Kapitel 6

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Am Abend machte Riku sich, wie er Samu versprochen hatte, auf den Weg zu der Bar ‚Gaselli‘, wo er sich zwei Abende zuvor aufgeführt hatte, wie der letzte Volltrottel. Insgeheim hoffte er irgendwie, dass Alexandra nicht arbeiten würde und er so einfach wieder flüchten konnte, ohne sich einer Aussprache stellen zu müssen. Aber auf der anderen Seite, würde er sich freuen, wenn sie nach dem verkorksten Abend vielleicht doch noch mit ihm sprach und er sie etwas besser kennen lernen könnte. Schließlich hatte sie ihm durchaus gut gefallen.
Nach dem Gespräch mit Anna musste Lexy sich wirklich beeilen um sich noch einigermaßen fertig zu machen und zu schminken und kam doch noch pünktlich an. Ein kurzer Blick durch die Bar verriet ihr, dass es noch recht ruhig war und überwiegend Stammgäste da waren. Sofort fing sie an die dreckigen Gläser zu spülen und versank dabei ein bisschen in Gedanken. Jetzt wo sie wieder hier war, musste sie an das Gespräch mit Anna denken und an die Kerle an die sie bisher geraten war.
Vor dem Tresen, an den Riku getreten war, räusperte er sich verlegen. Er hatte Alexandra schon entdeckt, als sie zur Türe herein gestürmt war und stellte sich nun der Herausforderung, die Samu ihm auferlegt hatte. Ein leises Geräusch riss die junge Kellnerin aus ihrem Gedanken und sie blickte auf. Mit allem und jeden hätte sie jetzt gerechnet, nur nicht mit dem Typen von vor zwei Tagen. Heute sah er ein bisschen anders aus und sie überlegte was er wohl hier nochmal wollte. „Ja?" fragte sie deshalb nur und zog eine Augenbraue hoch.
„Könnte ich eine Cola bekommen, bitte?“ fragte er nach und räusperte sich erneut, bevor er sich an die Theke auf einen Barhocker setzte und Alexandra eindringlich anblickte und tief Luft holte: „Und naja... außerdem... ich... ich wollte... also...“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und brauchte einen Moment, eh er weiter sprach: „Also... eigentlich wollte... ich mich entschuldigen!“
Alexandra hatte ihn genau beobachtet und griff dann nach einem Glas um ihm eine Cola einzuschenken und rüber zu reichen. Die Entschuldigung kam total überraschend und sie starrte ihn für einen Moment einfach nur an. So wie er da saß, total um Worte verlegen und ganz anders als vorgestern, da musste sich echt anstrengen um ihn nicht irgendwie niedlich zu finden.
„Wofür möchtest du dich denn genau entschuldigen?" wollte sie deshalb wissen und vielleicht auch um es ihm nicht so einfach zu machen.
„Na ja... für alles, was ich da so gesagt und getan habe... Das... das war eigentlich gar nicht ich!“ Er zuckte verlegen mit den Schultern und strich sich fahrig durch die wuscheligen Haare, um seine Verlegenheit irgendwie in den Griff zu bekommen. „Ich... na ja... ich habe mich verhalten, wie der letzte Vollidiot und Macho, aber... ich weiß nicht einmal warum. Ich glaub, als ich betrunken war, fand ich mich cool so... Aber... ich war es nicht, hab ich recht?“
Lexy hatte die Hände in die Hüfte gestemmt und versuchte bei diesem Häufchen Elend, welches jetzt vor ihr saß nicht schwach zu werden. Es dauerte ein paar Augenblicke bis sie antwortete und konnte sich ein leichtes Lächeln dennoch nicht verkneifen.
„Cool? Oh Herzchen du warst alles andere als cool. Du warst unhöflich, nervig und aufdringlich und ausgesprochen frech." zählte sie auf was ihr jetzt so einfiel.
Allerdings verdiente er echt etwas Respekt, denn bisher hat sich nach einer Alkohol gesteuerten Tat noch niemand wieder so schnell hierher zurück getraut und schon gar nicht um sich zu entschuldigen.
„Also... ich fand mich cool. Aber ich war auch betrunken!“ Nun gluckste auch Riku und lachte dann laut los. „Ich glaube ich hab mich noch nie in meinem Leben so zum Affen gemacht!“ platzte es ehrlicher aus ihm heraus, als geplant und er hielt sich schnell den Mund zu, um nicht noch mehr Unsinn zu faseln.
„Ja offensichtlich fandest du das, sonst hättest du es ja auch nicht gemacht." antwortete die junge Frau nun und war ein wenig irritiert als er zu lachen anfing.
Heilige Scheiße, was hatte der Kerl für eine Ausstrahlung wenn er lachte dachte sie sich im Stillen. „Du willst mir ernsthaft erzählen, das von vor zwei Tagen war dein peinlichstes Erlebnis?" herausfordernd blickte sie ihm in seine Augen.
„Na ja.. abgesehen von diesem einen Abend, wo ich ausversehen von der Bühne gefallen bin...“ Er zuckte mit den Augenbrauen und funkelte sie mit amüsiert blitzenden Augen an. „Das war auch schon arg peinlich. Aber normalerweise versuche ich mich wenigstens zu benehmen!“ Er lachte erneut auf. „Nur irgendwie... gelingt mir das wohl nicht immer.“
Anna hatte schon irgendwie recht was seine Haare und Augen betraf kam es ihr in den Sinn, nur um es sofort wieder zu verdrängen.
„Ich denke ab und zu darf man sich daneben benehmen, sonst wär es doch langweilig. Kommt halt immer drauf an was man tut, oder?" Sie lachte kurz auf und runzelte dann die Stirn. „Von der Bühne gefallen? Spielst du Theater oder so was?"
Riku kam nicht umhin zufrieden zu Grinsen, schien die junge Frau ihn doch nicht zu kennen.
„Nun ja... nicht direkt Theater. Eher Gitarre!“ Er sprang auf und fing an ihr eine filmreife Vorstellung einer Luftgitarre vorzuspielen.
Sie wollte es eigentlich nicht, aber damit brachte er sie nun richtig zum Lachen.
„Hahahaha also das ist ja mal eine großartige Darbietung. Kannst du das auch mit einer echten Gitarre oder bevorzugst du die... Luft zu spielen?"
Als er sich wieder gesetzt hatte, nippte er erst kurz an seiner Cola und antwortete ihr dann auf ihre Frage.
„Nun ja... ich spiele durchaus auch gern die Luft, aber generell mag ich es lieber einen von meinen Ladies zu bespielen...“ Als er kurz über seine Worte nachgedacht hatte, stockte ihm der Atmen und er wurde schlagartig rot, bevor er noch hinterher stammelte: „also... eine... eine meiner... Gitarren!“ Sie wurde kurz von ein paar anderen Bestellungen abgelenkt und kam dann wieder zu ihm zurück. „So so deine Ladies. Haben die Damen dann auch Frauennamen?" fragte sie grinsend und ihre Augen blitzten amüsiert auf weil er wegen seiner Aussage doch glatt rot anlief.
„Natürlich haben sie Namen... aber... ich stelle sie nur ganz wenigen Menschen auch damit vor. Eigentlich würde ich sie sogar lieber geheim halten, aber meine Bandkollegen sind allesamt so schrecklich neugierig!“ Er schlug sich gespielt theatralisch vor die Stirn und zwinkerte ihr dann zu, während er sein leeres Glas deutete: „Bekomme ich noch eine bitte?“
Sie reichte ihm das nächste Glas und beugte sich neugierig etwas vor. „Wie heißt denn deine Lieblingsgitarre?"
Er beugte sich ebenfalls ein Stück nach vorne, um ihr so zu bedeuten, dass er ihr ins Ohr flüstern wollte und murmelte dann: „Das würde ich dir verraten, wenn du einfach morgen Abend mit mir ausgehst. Ich würde dir sogar ein Foto von ihr mitbringen.“
Seine Lippen waren bei seinen Worten so dicht an ihrem Ohr, dass sein Atmen leicht ihre Haut streifte und er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, als sie leicht zu schaudern schien.
Als er ihr nun so nahe kam, konnte sie sein Parfüm riechen und war für ein paar Sekunden irritiert wie gut er roch. Mit ihrer Reaktion auf das einfache Flüstern hätte sie ebenfalls nicht gerechnet und verfluchte ihren Körper und die Gänsehaut die sie nun bekam.
„Also du... ich" räusperte sie sich und brachte wieder etwas Abstand zwischen sich und ... "Wie heißt du eigentlich?"
„Oh, wie unhöflich!“ Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn und stellte sich dann vor: „Riku. Mein Name ist Riku.“
"Also Riku, so verlockend wie das auch klingt, aber ich habe morgen leider keine Zeit. Muss für eine Klausur lernen und da ist der ganze Tag für verplant." antwortete sie ihm, als sie sich wieder etwas gefangen hatte.
„Schade... aber... wann lernst du denn nicht für eine Klausur, vielleicht... könnten wir dann...?“ ruderte Riku zurück und fühlte sich schon wieder, wie der letzte Depp die junge Kellnerin so offensiv angeflirtet zu haben, ohne sie wirklich zu kennen. Was war nur schon wieder in ihn gefahren? Er war doch sonst nicht so!
Das was er ihr bisher gezeigt hatte, war durchaus angenehm und sie glaubte ihm inzwischen, dass das vor zwei Tagen nur ein Totalausfall war, aber sie wollte sich hier auf nichts näher einlassen.
„Im Moment bin ich ziemlich im Stress was das angeht." wich Lexy ihm aus und versuchte die richtigen Worte zu finden. Das mit dem Stress und der Klausur war immerhin nicht gelogen.
„Ich muss mich in nächster Zeit vermehrt auf mein Studium konzentrieren und nächste Woche kommt eine Freundin, also wird das so schnell nichts."
Riku versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie ihn diese Abfuhr traf. Und doch war sie doch irgendwie berechtigt, wenn er daran dachte, wie er sich vor zwei Tagen benommen hatte. Auch wenn er sich entschuldigt hatte, vielleicht war es einfach zu viel gewesen. Entsprechend betrübt stand er auf und legte Alexandra einen fünf Euro Schein auf den Tresen.
„Da kann man wohl nichts machen, hm? Ich muss auch wieder los...“ Er deutete kurz auf das Geld. „Der Rest ist für dich!“ murmelte er noch, bevor er sich auf den Weg aus der Bar heraus machte, wobei er sich durch einen Pulk junger Menschen schlängeln musste, die durch die Türe strömten, offensichtlich um einen Junggesellenabschied zu feiern.
Ihm traf ihre Abfuhr offensichtlich schon ziemlich, denn bevor sie noch etwas sagen konnte war er bereits aus der Tür raus.
Einige Augenblicke hoffte die junge Frau noch, er würde wieder zurückkommen und schaute vergeblich auf die Tür. Da es jetzt voller wurde, hatte sie keine Zeit mehr rumzustehen und nachzudenken und musste sich auf ihre Arbeit konzentrieren.
Erst auf dem Weg nach Hause schlich er sich wieder in ihre Gedanken und hatte dem Anschein nach, nicht vor so schnell wieder zu gehen. Jetzt bereute sie die Verabredung nicht angenommen zu haben, aber da sie nichts von ihm wusste außer seinem Namen, konnte sie das jetzt nicht mehr ändern.

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