31. Whiskey II

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Inzwischen hörte ich nicht mehr das Meer, sondern mein eigenes Blut in meinen Ohren rauschen. Ich genoss dieses unvergleichliche Gefühl seiner etwas rauen, aber dennoch weichen Lippen auf meinen und unsere Zungen tanzten wie bei einer einstudierten Choreographie miteinander. Ich hatte das Gefühl, dass die Geschwindigkeit meines Herzschlages sich um das Zehnfache erhöht hatte und die Welt um uns herum verschwinden würde. Vielleicht benebelte auch der Whiskey noch zusätzlich meinen Kopf.


Es war der schönste Kuss, den ich seit elf Jahren hatte. Ich meine, ich wusste, dass er mich liebte, ich liebte ihn, wir lagen am Meer unter den Sternen und jede einzelne Faser meines Körpers stand unter Strom. Gab es etwas besseres? 


Wie lange wir hier so lagen und wir uns geküsst hatten, konnte ich nicht genau sagen, doch als wir uns voneinander lösen, sahen wir uns tief in die Augen. "Harry...", flüsterte ich, dieser drückte sofort wieder seine Lippen auf meine, jedoch nur für einige Sekunden, um mich zum Schweigen zu bringen. "Bitte zerstör jetzt nicht den Moment.", gab Harry genauso leise wie ich vorher von sich. Warum sollte ich den Moment zerstören? Der Moment war wundervoll. Ich schüttelte lächelnd den Kopf, bevor Harry mir über die Wange strich und dann seinen Kopf auf meine Brust legte. 


Nach wenigen Minuten richtete sich Harry wieder auf, schaute sich um und sagte leise: "Unser Whiskey ist leer. Sollen wir Nachschub holen?" Ich grinste ihn an: "Auf jeden Fall." Wie zwei Kinder richteten wir uns kichernd auf und schüttelten den Sand von unseren Klamotten, um dann zurück zur Promenade zu gehen. Da wir in einer Touristenumgebung waren, hatte der Supermarkt glücklicherweise 24 Stunden am Tag auf, sodass wir schnell wieder mit Whiskey ausgestattet waren.


Ohne es gemerkt zu haben, hatten wir unsere kleinen Finger miteinander verschränkt, als wir uns zurück zu unserem Platz am Meer machten, so als würde wir gerne Händchen halten, es jedoch nicht erlaubt wäre. War es ja auch nicht, Harry hatte immer noch einen Freund. Ohje! Schon wieder hatte ich es völlig ausgeblendet und auch jetzt checkte ich erst, was er vorhin meinte, als er sagte, ich solle den Moment nicht zerstören. Mist, Mist, Mist. Würde Jake wissen, was Harry hier mit mir machte... Wäre ich Jake... Würde ich es erfahren... Ich will nicht darüber nachdenken. Ich schnappte mir die Whiskeyflasche aus Harrys Händen, schraubte den Verschluss ab und nahm rasch ein paar Schlücke in der Hoffnung damit meine störenden Gedanken zu vertreiben.


Gemeinsam setzten wir uns wieder an die gleiche Stelle und reichten die Flasche hin und her. 


Zusammen lachten, kicherten und alberten wir den ganzen Abend rum, ehe auch unser gesamter Nachschub an Alkohol leer war. "Verdammt, ich hab überall Sand.", fluchte ich, als wir gerade auf dem Weg zurück zum Hotel waren. Ich wollte Harry noch bringen und mir dann ein Taxi nach Hause nehmen, denn zwischenzeitlich hatten wir nach Mitternacht. Amüsiert blinzelte Harry mich an: "Dann musst du wohl gleich duschen gehen." - "Ja, das muss ich wohl." Kurz starrten wir uns nur an, ehe wir losprusteten. Was war daran bitte witzig? Eindeutig zu viel Alkohol an diesem Abend. 


"Wie lange fährst du mit dem Taxi nach Hause.", wollte Harry von mir wissen, als wir gerade am Eingang des Hotels ankamen. "Nicht lange, etwa zehn Minuten." - "Hm, mir würde es besser gefallen, wenn du mit auf mein Zimmer kommst... Alex." Der attraktive Mann vor mir wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und strich mir wieder über die Wange. "Naaaaa gut, wenn es sein muss." Verdammt, was tat ich hier? Was tat ER hier?  Irgendetwas in mir schrie mich an, dass es eine ziemlich blöde Idee war, jetzt mit ihm aufs Zimmer zu gehen. Gekonnt ignorierte ich diese Stimme schluterzuckend und ging dann vor durch die bekannten Glastüren, direkt ins Hotel.


"Lucyyyyyyyyyyyyy...", rief ich euphorisch meiner besten Freundin zu. Ungläubig hob diese eine Augenbraue: "Hast du getrunken?" Anscheinend sah man mir den Whiskey direkt an. Was mich wohl verraten hatte? Hatte ich rote Augen, eine rote Nase, lallte ich zu viel, torkelte ich? Egal! Gleich bin ich mit Harry in einem Zimmer. Juhu! "Niemals würde ich trinken, Lucyyy.", gab ich grinsend zurück, doch meine beste Freundin schüttelte nur amüsiert den Kopf. "Man man man, soll ich dir ein Taxi rufen?" - "Nein!" - "Nein?" Die amüsierte Miene von Lucy wechselte zu irritiert. 


"Nein! Iiiiiiiiich schlafe bei Harry." Dümmlich grinste ich noch kurz und drehte mich dann um, damit ich mit Harry zu den Fahrstühlen gehen konnte - für die Treppe war ich eindeutig zu betrunken. Kurz drehte ich mich noch schnell einmal um und konnte gerade noch erkennen, wie Lucy ziemlich zügig im Nebenraum verschwand. Ob wohl Simon da war?


Im Fahrstuhl lehnte ich mich mit dem Rücken an den Spiegel und schloss kurz die Augen, als ich auch meinen Kopf nach hinten lehnte. Mir wurde etwas schwindelig, so dass ich schnell wieder meine Augen öffnete. Zu meinen Erstaunen waren wir alleine im Fahrstuhl und als ich dann einen Blick zu Harry wagte, konnte ich sehen, dass dieser mich mit dunklen Augen musterte. Ach Jake, irgendwie tust du mir gerade leid... "Scheiß drauf...", nuschelte ich zu mir selbst, stieß mich von der Wand ab, presste mich gegen Harry und küsste diesen fordernd, was dieser auf der Stelle erwiderte. Was haben diese Fahrstühle nur an sich, dass es immer so heiß ist?


Das 'Pling' der Fahrstuhltüren ließ uns auseinander fahren und schwankend machten wir uns auf den Weg in Harrys Hotelzimmer. Immer wenn Harry kurz zur Seite torkelte, musste ich kichern und so dauerte es doch länger als gedacht, bis wir endlich vor seinem Zimmer standen. "Mist, wo ist denn meine Karte...", fragte Harry sich selbst, als dieser in seinem Portemonnaie kramte. Augenverdrehend zückte ich meine Brieftasche, nahm die Universalkarte und zog diese durch das Schloss der Tür. "Tadaaaa...", grinste ich Harry an, als ich die Tür öffnete. "Du... kannst einfach so in mein Zimmer?", fragte Harry überrascht. "Ob du es glaubst oder nicht... ich kann in jedes Zimmer." Und schon zog ich den Lockenkopf hinter mir her und kickte mit einem Fuß die Tür zu.


Nachdem Harry gesagt hatte, er müsse eben kurz zur Toilette, habe ich es mir im Schneidersitz auf seinem Bett bequem gemacht. Hier ging es schon langsam mit dem Schwindelgefühl, aber das hatte ich nun davon, dass ich Alkohol getrunken hatte. 


"Was machen wir jetzt?", fragte ich Harry, als er aus dem Bad zurückkam. Kurz schmunzelte er, ehe er sich sein weißes Shirt über den Kopf zog und dann langsam zum Fußende des Bettes kam. Oh Gott, sah er heiß aus! Noch immer mit einem Grinsen im Gesicht krabbelte er zu mir und blieb mit seinem Gesicht nur knapp vor meinem, sodass ich mich höchst konzentrieren musste, nicht direkt über ihn herzufallen. "Worauf...", fing er leise an, nahm dann meine Unterlippe zwischen seine Zähne und biss ganz leicht und sanft zu. "...hast du denn Lust?", vervollständigte er seine Frage und ich spürte direkt, wie das Blut langsam in meine untere Körperregion wanderte. 


Jetzt musste ich auch dreckig schmunzeln und legte meine Arme um seinen Hals: "Nun... ich wüsste da was.", wisperte ich an seine Lippen, zog ihn zu mir und ließ uns dann rückwärts in die Kissen fallen. Unser Kuss war leidenschaftlich, fordernd und mit viel Zunge. Ich spürte seine Hände, die über meinen Oberkörper fuhren, während meine seinen Rücken auf und ab strichen. Harry ließ ziemlich provokant seine Hüfte kreisen... 


...bis es plötzlich an der Tür klopfte.


Wirklich?




Lover or Liar - Part II - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt