,,Ich werde irgendwann auch so gut spielen", hört Jimin sein eigenes Murmeln. Vor ihm, die Tasten des Klaviers seines Vaters. Auf dem Halter die Noten. Und neben ihm?
Park Junsu.
Aber irgendwas ist anders. So oft hat er diese Erinnerung schon durchlebt. Eine Erinnerung, in der er für immer festhängt. Hätte er, als diese Erinnerung tatsächlich geschah, doch nur gewusst, welch Gewicht an Bedeutung sie mal haben würde.
,,Das werden wir ja sehen, ob du mich einholen kannst", kommt es plötzlich ungewohnt aus dem Mund seines Vaters. Verwirrt, nicht verstehend, reißt Jimin die Augen auf und schaut zur Seite. Da, wo sein Vater sitzt. Und es ist alles wie immer. Die selbe, ihn verzerrende Erinnerung.
Aber wieso lacht er an dieser Stelle nicht so herzzerreißend? Wieso macht er es nicht? Diese Lache die Jimin immer wieder verfolgt. Diese Lache, die er all die Jahre nie vergessen konnte. Nicht zu vergessen dieses spöttische Betätscheln seines Kopfes.
,,Wieso lachst du nicht", kommt es aus Jimins Mund, fast ein Flüstern, keuchend. Doch anstatt sein Vater ihn unverständlich anschaut, zucken nur dessen Mundwinkel ein winziges Bisschen nach oben. Und das Stück müsste längst zu Ende sein?
Ist es aber nicht.
,,Weil das nicht unser Stück ist, Jimin", spricht sein Vater wieder diese ungewohnten Worte. Wie kann sich, nach all den Jahren, diese schmerzende Erinnerung plötzlich ändern. Umschlagen, von heute auf morgen?
,,Es ist das Stück von mir und Yoongi", beendet er seine Antwort auf Jimins wirre Gedanken, die sein Vater, dessen Anwesenheit er mittlerweile zu anzweifeln beginnt, zuhören scheint. Doch noch ungläubiger starrt Jimin, ihn an. Wie er seinen Mundwinkel leicht hochgezogen hat und munter weiter spielt. Ein Stück, das überhaupt nicht in seine Erinnerung passt.
,,Danke für die Blumen", spricht er wieder. Wie kann das neben ihm aussehen wie sein Vater. In diesem Licht auch noch. Wie können die Sonnenstrahlen jede Feinheit seines Antlitzes genauso wiederspiegeln, ihn wiederspiegeln und dennoch überhaupt nicht wie er sein?
,,Danke, dass du all die Jahre auch mich besucht hast, als er es nicht konnte."
Und das ist es. Der Moment, in dem Jimin sich unwillkürlich eingestehen muss, dass das neben ihm, auch, wenn er alle äußerlichen Merkmale seines Vaters erfüllt, einfach nicht sein Vater ist. Einfach nicht Park Junsu. Sein Vater.
,,Auch, wenn die Tulpen die du mir gebracht hast irgendwie komisch aussehen."
Schluckend, Augen weitend, starrt Jimin auf die weißen Tasten. Es ist die selbe Szene. Die selbe Erinnerung. Der selbe Tag. Der selbe Jimin. Aber heute ist es nicht sein Vater der dort neben ihm sitzt und ihr Stück spielt.
Heute ist es Min Donghae, in Jimins Erinnerung. Neben ihm, wie er ein für Jimin unhörbares Stück spielt. Er kann die Töne nicht wirklich zuordnen. Alles klingt so verzerrt, unverständlich, unwirklich.
Aber dennoch. Egal wie oft Jimin zur Seite schaut in der Hoffnung, dass dieser Mann neben ihm endlich eine andere Gestalt annimmt, er tut es nicht. Dieser Mann, sieht immer noch aus wie sein Vater.
,,Ist es nicht ironisch, dass ich an genau diesem Klavier sitze und ein komplett anderes Stück spielen", spricht er ruhig und hört dennoch nicht auf. Egal wie komisch er das auch gerade betitelt hat.
Und in diesem Moment fällt Jimin mit erschreckendem Gesichtsausdruck ein, dass sein Vater doch gleich deren Namen in das Klavier ritzen muss. Doch, als hätte Min Donghae Jimins Mimiken perfekt gedeutet, verlangsamt er plötzlich sein Spiel und lächelt Jimin an.
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RAIN | Yoonmin
FanfictionAls Min Yoongi eines Tages wieder in seinem Stammcafé sitzt und an seinen Texten schreibt, kann er nicht glauben, was sich draußen vor dem Fenster, an dem er sitzt, abspielt; ein Junge steht genau davor, doch beobachtet er nicht Yoongi, sondern foto...