Kapitel 7

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Am nächsten Morgen saß Anna erneut vor ihrem Laptop und wartete darauf, dass ihre beste Freundin endlich online kommen würde. Es ging ihr zwar noch immer nicht wirklich gut, aber immerhin hatte sie nun so etwas wie Vorfreude und vor allem die Flugtickets, die sie eben ausgedruckt hatte und die sie Lexy zeigen wollte.
Diese allerdings hatte in dieser Nacht nicht gut schlafen, hatte sich von einer Seite auf die andere gewälzt und konnte sich den Grund nicht wirklich erklären. Entsprechend war sie am Morgen schlecht gelaunt und wollte am liebsten niemanden sehen oder hören. Mehr aus Reflex meldete sie sich bei Skype an und hoffte fast Anna würde noch schlafen. Ihre Hoffnung wurde jedoch recht schnell zerstört, als die Videotelefonieanfrage auf ihrem Bildschirm aufploppte und sich das Gespräch mit Anna aufbaute, die jedoch nur das Flugticket in die Kamera hielt und erst einmal nichts sagte.
„Guten morgen Anna." grummelte Lexy und gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Wie ich sehe sind deine Tickets da!"
Anna nickte und grinste: „Gerade ausgedruckt! Aber du siehst nicht gerade erholt aus. Hattet ihr wieder Stress in der Bar? Irgendwelche Besoffenen, die sie fast auseinander genommen hätten?“ Die junge Frau erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem Lexy vollkommen fertig ausgesehen hatte, weil in der Nacht einige Betrunkene die Bar randaliert und einiges an Schaden angerichtet hatten, bevor die Polizei sie eingesammelte hatte.
„Nein es war total ruhig gestern. Wir hatten zwar einen Junggesellenabschied da, aber selbst die haben sich benommen. Ich habe einfach total schlecht geschlafen und bin deshalb echt müde." erzählte die junge Frau ihrer Freundin und ließ die Geschichte mit Riku absichtlich aus.
„Uh, aber nicht, dass du mir krank wirst, Süße?“ horchte Anna alarmiert nach und tippte auf ihren Brustkorb. „Ich komm dich nämlich am Freitag besuchen und dann möchte ich nicht, dass du krank im Bett liegst, weil ich weiß, wie sehr du es hasst, wenn ich dann Krankenschwester spiele!“ Sie streckte Lexy die Zunge raus und grinste dann wieder. „Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich darauf freue!“
„Ich freu mich auch total und sorry, dass ich jetzt nicht so euphorisch rüber komme. Ich werde doch nicht krank, sonst fühle ich mich richtig gut. Konnte nur nicht einschlafen." Lexy rieb sich die Augen und blinzelte. „Warte mal kurz, ich koch mir mal eben einen Kaffee."
Geduldig wartete Anna darauf, dass ihre Freundin zurück kam und malte so lange in ihrem Block herum, der neben ihr auf dem Tisch lag. Sie betrachtete ihre kleine Skizze und lächelte. Aus ihrer Langeweilezeichnung konnte man etwas machen, schoss es ihr durch den Kopf. Das Bild, natürlich fotografiert oder sauber gezeichnet, wäre perfekt für einen Print für einen Prüfungsteil für ihr Fach Werbekampagnen und nun musste nur noch der richtige Text her. Doch an diesem konnte Anna nicht weiter überlegen, rumpelte es doch schon wieder am anderen Ende der Skypeleitung verdächtig.
Mit einem vollen Becher Milchkaffee kam Lexy nun wieder zurück und machte es sich wieder vor dem Laptop bequem. „Du glaubst nicht, wer gestern in der Bar aufgetaucht ist?" Auch wenn sie ursprünglich vorhatte, Anna nichts davon zu erzählen hielt sie es doch nicht lange aus darüber zu schweigen.
„Hm? Wer denn?“ Die Jüngere wurde hellhörig und ihre Augen blitzten schon, als würde sie wissen, welche Antwort nun kommen würde, tat aber so, als hätte sie keine Ahnung.
„Na dieser Typ vom letzten Mal. Also der Machoarsch." murmelte die junge Frau und hoffte nicht rot zu werden.
„Ach?“ Anna tat überrascht, fing dann aber an zu lachen. „Und dann wunderst du dich, dass du nicht schlafen konntest?“ gluckerte sie weiter und strich sich durch die lagen Haare. „Du findest ihn nämlich doch toll, gib es doch endlich zu!“
Lexy erzählte ihrer besten Freundin die ganze Geschichte bis hin zu der Date Anfrage und der Abfuhr die sie ihm erteilt hatte.
„Er war so ganz anders und ich fand ihn wirklich sympathisch." schloss sie ihre Erzählung ab. „Aber mal ehrlich, was soll ich denn mit einem Kerl der vielleicht toll ist, aber in einem anderen Land wohnt?" fragte sie Anna und guckte sie gequält an.
Diese räusperte sich und verkniff es sich zu fragen, ob ihre beste Freundin nicht mehr ganz dicht war, einen Typ, den sie toll fand so abblitzen zu lassen. „Also... Lexy...“ Sie schüttelte den Kopf. „Das ist doch Blödsinn, was du da redest! Schließlich bist du noch mindestens ein halbes Jahr da oben! Die Ausrede glaube ich dir nicht.“
„Und was ist dann? Dann habe ich mich wohlmöglich richtig in ihn verliebt und muss zurück nach Deutschland. Ich finde Fernbeziehungen innerhalb Deutschlands ja schon schrecklich, aber er kommt aus einem ANDEREN LAND!" die letzten Worte hatte sie besonders betont und sie blickte Anna herausfordernd an. „Ich habe übrigens gesagt ich fand ihm sympathisch, nicht dass ich ihn toll fand." sagte sie, weil sie selbst nicht wusste was das gestern genau war.
„Brauchst du auch nicht sagen. Das sieht man dir an!“ Anna grinste noch immer, bevor auch sie ernst wurde. „Aber davon abgesehen... wenn du dich wirklich und ehrlich in ihn verliebt hast, dann kannst du doch auch da weiter zur Uni gehen, deinen Abschluss machen und... dir einen Job suchen. Dich zwingt doch niemand zurück zu kommen... auch wenn ich dich arg vermissen würde!“
„Ich weiß nicht." murmelte sie leise und fuhr sich durch die Haare. „Ich habe keine Lust mehr auf dieses Liebes- und Beziehungshin- und her. Ich bin es echt leid verarscht oder verletzt zu werden. Ich sollte mich hier auf mein Studium konzentrieren und mich nicht von irgendwelchen Kerlen ablenken lassen!" Lexy atmete einmal tief durch blickte nachdenklich ins Leere.
„Und wie kommst du darauf, dass er dich verarschen will? Man Lexy, wenn der Typ es nicht zumindest ernst gemeint hätte, dass er dich kennen lernen will, dann wäre er im Leben nicht noch einmal zu dir gekommen und hätte sich entschuldigt. Dann hätte er einfach nen Abend Spaß gehabt und gut wäre es gewesen!“ Erneut schüttelte Anna den Kopf. „Du machst es dir da gerade echt selbst schwer. Und vielleicht sogar noch schwerer, weil ich kaum glaube, dass er nach dieser Abfuhr noch einmal dahin kommen wird...“
„Jetzt ist es eh zu spät. Ich weiß nur, dass er Riku heißt und Gitarre spielen kann. Wenn er die Wahrheit erzählt hat... Ach Anna, woher soll ich denn wissen warum er es gemacht hat? Vielleicht wollte er nur ein bisschen seinen Spaß haben und dachte ich bin leichte Beute?" Lexy zuckte mit den Schultern.
Sie hatte ihrer Freundin nicht die ganze Geschichte erzählt, denn dass sie ihre Abfuhr fast im gleichen Moment bereut hatte, verschwieg sie dann doch besser.
„Klar, bestimmt, die kratzbürstige Barangestellte ist auch ganz sicher leichte Beute!“ Die Jüngere rollte mit den Augen. „Du hast viel zu viel Angst, Mausi! Was soll denn passieren? Selbst wenn es nur eine Nacht Spaß wäre... So lange ihr euch darüber einig wärt, wäre es doch auch egal... Aber du willst gleich wieder, dass alles perfekt ist. Aber... hey, guck mich an, ich war drei Jahre mit einem Arschloch zusammen und habe diesen Kerl geliebt. Ich hätte alles für ihn getan... und dann? Ganz ehrlich, da wäre mit ne Nacht guter Sex mit einem Kerl, über den ich kaum was weiß, lieber gewesen...“
„Ey wieso nennst du mich kratzbürstig?" empörte sich Lexy und guckte ihre Freundin böse an.
„Na, weil du genau das zu ihm warst!“ Anna nickte, um ihre Worte damit noch zu unterstreichen. „Nach allem, was du von eurer ersten Begegnung erzählst hast, zumindest!“
„Da hatte er auch nichts anderes verdient!" sagte sie ernst und nickte in die Kamera. „Aber wahrscheinlich hast du Recht. Ich habe Angst mich auf etwas einzulassen und einfach mal etwas zu riskieren. Auch wenn ich es bereuen würde, er wird nicht mehr dahin kommen und ich habe keine Ahnung was er sonst so macht."
Ein Seufzten der jungen Rothaarigen durchbrach die entstandene Stille zwischen den Beiden. „Ändern kannst du es jetzt nicht mehr. Nur darauf hoffen, dass er vielleicht ein ganz besonderes Exemplar ist, das besonders hartnäckig ist und deine Abfuhr nicht auf sich sitzen lässt!“ Sie zuckte mit den Schultern und lachte dann auf. „Und jetzt müssen wir Beide endlich wieder aufhören Trübsal zu blasen! Wir sehen uns schon in weniger als einer Woche wieder! Da müssten wir doch Bäume ausreißen!“
„Das stimmt. Und dann machen wir die Bars von Helsinki unsicher und benehmen uns wie Touristen." lachte Lexy und ließ sich so von dem Thema Männer, insbesondere Riku ablenken. „Hast du sonst etwas bestimmtes, was du sehen möchtest oder wird das ein reines Partywochenende und Katerpflege am Tag?“
„Reines Partywochenede! Richtiges Sightseeing machen wir dann zwischen Weihnachten und Neujahr. Jetzt brauche ich einfach irgendwas, womit ich mich ablenken kann. Und was ist da besser, als die Nächte durch zu feiern?“ Anna zuckte vielsagend mit den Augenbrauen und lehnte sich zurück. „Dann muss ich nur überlegen, was ich mitnehme. Ist es bei euch wirklich so schweinekalt?“
Lexy stieß ein gespielt gequältes seufzen aus. „Oha, ich glaube nach dem so genannten Partywochenende mit dir bin ich sicher tot. Ja nimm dir auf alle Fälle etwas Warmes mit, es ist kalt hier. Ausziehen kannst du dich dann ja immer noch!"
Grinsend musste sie an eine Feier am Anfang des Jahres denken, wo es ihrer besten Freundin so warm geworden war, dass sie ihre Strumpfhose ausgezogen und in den Müll geworfen hatte. „Stimmt. Ausziehen geht immer...“ kicherte diese zurück und zuckte mit den Augenbrauen. „Wer weiß, ob mir da nicht auch ein finnisches Machoarsch über den Weg läuft...“
Das Thema war noch lange nicht vom Tisch dachte Alexandra sich und stütze ihren Kopf auf den Händen ab.
„Vielleicht. Du gehst an solche Sachen aber auch immer ganz anders ran als ich. Du wirst ihn dir dann wahrscheinlich schnappen. Musst nur dran denken, dass du das Wochenende in meiner KLEINEN Wohnung bist..."
Anna lachte auf. „Sicher, dass ich dann in deiner kleinen Wohnung bin? Ich meine... wenn ich ihn mir schnappen sollte... wird er wohl auch eine Wohnung haben!“ Erneut zuckte sie mit den Augenbrauen und klimperte dann unschuldig mit den Augen. „Davon abgesehen steht mir der Sinn zur Zeit eh nach Allem, außer einer Beziehung!“
„Das wollte ich doch nur geklärt haben." lachte die Ältere und wirkte plötzlich nachdenklich. „Bei mir ist es eher genau umgekehrt. Dazu müsste ich aber meinen sicheren Weg verlassen und das fällt mir derzeit unglaublich schwer."
„Das fiel dir schon immer schwer, Süße. Aber manchmal hat man einfach keine andere Wahl. Wie willst du denn deinen Traumprinzen finden, wenn du niemanden an dich ran lässt. Und ganz ehrlich, wenn du eine Hohlkirsche findest... Lässt du ihn halt wieder fallen...“ Anna nickte ebenfalls nachdenklich und seufzte dann. „Ich könnte dir auch gerne Jonas anbieten!“
„Wieso sollte ich einen Kerl wollen, den du so doof findest? Außerdem steht der doch auf dich, nee nee lass den mal schön da. Kannst mir ja am Wochenende ein bisschen in den Hintern treten wenn jemand nettes da ist und ich wieder dabei bin es zu vermasseln." bat Lexy ihre Freundin und lächelte zaghaft.
„Klar, nichts lieber als das!“ Anna grinste über das ganze Gesicht und tippte dann auf ihre Uhr. „Du Süße, ich muss los. Hab gleich nen Termin mit einer Kommilitonin für ein Projekt... Aber vielleicht sehen wir uns ja nachher noch mal!“ Die Rothaarige winkte in die Kamera und warf Lexy dann einen Handkuss zu.
Lexy meldete sich bei Skype ab, machte ihrern Laptop aus und kochte sich einen Tee. Mit der vollen Tasse machte sie es sich auf dem Sofa bequem und schaltete den Tv an. Sie würde sich jetzt eh nicht auf das Lernen konzentrieren können, deswegen verschob sie das auf später.   

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