Kapitel 3

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„Oh man, Samu, ich habe mich so was von daneben benommen! Das ist mir total peinlich! Ich trinke nie wieder in meinem Leben Alkohol!“ Riku seufzte verzweifelt auf und ließ sich auf das große Sofa seines Kumpels fallen, der ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen musterte und kein Wort sagte, bis Riku die ganze Geschichte vor ihm ausgebreitet hatte und sich nun die Haare raufte und immer wieder den Kopf schüttelte, als könnte er so die Tatsachen verdrehen und die Geschichte des vergangenen Abends anders schreiben.
„So kenn ich dich ja gar nicht." mit einem breiten Grinsen saß der Sänger neben seinem Freund und konnte sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen. "Hattest du es nötig und wolltest mal was ganz anderes ausprobieren? Normalerweise bist du so doch gar nicht oder war das ein ‚Bekomme ich die Kleine als Macho ins Bett‘ Test?" Samu fing nun doch an zu lachen und fuhr sich durch die blonden Haare.
„Ja, danke. Das hab ich gebraucht, dass du mich jetzt so unglaublich ernst nimmst!“ Die Ironie sprang regelrecht aus Rikus Worten heraus und er sah Samu mit einem finsteren Blick an.
„Ich weiß auch nicht, was da gestern war. Keine Ahnung! Die Situation, der Alkohol und außerdem weißt du selbst, wie lange ich schon unter Entzug stehe.“ Er machte eine kurze Pause und fiel Samu dann ins Wort, obwohl dieser gerade ansetzte etwas zu sagen: „Außerdem bin ich nicht der Typ dafür, mir eine Frau für eine Nacht oder mal eben so zwischendurch zu suchen, wie der Ein oder Andere aus unserem Freundeskreis!“ Autsch das hatte gesessen!
Samu hob beschwichtigend die Hände. „Sorry, das hatte sich gerade echt angeboten. Außerdem habe ich mich geändert wie du weißt." Er spielte damit auf seine Beziehung zu Milla an, die er nun über zwei Jahre hatte.
„Aber mal ernsthaft, fandest du das Mädel gut oder war das einfach nur weil sie gerade da war?" - „Keine Ahnung. Ich meine... sie war schon ganz niedlich irgendwie. Aber... eben auch eine totale Kratzbürste. Und ich weiß nicht, ob sie das war, weil ich mich benommen habe wie der letzte Neandertaler oder weil sie irgendwie immer so ist.“ brummte der Gitarrist unleidlich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Samu musterte seinen Freund und Bandkumpel genau und versuchte zu ergründen was in ihm vorging. „Gibt nur eine Möglichkeit raus zu finden was dahinter steckt. So wie du klingst ist dir das Ganze nicht egal und du bereust es. Also schwing deinen Hintern wieder in diese Bar und entschuldige dich bei ihr. Entweder jagt sie dich zum Teufel und du kannst sagen, du hast es versucht oder sie gibt dir eine zweite Chance."
Riku war seit der Scheidung immer alleine gewesen, er war nicht der Typ für kurze Affären und war lieber alleine als einen One-night-stand zu haben. Der Sänger bewunderte ihn für diese Einstellung auch wenn man ihm ab und zu ansah wie gerne er wieder eine Frau an seiner Seite hätte.
„Super... und dann jagt sie mich zum Teufel und ich weiß erst Recht, wie sehr ich mich zum Deppen gemacht habe.“ Der Gitarrist schüttelte vehement den Kopf. „Das kann ich nicht machen! Das geht einfach nicht! Ich sollte das einfach vergessen und mich auf die Musik konzentrieren und darauf, dass ich nie wieder Alkohol trinken werde in meinem Leben!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte so einen überzeugenden Eindruck zu machen, auch wenn er bezweifelte, dass Samu darauf herein fallen würde.
„Ja klar und ich bin dann wieder derjenige der sich dein Gejammer anhören darf. Wenn sie dich zum Teufel jagt hat sie auch allen Grund dazu, du hast dich schließlich wie ein Idiot benommen. Schon alleine deswegen hat sie eine Entschuldigung verdient. Du sitzt hier wie ein kleiner Junge und schmollst rum, anstatt dich wie 36 zu benehmen. Fehlt nur noch, dass du mit dem Fuß aufstampfst. Wir gehen da morgen zusammen hin und dann ist das Thema durch!" Der blonde Finne war es nicht wirklich gewohnt Riku eine Predigt zu halten, denn normalerweise war es eher umgekehrt. Umso besser fühlte es sich gerade an, mal auf der anderen Seite zu sein.
„Du willst mit?“ Riku riss die Augen auf und starrte seinen Kumpel erschrocken an. Das konnte nicht sein Ernst sein! Er konnte sich ausmalen, was passieren würde, wenn Samu mit ihm zu Alexandra ging. Er würde die ganze Zeit dreckig grinsend daneben stehen, bis Riku sich in aller Form und für jeden kleinsten Fehltritt bei der jungen Kellnerin entschuldigt hatte.
Samu zuckte mit den Schultern. "Wenn du meinst du traust dich da alleine hin, kannst du es auch ohne mich machen. Milla und ich werden sicher etwas finden um uns zu beschäftigen." Er blickte seinen Kumpel herausfordernd an und war gespannt auf die Reaktion.
„Du kannst ja schon froh sein, dass dich keiner wegen Verführung Minderjähriger dran kriegen kann.“ Riku streckte seinem Kumpel die Zunge heraus und ließ damit durchblicken, dass er nicht wirklich von der Beziehung der Beiden überzeugt war. Gerade weil Milla noch so unglaublich jung war und keinerlei Lebenserfahrung vorweisen konnte. Geschweige denn einen Job oder eine fundierte Ausbildung, aus der sich etwas hätte machen lassen können.
„Hey hey nun mach mal langsam. Milla ist nicht mehr minderjährig, sie ist 22 und das weißt du auch." Samu war sich bewusst, dass Riku auf die Anfangszeit ihrer Beziehung anspielte. Samu hatte seine Freundin kennengelernt, da war sie gerade 18 und musste sich immer wieder Sprüche anhören, die in diese Richtung gingen. Er versuchte immer wieder sie zum Arbeiten zu motivieren, was sie dann auch tat, wenn auch jedes Mal ziemlich widerwillig. „Also was ist jetzt mit der Kellnerin? Gehst du und benimmst dich wie ein Kerl oder spielst du Mäuschen und versteckst dich?"
Riku brummte resignierend und hob die Hände zu einer Art Abwehrhaltung. „Ja, ja, ich gehe zu ihr und entschuldige mich und werde mich dabei ganz brav benehmen! Wenn du mir versprichst, dass du mich dabei nicht beobachtest oder sogar versuchst irgendwie zu vermitteln!“ Er hielt seinem Kumpel die Hand hin, damit dieser zum Einverständnis einschlagen konnte.
Samu ergriff seinerseits Rikus Hand und schlug ein. „Ja ich verspreche es. Für den Fall, dass du dennoch eine Chance bei der Kleinen hast, will ich dir da auf keinen Fall im Wege stehen." Es wurde echt wieder Zeit, dass sein bester Freund wieder eine tolle Frau kennen lernte und in einer Beziehung glücklich war. Wenn es einer verdiente, dann er, denn wenn er verliebt war dann richtig. Samu ging zum Kühlschrank und nahm sich ein Bier raus. „Willst du auch eins oder hast du noch genug von gestern?"
Riku schüttelte sofort den Kopf. „Geh mir weg mit dem Teufelszeug!“ wehrte er vehement ab und lachte dann. „Ich habe immer noch leichte Kopfschmerzen und mir ist noch leicht schwummerig. Da sollte ich auf solche Experimente besser verzichten, sonst habe ich gleich eine recht einseitige Unterhaltung mit deiner Toilettenschüssel!“ Er zwinkerte dem Sänger zu und grinste dann. „Obwohl ich sagen muss, dass die Aspirin in Kaffee aufgelöst ein echtes Wundermittel gegen den Kopfschmerz war!“ Das sogenannte Wundermittel hatte Samu ihm verraten, denn er hatte schon einiges an Erfahrung in dem Bereich gesammelt.
Oft dachte er mit gemischten Gefühlen an die Anfangszeit seiner Band und war froh, dass sich da einiges geändert hatte. Obwohl er die wilden Partys mit seinen Bandkumpels manchmal schon vermisste. Nicht, dass sie jetzt nicht mehr feierten, aber vor 5-7 Jahren war es noch anders gewesen. „Ich glaube, ich finde es auch besser wenn du solche Aktionen in meinem Bad unterlassen würdest." lachte Samu und klopfte Riku auf die Schulter.
„Und Milla bestimmt auch. Stell dir vor, sie müsste das sauber machen... Dabei könnte sie sich ja einen Fingernagel abbrechen!“ Riku konnte sich den erneuten Seitenhieb gegen die Freundin Samus nicht verkneifen und zog seine Augen kurz zusammen, als selbige in den Raum gestöckelt kam und stolz ihre Einkaufstüten auf dem Sofa ausbreitete, bevor sie Samu überschwänglich – vielleicht zu überschwänglich – um den Hals fiel und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückte.
„Hey Pupu da bist du ja. Bist ja ziemlich erfolgreich gewesen wie ich an den Tüten sehen kann." Sie befreite sich aus seinen Armen, kramte in ihrem Geldbeutel und reichte Samu seine Kreditkarte.
„Oh ja mein Muru, du weißt ja, so was macht mich immer so richtig glücklich." flötete sie und ihr Blick fiel dann auf Riku. „Ach du bist auch da?! Habe dich gar nicht bemerkt. Hallo Riku wie geht es dir?" fragte sie mehr aus Höflichkeit, ließ sich auf einen der Sessel fallen und streifte ihre Schuhe ab.
Riku seufzte leise, bevor er übertrieben fröhlich antwortete: „Mir geht es gut, ich musste mich nur mal bei deinem ‚Muru‘ ausheulen, weil Kumpels das ab und zu mal brauchen!“ Er rollte mit den Augen und hatte das Wort ‚Muru‘ scheinbar so seltsam betont, dass aus Samus Richtung ein grummeliges Brummen kam. „Aber da ihr Zwei ja jetzt euch habt und bestimmt etwas Besseres zu tun, als euch mit einem Trauerklos, wie mir abzugeben, werde ich euch jetzt auch wieder alleine lassen. Schließlich will ich euch eure wertvolle gemeinsame Zeit nicht abspenstig machen!“ Sein Blick wanderte zu Samu und er nickte nur kurz zum Abschied. „Wir sehen uns morgen Nachmittag im Studio!“ murmelte er noch und verließ dann ohne ein weiteres Wort das Haus seines Freundes. Samu schaute seinem Freund hinterher und seufzte innerlich. Er war mit Milla jetzt bereits seit zwei Jahren zusammen und keiner seiner Freunde konnte es wirklich verstehen. Zwischen Riku und ihr herrschte ab und zu sogar richtige Kälte und Feindseligkeit.
Die Einzige die von seiner Freundin wirklich begeistert war, war seine Mutter und sie setzte alles daran von den beiden irgendwann Enkelkinder zu bekommen. Heimlich wünschte er sich genau das, diesen Wunsch hatte er mit Milla bisher noch nicht besprochen. Sie war seit geraumer Weile dabei an ihrer Modelkarriere zu feilen, auch wenn sie den Durchbruch bisher noch nicht wirklich geschafft hatte.
Man sah Milla regelrecht die Erleichterung an, als Riku aus der Wohnung gestürmt war. Sofort stand sie auf, ging auf Samu zu und streckte die Hand nach ihm aus. „Hm ich habe da schon eine Idee wie wir unsere gemeinsame Zeit jetzt nutzen können." gurrte sie und schaute den Sänger vielsagend an. „Ich muss mich schließlich noch für meine Einkäufe bedanken oder?" Samu ließ sich von ihr ins Schlafzimmer ziehen und seine Gedanken waren nicht mehr mit anderen Dingen beschäftigt.

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