Nach einigen Sekunden öffnete ich wieder meine Augen und suchte mir einen Platz im Sand, um mich dort hinzusetzen. Der Strand war wirklich nicht sehr voll, so dass man definitiv seine Privatsphäre hatte. Eine leichte Brise wehte durch meine Haare und das Meer schlug leichte Wellen. Der Himmel zeigte heute keine einzige Wolke und ein paar Möwen zogen ihre Kreise.
Mein Blick glitt zu meinen nackten Füßen, welche ich in den Sand vergrub und diesen dann durch meine Zehen gleiten ließ. Nachdenklich beobachtete ich die einzelnen Sandkörner und dachte an das erste Zusammentreffen mit Harry, welches auch am Wasser war, zwar nicht am Strand, aber an einem See. Ich musste etwas schmunzeln, als ich daran dachte, wie ich dem Typen mit den Locken vom ersten Moment an verfallen war. Seine grünen Augen brannten sich förmlich in mein Gehirn ein und beim Händeschütteln, verspürte ich direkt ein Kribbeln.
Damals hatte ich mich selbst für verrückt erklärt, dass ich mich sofort verliebt habe. Doch als mir Harry im Laufe unserer Beziehung erzählt hatte, dass es ihm genauso ging, fand ich es überhaupt nicht lächerlich mehr. Plötzlich fielen mir Lucys Worte wieder ein: "Seelenverwandte...", nuschelte ich zu mir selbst und ließ mich rückwärts in den Sand fallen. Gibt es das wirklich? Wenn ja, warum sehen wir uns dann erst elf Jahre später wieder und nicht schon viel früher? Anderseits ist es doch irgendwie verrückt, dass wir uns überhaupt noch einmal in diesem Leben begegneten. Und auch im Hotel liefen wir uns ständig über den Weg, obwohl es riesig war.
Seufzend schloss ich die Augen und lauschte dem Meeresrauschen. Mensch Louis, jetzt denkst du wirklich schon darüber nach, ob es so einen Quatsch gibt. Natürlich ist das alles nur Humbug. Ich drehte mich auf die Seite, legte einen Arm unter meinen Kopf und strich mit der anderen Hand über den feinen Sand. Ich zeichnete gedankenverloren wirre Muster mit meinem Zeigefinger und meine Gedanken huschten immer wieder zu einem Mann mit faszinierenden grünen Augen und langen Locken.
Genervt von mir selber, verdrehte ich meine Augen und stieß erneut einen Seufzer aus. Blinzelnd blickte ich zu meinem Sandgemälde, denn ohne es mitbekommen zu haben, hatte ich doch tatsächlich Harry + Louis in den Sand geschrieben. Wirklich Louis? Wie alt bist du, sechzehn? Du bist über 30 und nicht mehr im Kindergarten! "Fuck!", rief ich einmal laut, wodurch ich sicherlich den ein oder anderen verwirrten Blick kassierte, was mir aktuell aber herzlich egal war. Schnell wischte ich über das Sandbild mit meiner Hand rüber, sodass es verschwand.
Ich war frustriert, denn abgelenkt hatte mich der kurze Ausflug zum Strand ganz sicher nicht. Ganz im Gegenteil - denn hier dachte ich erst Recht an Harry. Ich stand also auf, klopfte mir den Sand von den Klamotten und schlüpfte wieder in meine Schuhe. Noch ein letztes Mal atmete ich die angegeben Meeresluft ein, ehe ich mich zum Gehen umdrehte. Doch zu meinem Entsetzten stand Harry am Eingang des Strandes und schien mich zu beobachten. Verfolgt er mich etwa, um einen guten Moment abzupassen, in dem er mich fertig machen konnte?
Wirklich Lust hatte ich nicht jetzt an ihm vorbeizugehen, aber Schwäche wollte ich auch nicht zeigen, in dem ich mich wieder in den Sand gesetzt hätte, bis er verschwunden gewesen wäre, also ging ich auf den Eingang zu.
Doch zu meiner Überraschung war Harrys Blick nicht voller Wut oder Hass, sondern einfach nur neutral. Ich bildete mir sogar kurz ein schüchternes Lächeln ein. Ha! Lächerlich! Als ob dieser Harry mich auch nur einmal anlächeln würde. Eben hatte er mir noch vorgeworfen, ich hätte seine Schwester angefasst. Unfassbar. Gerade auf seiner Höhe angekommen, öffnete er seinen Mund und schien etwas sagen zu wollen, doch darauf hatte ich nun wirklich keine Lust und grätschte ihm dazwischen. "Hat man denn nirgends seine Ruhe...", murmelte ich gerade so laut, dass er es verstehen konnte. Und erneut überraschte er mich, in dem er keinen Spruch und keine Beleidigung von sich gab, sondern mir einfach nur wortlos hinterher sah.
Warum war er hier? Hatte er mich verfolgt? Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen, das wäre einfacher für uns beide. Mein Herz würde nicht weiter brechen und sein Urlaub wäre um einiges enspannter.
Ich fuhr mir einmal nachdenklich durch die Haare. Der Strand hat mich definitiv nicht auf andere Gedanken gebracht, ich brauchte also etwas anderes... Sport! Ja, gleich würde ich auf jeden Fall zum Kickboxen gehen, da konnte ich immer abschalten. Doch vorher musste ich noch einmal ins Hotel.
Dort angekommen ging ich geradewegs auf die Rezeption zu. "Alex? Wolltest du dir nicht heute freinehmen?", fragt meine beste Freundin direkt irritiert, als sie mich sah. "Ja, das wollte ich und habe ich ja auch. Bin auch gleich wieder weg, ich wollte dich nur eben was fragen." - "Und was?"
Ich drehte mich noch einmal um und versicherte mich, dass wir ungestört waren. "Als... ich vorhin weggegangen bin. Ist Harry mir da hinterher gelaufen?" Lucy hob ihre Augenbrauen und musterte mich misstrauisch. "Alex. Ich sagte dir zwar, dass alles gut wird, doch meinst du nicht, dass du dir da gerade zu viele Hoffnungen machst."
Auf diese Aussage musste ich wirklich lachen, denn normalerweise war Lucy diejenige, die noch Hoffnung hatte, wo es schon lange keine mehr gab. Offensichtlich verwirrt wegen meines Lachens, runzelte die Rothaarige die Stirn. "Nein, darum geht es mir gerade nicht, Lucy." - "Na wenn du meinst. Aber nein, tut mir leid, er ist dir nicht gefolgt. Er ist erst vor 20 Minuten raus gegangen. Warum?"
Ich nickte nur, doch Lucy schien mit meiner Antwort ganz und gar nicht zufrieden zu sein, denn ihre Augen formte sie zu kleinen Schlitzen, was schon wirklich gefährlich aussah - für alle, nur nicht für mich. Davon amüsiert lachte ich noch einmal laut auf. "Okay, danke. Und einmal für Dich: Ich mache mir nichts daraus, nur war er eben dort, wo ich vorhin auch hingegangen bin."
Ohne ihre Antwort abzuwarten, klopfte ich noch zweimal auf den Tresen der Rezeption und drehte mich dann um, um zu gehen. Vor der Tür hielt ich kurz inne und atmete die Luft von Daytona Beach ein, ehe ich einmal zu dem Zimmer schielte, in dem ich letztens erst Harry erkannte.
"Seelenverwandte...tzz...so ein Schwachsinn.", nuschelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und setzte mich dann auch schon in mein Auto, um zum Kickboxen zu fahren.
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Lover or Liar - Part II - Larry Stylinson
FanfictionPart II von Love and liars. (Part I muss nicht unbedingt vorher gelesen werden) Vor elf Jahren hat Louis' Leben ein jähes Ende gefunden. Nicht er selbst, aber seine Identität wurde ermordet. Sein bisheriges Leben musste er von jetzt auf gleich hinte...