Pause brauchte. Mein Rücken und Nacken waren verspannt und ich brauchte etwas Bewegung. 


Ich stand auf und ging zur Fensterfront. Heute war ein sonniger Tag und ich musste unwillkürlich lächeln, warum konnte ich wirklich nicht sagen. Mein Jacket ließ ich über meinem Stuhl hängen und verließ dann mein Büro.


"Hey Lucy.", lächelte ich meine beste Freundin an, als ich an der Rezeption ankam. "Hey...Alex." Sie schien noch immer verwirrt gewesen zu sein, was meinen Namen anging, was ich momentan irgendwie amüsant fand. "Hast du Lust etwas mit mir spazieren zu gehen?" - "Lust schon, nur leider komm ich hier kaum mit der Arbeit hinterher. Tut mir leid. Ein anderes Mal liebend gern." Entschuldigend schaute sie mich an, doch ich bestätigte ihr nur, dass es in Ordnung ist und ich dann eben alleine ging. 


Über das Hotelgelände schlendernd, beobachtete ich einige Gäste. Im Pool spielten ein paar Jungs Wasserball, während nebenan auf einer Wiese einige Fußball spielten - nur zu gerne würde ich auch mal wieder eine Runde kicken. Traurig lächelnd wandte ich meinen Blick wieder ab und schaute zum Biergarten. Viel war dort heute nicht los, nur wenige aßen ein Stück Kuchen  und tranken einen Kaffee oder das erste Bier. 


Ich ging noch ein Stückchen weiter, damit ich etwas Ruhe hatte und fand mich plötzlich vor der Bank wieder, auf der ich letztens noch Gemma und Harry belauscht hatte. Seufzend ließ ich mich auf ihr nieder und legte meine Unterarme und auf die Oberschenkel. Warum muss mein Leben auch so kompliziert sein? Meine Umwelt blendete ich in diesem Moment komplett aus und fixierte einen Grashalm von der Rasenfläche mir gegenüber. 


Den ganzen Tag konnte ich meine Gedanken an Harry beiseite schieben, doch nun waren sie wieder da. Warum war er eigentlich so aufbrausend? Er hatte sich über eine Cola-Marke beschwert und ist dabei ziemlich laut geworden, darüber konnte ich nur den Kopf schütteln. Lucy erzählte mir, dass er sich auch schon über andere Dinge beschwert habe. Und warum war er so aggressiv und kalt mir gegenüber? Glaubte er wirklich, ich bin damals einfach abgehauen, weil ich kein Bock mehr auf alle hatte? Das hätte doch überhaupt keinen Sinn gemacht. Vielleicht hatte ihn meine kurze Ansprache von Samstag ja auch zur Besinnung gebracht.


So völlig in Gedanken merkte ich gar nicht, wie schnell die Zeit verflog. Rasch sprang ich wieder auf um ins Hotel zu gehen. Doch wirklich motiviert für die restlichen Gehaltsabrechnungen war ich noch nicht, so dass ich mich bei Lucy an den Tresen des Empfangs lehnte und mich kurz prüfend umsah. Da niemand in der näheren Umgebung war, schaute ich sie an: "Hast du ihn schon gesehen heute?" Mitleidig sah sie mich ah. Pff. Mitleid. Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. "Er hat vor einer Stunde oder so das Hotel verlassen."


Ich nickte lediglich. Eine Weile beobachtete ich meine beste Freundin, während sie Unterlagen sortierte. "Wann machst du Feierabend, Lucy?" - "Ich denke so in zwei Stunden. Wieso?" - "Okay, dann würde ich dann auch Feierabend machen, habe ja nur noch ein paar Gehaltsabrechnungen vor mir." - "Klingt gut. Aber sorg dafür, dass mein Gehalt pünktlich kommt.", grinste sie mich an, wofür ich ihr die Zunge ausstreckte.


"Kochst du heute für mich, Süße?" Ungläubig sah sie mich an. Natürlich war mir klar, dass Lucy fast immer kochte. Sie verdrehte kurz ihre Augen und schmunzelte dann, ehe sie sich zu mir rüber beugte: "Für dich tu ich doch alles, Baby."


"Du bist widerlich, Tomlinson! Vögelst anscheinend alles hier im Hotel, was?! Egal ob Mann oder Frau.", hörte ich ihn verächtlich sagen. Geschockt starrte ich Lucy an, als ich die Stimme hinter mir erkannte. Doch als ich sah, dass ihr Blick genauso fassungslos war, begriff ich, dass das gerade wirklich passiert war. 


Ich schloss kurz die Augen, denn meine Worte von Samstag schien doch nicht bei ihm angekommen zu sein. Er wollte also Krieg? Gut... kann er haben. Ich hatte versucht es ihm zu erklären, aber das interessierte ihn anscheinend nicht. Also werde ich ab sofort auch desinteressiert und kalt agieren. Ich öffnete wieder meine Augen und scannte kurz die Umgebung ab. Gott sei Dank war es immer noch leer, bis auf Harry.


Schnell drehte ich mich mit einem verärgerten Blick zu ihm und machte zwei Schritte auf ihn zu. "Ich heiße Miller, schon vergessen? Wehe, du erwähnst diesen Namen noch einmal, anso...", zischte ich wütend, doch wurde abrupt unterbrochen. "Dass ich nicht lache. Ich mache was ich will, du kannst mir gar nichts. Vielleicht sollte ich mich mal über dich beschweren... Louis... Baby."


Dieser Kerl - er machte mich gerade fuchsteufelswild. Ich griff in sein Shirt, packte seinen Kragen und funkelte ihn böse an. Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Sofort veränderte sich sein Blick. Sehe ich da... Angst? Oh Gott, niemals wollte ich, dass er Angst vor mir hat, doch aktuell blieb mir keine andere Wahl. Wenn uns damals jemand gesagt hätte, dass wir so enden, hätten wir denjenigen wohl dafür ausgelacht. 


Während wir da so standen, warf ich ihm ein zuckersüßes Lächeln zu und sprach ganz ruhig: "Vergiss nicht, wer hier am längeren Hebel sitzt, Styles. Wenn du dich beschweren willst, nur zu. Aktuell habe ich die Hotelleitung, also wer wohl diese Beschwerde bearbeitet, hm?" - "Oh, du lügst ja schon wieder, Toml..." - "Halt deine verdammte Klappe und nehme diesen Namen nie wieder in den Mund! Solltest du noch einmal Stress machen, werde ich dafür sorgen, dass ihr aus dem Hotel fliegt und auch kein Zimmer in den umliegenden Hotels bekommt, ich habe meine Kontakte. Dann könnt ihr ja mal schauen, wo ihr die nächsten zwei Wochen bleibt." Und mit diesen Worten schubste ich ihn ein Stück von mir und warf ihm noch einmal einen nun wieder wütenden Blick zu, während ich wahrnahm, dass Harry schluckte. 


Er nuschelte noch etwas, was ich jedoch nicht verstand und verschwand dann wieder. Es tat so weh, dass wir so miteinander umgingen, aber mir fiel keine andere Möglichkeit ein momentan. Er war so voller Hass. Warum denkt er denn immer, dass ich lüge?! Egal, was ich sage. Ich raufte mir die Haare und ich musste aufkommende Tränen wegblinzeln, so durfte mich hier keiner sehen.


Ohne noch ein Wort zu Lucy ging ich zu den Fahrstühlen, um in mein Büro zu gehen. Ich musste jetzt erstmal für mich alleine sein. Ich konnte froh sein, dass meine beste Freundin nun schon von meiner Vergangenheit wusste, denn ansonsten hätte ich mich spätestens jetzt erklären müssen, nachdem Harry meinen alten Namen nannte. Warum verstand er denn nicht, dass es im Zeugenschutz so wichtig war, dass meine Identität verborgen blieb?





Lover or Liar - Part II - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt