Kapitel 13

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Samu und Raul verschwanden zur Theke, orderten Sekt für alle und eine der Kellnerinnen zauberte von irgendwo sogar eine Torte her. Als es nur noch wenige Sekunden bis 0 Uhr waren hatten alle ein Glas Sekt in der Hand und standen grinsend vor Riku um pünktlich Happy Birthday zu singen. Samu übertönte natürlich alle und als das Lied zu Ende war reihten sich alle auf um dem Gitarristen zu gratulieren.
„Danke, ihr seid einfach der Hammer!“ freute Riku sich über die Glückwünsche seiner Kumpel, Anna und ganz besonders natürlich von Alexandra, die er am liebsten aus der Umarmung gar nicht mehr entlassen wollte.
Sein Herz schlug unwillkürlich schneller, als er ihren lieblichen Duft einsog und er musste sich zusammen reißen, sie wirklich wieder los zu lassen und sie einfach nur dankbar anzulächeln. Lexy war die Letzte in der Reihe und wusste erst nicht was sie machen sollte. Da ihn aber jeder, auch Anna, in den Arm genommen hatte, wurde ihr die Entscheidung abgenommen. Sie fühlte sich sichtlich wohl in seinen Armen und war etwas enttäuscht als es viel zu schnell wieder vorbei war. „Happy Birthday Riku. Es ist ein bisschen peinlich, aber da die Aktion sehr spontan war... und ich dich gar nicht kenne, haben wir leider kein Geschenk für dich." murmelte sie leise und blickte ihn schuldbewusst direkt in seine Augen.
Seine Antwort war jedoch nur ein strahlendes Lächeln, bevor er sich zu ihr herab beugte und ihr leise ins Ohr wisperte:
„Dass du hier bist, ist das größte Geschenk, was du mir machen konntest!“ Vorsichtig strich er ihr eine Strähne ihres kurzen Haares aus der Stirn und zog sie erneut an sich: „Dank dir, Alexandra, vielen, vielen Dank!“
Die anderen waren schon dabei die Torte zu verteilen und Samu wollte mit dem Teller in der Hand gerade zu Riku.
„Willst du...?" Er hielt mitten im Satz inne, als er die Szene zwischen seinem besten Freund und Alexandra beobachtete und drehte sich wieder in die andere Richtung um sie nicht zu stören.
Schneller als sie gedacht hatte, war sie wieder in seinen Armen und kuschelte sich mit einem kaum hörbaren Seufzer an seine Brust.
„Freunde nennen mich übrigens Lexy." nuschelte sie in sein Shirt.
„Und? Darf ich dich auch Lexy nennen?“ fragte er forsch zurück.
Er war sich nicht sicher, ob die junge Frau in seinen Armen nicht irgendwie spüren musste, wie aufgeregt und nervös er war, sie in seinen Armen zu halten. Aber zumindest musste sie merken, dass er sie erneut nicht aus seinen Armen entlassen wollte. Er hatte immer noch die Arme um sie gelegt, deshalb hob sie nur leicht den Kopf, blickte zu ihm hoch und verlor sich in seinen Augen. Unfähig ein Wort zu sagen nickte sie einfach nur. Sie hatte plötzliche einen ganz trockenen Mund und leckte sich ohne es zu merken über die Lippen. Schon diese kleine Geste war genug, um in Rikus Bauch die viel zitierten Schmetterlinge tanzen zu lassen. Allein der Wunsch, Lexys Lippen mit seinen zu berühren, reichte aus, dass er sich ihrem Mund langsam näherte, als ihm plötzlich jemand von hinten auf die Schulter schlug und die ganze Stimmung zu Nichte machte:
„Mensch Riku, altes Haus! Alles Gute!“ blökte der Wirt hinter ihm und grinste den Musiker fröhlich an. „Meinst du, du und die Jungs, ihr könnt gleich etwas Musik für uns machen? Wir warten da eigentlich schon den ganzen Abend drauf!“
Normalerweise und bei einem anderen Mann hätte sie sich schon längst los gemacht und wäre auf Abstand gegangen. Bei Riku war es allerdings anders und als sie seine Absicht sie zu küssen erkannte, reckte sie ihm ihr Kinn entgegen und schloss ihre Augen. Anstatt eines Kusses, spürte sie allerdings nur eine leichte Erschütterung und fand sich schnell auf dem Boden der Tatsachen wieder, als Riku von jemandem angesprochen wurde.
Die Umarmung wurde aufgelöst und sie schwankte für einen Moment bevor sie sich dann hilfesuchend nach Anna umsah. Diese war jedoch schon wieder mitten im Getümmel und unterhielt sich blendend mit Osmo und Samu, so dass sie nichts um sich herum mitbekam. So bekam Lexy erst den nötigen Halt, als Riku den Pubbesitzer abgewehrt hatte und sie wieder in den Arm nahm.
„Alles in Ordnung? Du schwankst so!“ murmelte er und zog sie einfach mit sich zu den Stühlen, um sich zu setzen.
Nun saßen sie etwas abseits von dem Getümmel und Lexy merkte, dass ihre Hände leicht zitterten.
„Ich ... also... weiß nicht..." stotterte sie verlegen und wusste plötzlich nicht wohin mit ihren Händen. Ihr Herz klopfte laut und kräftig und sie machte sich Gedanken ob man es hören konnte. Als hätte Riku es geahnt, nahm er ihre Hände in seine und strich ihr sanft mit dem Daumen über den Handrücken.
„Magst du vielleicht etwas nicht Alkoholisches zum Trinken? Eine Cola oder ein Wasser?“ Er deutete auf den mit Guniessgläsern übersäten Tisch, der gerade von einer Pubangestellten abgeräumt wurde. „Ich glaube nämlich ich brauche gerade dringend so etwas, um... um wieder runter zu kommen.“ Die letzten Worte hatte er merkwürdig betont gesprochen und war dabei zudem immer leiser geworden.
'Eigentlich hätte ich jetzt lieber einen Schnaps oder so etwas‘, dachte Lexy und starrte für einen Moment auf seine und ihre Hände. Dann hob sie den Kopf und lächelte etwas schief.
„Um runter zu kommen?" fragte sie nach und biss sich auf die Lippe als auch bei ihr ankam was er wohl meinte.
„Ja... ich... weißt du... ich bin die Nähe einer Frau... also so eine Nähe... nicht mehr gewohnt...“ stammelte der Gitarrist vor sich hin und wurde sofort rot dabei. Warum war ihm nicht etwas Schlagfertigeres eingefallen? Nein! Stattdessen musste er ehrlich ausbreiten, dass Lexy die erste Frau seit Langem war, die ihn irgendwie innerlich berührte.
Dieses Geständnis löste etwas in Lexy aus und sie rückte noch ein wenig näher an ihn ran. Mutig legte sie den Kopf an seine Schulter, so dass sie ihn ansehen konnte und versuchte seinen Blick einzufangen.
„Das ist doch nichts Schlimmes, ehrlich gesagt gefällt mir das sogar echt gut." Den letzten Satz hat sie auch nur noch geflüstert, weil sie plötzlich gar nicht wusste warum es ihm wichtig sein sollte, dass es ihr gefiel.
„Das freut mich!“ wisperte er zurück und drückte ihre Hände, die er noch immer in den seinen hielt, sanft. „Was meinst du. Sollen wir uns für ein paar Minuten abseilen? Ich glaube ich hätte jetzt gern etwas Ruhe und frische Luft. Und bei so einem kleinen Spaziergang in der Nacht kann man sich doch gut unterhalten, meinst du nicht auch?“ Er versuchte mit seinen Worten sich selbst davon abzulenken, dass er jetzt gerade in diesem Augenblick nichts lieber täte, als sie zu küssen. Allerdings schien weder der Ort, noch die Gegebenheit ihm irgendwie richtig für den ersten Kuss und so konnte er nicht anders, als sich selbst auf andere Gedanken zu bringen.
„Ja ich glaube frische Luft würde mir ganz gut tun." stimmte sie ihm zu und sie erhoben sich.
Sie fühlte sich total überhitzt und überreizt und konnte die Novemberkälte jetzt gut gebrauchen um sich wieder zu beruhigen. Beim raus gehen fiel ihr Blick auf Anna die von ihrer Außenwelt überhaupt nichts mitbekam und von Samu und Osmo total in Beschlag genommen wurde.
„Sag mal, Anna, wie lange bist du eigentlich noch hier?“ fragte Samu plötzlich vollkommen unvermittelt und ohne Zusammenhang zu dem vorherigen Gespräch und legte seinen Arm fast schon besitzergreifend um ihre Schultern.
„Ich fliege Montagabend zurück. Warum fragst du?“ Sie kräuselte ihre kleine Stupsnase und sah den großen Finnen herausfordernd an dabei.
Osmo hüstelte leise und sprach seinen Freund auf Finnisch an. „Sag mal Samu was wird das hier? Dir ist schon klar, dass du kein Single mehr bist oder?"
Samu allerdings zwinkerte seinem Freund nur zu und ignorierte seine Bemerkung. „Ach, man weiß ja nicht was sich noch so entwickelt..." Vielsagend zeigte er in die Richtung in der er Lexy und Riku vermutete: „Aber vielleicht habt ihr ja Lust morgen mit uns etwas zu unternehmen?"
„Wenn ich das jetzt wieder alleine entscheide, habe ich mein Todesurteil unterschrieben. Dann köpft Lexy mich!“ lachte Anna und überging damit, dass sie nichts von dem verstanden hatte, was Osmo und Samu auf Finnisch miteinander gesprochen hatten. Auch wenn sie es eigentlich unhöflich fand, aber den Beiden konnte sie es an diesem Abend irgendwie nicht übel nehmen. Samu wirkte etwas enttäuscht, nickte aber nur.
Nun wollte Osmo die Aufmerksamkeit der jungen Frau zurück und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Ich hoffe wir sind ein würdiger Ersatz für deine Freundin, die ich ehrlich gesagt nirgends entdecken kann..."
In dem Moment piepte sein Handy, er schaute seufzend drauf und machte es kurzerhand einfach aus. Veera hatte ihm bereits die 7. SMS geschrieben und er hatte keine Lust sich den Abend verderben zu lassen.
„Die taucht schon wieder auf!“ kicherte Anna leise und deutete auf ihre Handtasche. „Ich hab den Wohnungsschlüssel! Aber sie die Ahnung, wo wir hin müssen. Und ja, ihr seid ein wirklich würdiger Ersatz. Vielleicht sogar zu würdig...“ lachte sie, als Samu nach ihrer Handtasche griff und einfach mal hinein schaute.
„Was hat eine Frau aus Deutschland denn da so alles drin..." nuschelte er und erntete ein Kopfschütteln von Osmo.
„Ich glaube allzu viel solltest du nicht mehr trinken..." sagte er und wunderte sich ein bisschen über Samus Verhalten. „Was meinst du denn mit zu würdig?" wollte er dann wissen und wurde von Samu unterbrochen, der das Interesse an der Tasche wieder verloren hatte.
„Sag mal Anna..." meinte er verschwörerisch und legte ihr wieder den Arm um die Schulter. „Wartet eigentlich ein Freund auf dich in Deutschland?"
Ihr Blick verdunkelte sich schlagartig und ihre ganze Haltung nahm etwas Abwehrendes an.
„Nein und das ist auch besser so!“ knurrte sie und nahm Samu ihre Handtasche wieder ab. „Ihr entschuldigt mich?“ Ohne ein weiteres Wort stiefelte die junge Frau in Richtung der Toiletten und schloss die Tür gerade noch rechtzeitig hinter sich, damit keiner die Tränen sehen konnte, die sie gerade noch hatte unterdrücken können, als Samu sie nach einem Freund gefragt hatte.
Was war bloß los mit ihr, dass sie das Geschehene nicht mehr so von sich weisen konnte, wie all die letzten Monate? Warum tat es ausgerechnet jetzt so weh? Sie seufzte leise und ließ sich in einer der Toilettenkabinen auf den Klodeckel sinken, wo sie einfach sitzen blieb und sich nicht mehr rührte.
Völlig verwirrt schauten Osmo und Samu hinter Anna her und Letzterer fuhr sich durch die Haare. „Mist da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen." sagte er und fühlte sich schuldig.
Osmo stand auf und ging langsam hinter ihr her. Er wusste nicht genau was er jetzt vor der Toilette wollte, aber er wollte da sein wenn Anna wieder raus kam. Doch diese saß noch immer da und wollte einfach niemanden mehr sehen oder mit irgendwem reden. Als sie entsprechend nach einer geraumen Weile noch immer nicht zurück war, öffnete Osmo einfach die Türe zur Damentoilette und trat zögerlich ein. Vor der kleinen, geschlossenen Kabinentür blieb er stehen und klopfte leise an.
„Anna? Anna, ist alles okay?“ fragte er und bekam als Antwort von ihr nur ein:
„Geh weg, lass mich in Ruhe!“ zu hören, was ihn sichtlich vor den Kopf gestoßen, wieder zu den anderen gehen ließ, die weiter feierten und nicht mitbekommen hatte, was in den letzten Minuten passiert war.

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