30. Whiskey

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18:15 Uhr. Endlich! Ungeduldig ließ ich meinen Rechner herunterfahren und sprintete in den Nebenraum, um mir ein paar andere Klamotten aus der Kommode zu ziehen. Morgen oder so sollte ich meinen Vorrat hier mal wieder auffüllen. Schnell verschwand ich aus der Tür, um zu den Mitarbeiterduschen zu gehen. Heute war es ziemlich warm und ich habe, trotz Klimaanlage, ordentlich geschwitzt, so wollte ich mich unmöglich mit Harry treffen.

Frisch geduscht stand ich nun vorm Spiegel und stylte meine Haare, nachdem ich mich schon angezogen und Parfüm aufgelegt hatte. Ich wurde immer nervöser und mit jeder Minute, die verging, beschleunigte sich mein Herzschlag. "Entspann dich Louis, das ist nur ein Treffen mit einem Kumpel.", nuschelte ich zu mir selbst. Ich betrachtete mich im Spiegel und wurde unsicher? Habe ich mit meinem Aussehen und Parfüm übertrieben? Es war schließlich kein Date. Egal, wir gehen was trinken und da geht man schließlich nicht mit Jogginghose hin.

Nachdem ich meinen Anzug wieder in mein Büro gebracht hatte, ging ich langsam den Flur entlang, um zur Treppe zu kommen. Ein bisschen Bewegung, um die Nervosität zu überspielen, würde mit Sicherheit nicht schaden. Unten angekommen sah ich, dass Harry auch gerade erst zu Lobby ging und nur ein paar Schritte vor mir war, er musste also mit dem Fahrstuhl gefahren sein. Nur Freunde, rief ich mir ins Gedächtnis, während ich wie ich Irrer auf Harrys Hintern starrte, während dieser vor mir lief. Naja, gucken wird ja wohl noch erlaubt sein, nur anfassen werde ich ihn natürlich nicht. Das wird ein Klacks! 

Harry hatte eine zerfetzte, schwarze und enganliegende Jeans an, dazu braune Chelsea Boots und ein körperbetontes weißes Shirt. Seine Haare hatte er zu einem Dutt gebunden und ein paar Ringe schmückten seine Finger. 

"Hi Harry.", begrüßte ich ihn freundlich. Er drehte sich um und lächelte mich an: "Hey. Na, wie war die Arbeit?" - "Ach, nichts besonders. Dies und das. Alles wie immer." Dass der Tag sich wie Kaugummi zog und ich mich kaum konzentrieren konnte wegen ihm, verschwieg ich lieber. Er nickte und sah mich erwartungsvoll an: "Bleiben wir hier?" - "Ich dachte eigentlich, dass wir ein Stück gehen und in eine andere Bar gehen. Hier bin ich so oft.", grinste ich ihn an. Außerdem mussten meine Mitarbeiter nicht unbedingt sehen, was ich in meiner Freizeit trieb.  

In der Bar war es erstaunlicherweise ziemlich voll, damit hatte ich absolut nicht gerechnet. "Wow, wir haben es mitten in der Woche und noch ziemlich früh, gibt's hier was umsonst?", sprach ich eher zur mir selbst, dennoch zuckte Harry mit den Schultern.

"Guten Abend, haben Sie noch ein paar Plätze frei?" Entschuldigend sah mich der Kellner an. "Tut mir leid, wir haben gerade eine Geburtstagsgesellschaft hier und Karaoke-Abend. Momentan sieht es schlecht aus, aber ihr könnt warten." Ich runzelte kurz die Stirn und sah Harry an. "Entscheide du.", sagte er aber nur. "Okay, dann gehen wir wieder, trotzdem danke."

Gemeinsam verließen wir wieder die Bar und blieben draußen unschlüssig stehen. "Das war ja eine super Idee von mir. Tut mir leid." - "Ach was, alles gut. Das konntest du ja nicht wissen." Ich presste die Lippen aufeinander, nickte und scannte einmal unsere Umgebung ab. Zurück in die Hotelbar wollte ich eigentlich nicht, da fiel mir der Supermarkt ins Blickfeld. "Weißt du was? Ich sitze den ganzen Tag im Büro, da brauche ich keine Bar, sondern frische Luft. Lass uns einfach was zu trinken kaufen und dann an den Strand setzen." Harrys Blick erhellte sich und er fing an zu grinsen: "Gute Idee."

Nachdem wir uns im Supermarkt mit Whiskey, Redbull und Cola eingedeckt hatten, gingen wir über die Promenade zum Strand. Wir setzten uns dicht ans Wasser in den Sand nebeneinander und schauten aufs Meer, während am Horizont langsam die Sonne unterging und den Himmel in orange und pink tauchte. "Es ist so schön hier...", murmelte Harry nachdenklich. Nickend stimmte ich ihm zu und öffnete die Whiskeyflasche, Gläser oder Becher hatten wir keine, so dass ich die Flasche direkt an meine Lippen setzte. Die goldene Flüssigkeit brannte in meiner Kehle, doch schmeckte wirklich gut.

"Hier...", sagte ich, während ich Harry die Whiskeyflasche hinhielt. Ohne zu zögern, griff er nach ihr und nahm auch ein paar Schlücke. "Wie geht es eigentlich deinen Eltern, Harry?" Er verzog kurz etwas den Mund und schaute in den Himmel. "Mum geht es gut, aber Dad... er hat Krebs."

Oh nein, ich riss meine Augen auf und schluckte. "Das... tut mir leid." - "Man lernt damit umzugehen." erwiderte Harry und schaute mich lächelnd an, welches ich nur erwidern konnte. 

___

Und während die Zeit verstrich, wurde der Himmel immer dunkler und die Whiskeyflasche immer leerer. Ich merkte erst gar nicht, wie Harry mich verträumt von der Seite anstarrte und über jede witzige Bemerkung von mir lauthals lachte. Dieses Geräusch ließ mich jedes mal glücklich strahlen, denn er lachte wegen mir so - ich hatte ihn zum Lachen gebracht. Doch als wir in ein angenehmes Schweigen verfielen, wagte ich einen Blick zur Seite und versuchte vergeblich mich nicht in seinen grünen Augen zu verlieren. 

Louis! Schau woanders hin, sonst wird das nichts mit dem 'Freunde sein'. Verzweifelt versuchte mein Verstand meinen Körper zu überreden, dass ich ihn nicht so anstarren sollte, doch gehorchen wollte dieser nicht. Es war als wären tausend kleine Kämpfer in mir, die meinen Verstand in Watte hüllten, damit dieser nichts mehr zu melden hatte. 

Immer wieder huschten Harrys Augen zu meinen Lippen und das machte mich wahnsinnig. Auch mein Blick blieb immer wieder an seinem wunderschönen Mund kleben. Verdammt, verdammt, verdammt!

Ich musste mich konzentrieren, um meinen Atem wieder zu regulieren. Doch ich kann nicht sagen, ob es schlussendlich Harry oder der Alkohol oder die Mischung war, dass ich mich wie hypnotisiert vorbeugte. "Nur Freunde...", nuschelte ich eher zu mir selbst. Doch auch Harry kam mir näher und nickte kaum merklich. "Nur Freunde...", hauchte er ebenso leise. 

Mein Herz begann wie wild zu rasen, als ich Harrys Augen immer detaillierter erkennen konnte und sein einzigartiger Duft mir ohne Scheu in die Nase kroch. Kurz vor seinen Lippen hielte ich inne und ließ ihm noch die Chance einen Rückzieher zu machen. Sollte ich es wirklich wagen? Ich will keine Beziehung zerstören. Wir mussten beide schon jetzt schwer atmen und Harry schloss seine Augen. "Küss mich endlich.", flüsterte er an meine Lippen und das ließ ich mir nicht zweimal sagen, denn er wollte es offensichtlich ja auch. Kaum hatte er es ausgesprochen, überwand ich mich und legte meine Lippen auf die von Harry. Während wir uns sanft und langsam küssten, explodierte in mir ein Feuerwerk. Ein Wunder, dass man dieses nicht hören konnte - Funken sprühten, Knaller knallten und Raketen pfeiften.

Völlig überwältigt von diesem Gefühl konnte ich einfach nicht anders und seufzte in den Kuss hinein. Doch auch Harry schien es nicht anders zu gehen und seufzte ebenfalls. Dieser Kuss raubte mir sämtliche Sinne, so dass ich gar nicht bemerkte, wie Harry vorsichtig seine Hände auf meine Schultern legte und mich sanft nach hinten in den Sand drückte. Erst als ich es realisierte, hob ich meine Arme und vergrub meine Hände in seinen Haaren.

Und so lagen wir dort nun am Strand. Harry halb neben, halb auf mir, betrunken und knutschend... Da haben wir uns ja lange an unsere Abmachung 'nur Freunde' gehalten. Großartig.

Lover or Liar - Part II - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt