Kapitel 39

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Nach der Probe saßen alle noch zusammen und unterhielten sich. Lexy musste immer wieder beteuern, wie gut ihr alles gefiel und alle waren sehr bemüht darum Samu bei Laune zu halten. Der verabschiedete sich als erster, er wollte etwas alleine sein und sich Gedanken machen. Das war auch das Stichwort für die anderen, sich auf dem Weg zu machen und wenig später saßen auch Riku und Lexy im Auto.
„Zu dir oder zu mir?"
„Hm, das letzte Mal waren wir bei dir, also… zu mir, würde ich sagen!“ lachte der Gitarrist und sah seine Freundin an. „Sollen wir vorher noch bei dir vorbei fahren und Sachen holen ich… fände es nämlich toll, wenn… wenn du über Nacht bleiben würdest…“
„Okay dann zu dir und vorher kurz zu mir. Wäre schon toll, wenn ich bei dir in passenden Klamotten rumlaufen könnte." kicherte Lexy und Riku steuerte ihre Wohnung an.
Sie lief kurz nach oben, suchte ein paar Sachen zusammen und kam mit einer kleinen Tasche wieder zurück. "Kann losgehen."
Es dauerte nicht lange, bis die Beiden an seiner Wohnung angekommen waren und Riku grinste: „Hey, wir wohnen nur 20 Minuten auseinander. Das ist doch gar nicht so schlecht, für eine Großstadt, oder?“ Er lachte auf und ging Lexy voran in seine Wohnung.
„Muss demnächst mal eine Öffi-Verbindung zu dir raussuchen damit ich auch weiß, wie ich ohne Auto zu dir hinkomme." Sie folgte ihm ins Wohnzimmer und blieb etwas unschlüssig hinter ihm stehen.
„Ich weiß, dass eine Straße weiter runter eine Bushaltestelle ist… aber… ich kann dich auch abholen oder… wenn ich das Auto nicht brauche… dann könntest du auch das Auto nehmen…“ Er strahlte sie an und zog sie an sich. „So lange du wieder her kommst, ist alles gut!“
„Wir finden schon zusammen." brummte Lexy und kuschelte sich in seine Umarmung.
Dann reckte sie sich ein wenig höher, legte ihre Hand in seinen Nacken und zog Riku zu sich um ihn zu küssen.
„Das tun wir!“ nuschelte er zwischen zwei zärtlichen Küssen und zog Lexy mit sich auf das Sofa, wo sie sich wieder in seine Arme kuschelte und er sie eng umschlungen fest hielt.
„Was möchtest du denn machen?"
Etwas gedankenverloren ließ sie ihre Finger über seinen Bauch wandern und seufzte einmal kurz auf. „Das mit Samu und Milla will mir nicht aus den Kopf gehen."
„Hm…“ machte Riku kurz und seufzte dann ebenfalls. „Weißt du… bei den Beiden läuft es auch schon lange nicht mehr rund. Sie… sie geht mit seinen Kreditkarten einkaufen, arbeitet nicht, macht zu Hause keinen Finger krumm und… vor einigen Tagen kam sie an und wollte, dass er ihr eine Brustvergrößerung bezahlt, weil sie denkt, dass sie so mehr Aufträge als Model bekommt. Und Samu denkt seit langem schon darüber nach, ob sie nun ihn liebt, oder seinen Status. Aber… bis heute hatte er keinen Beweis dafür… Er hat einfach gehofft, dass… dass sie ihn wirklich liebt.“ erklärte er seiner Freundin die ganze Situation.
„Das ist echt nicht schön. Ich mag solche Frauen nicht und ich kann es auch nicht verstehen. Ich hoffe Samu nutzt die Gelegenheit und wird sich klar, was er sich wünscht und was er von einer Freundin erwartet. Milla ist wirklich hübsch, aber ich glaube da steckt nichts mehr hinter dieser Schönheit." Lexy drehte sich ein wenig in seinen Armen, um ihn angucken zu können. "Wie lange ging das mit den beiden denn?"
„Zu lange, wenn du mich fragst. Milla und ich haben uns von Anfang an nicht verstanden. Ich habe sofort das Gefühl gehabt, dass sie ihn nur ausnutzt. Aber Samu wollte das nicht hören…“ seufzte der Musiker leise.
„Meinst du, er hat es jetzt verstanden und trennt sich endgültig von ihr? Ich mag Samu wirklich gerne und diese Frau passt so gar nicht zu ihm. Davon mal abgesehen, ist sie doch sicher mehr als 10 Jahre jünger als er, oder?" Sie legte den Kopf auf Rikus Brust und konnte so seinen Herzschlag hören.
„Ist sie…“ bestätigte er nur kurz die Vermutung über Millas Alter. „Und was die Trennung betrifft… Ich bin mir nicht sicher. Wenn Milla ihn wieder voll einwickelt, dann wird er sich am Ende wohl doch nicht mehr von ihr trennen, sondern ihr noch eine Chance geben.“
„Warten wir es ab..." murmelte sie etwas von seiner Nähe und Wärme abgelenkt. „Wollen wir noch einen Film gucken oder so was?"
„Sollen wir noch mal den Film vom letzten Mal probieren? Davon habe ich ja nicht wirklich was mitbekommen, wenn ihr ehrlich bin!“ lachte Riku auf und deutete auf das DVD Regal. „Oder du suchst dir etwas Anderes aus.“
„Können wir ja versuchen. Ich glaube wir haben nur die erste halbe Stunde geschafft oder?" Lexy kicherte und rutschte wieder von ihm runter. „Aber vorher muss ich meine Strickjacke ausziehen, du hast es hier echt schön warm." Mit den Worten zog sie an ihrem Reißverschluss und legte die Jacke an die Seite.
„Das ist Absicht, damit meine wundervolle Freundin sich die Klamotten vom Leib reißt!“ witzelte der Gitarrist und sprang dann auf, um die DVD einzulegen.
Die junge Frau zog grinsend eine Augenbraue hoch. „Ist doch nur die Strickjacke. Mein Shirt bleibt erst mal an!" Dann setzte sie sich auf das Sofa und stand wieder auf. „Was wollen wir denn trinken, dann hol ich das aus der Küche."
„Such dir etwas aus. Ich glaube ich habe auch noch einen guten Wein da. Musst du mal schauen!“ Er grinste ihr hinterher und rief dann noch. „Ich mach es noch mal ein wenig wärmer hier, ich friere so!“
Die junge Frau suchte in ein paar Schränken bis sie die besagte Flasche Wein gefunden hatte. Weingläser fand sie auch und kehrte damit zurück zum Sofa. „Du bist wohl wahnsinnig!" grinste sie. „Wenn dir kalt ist zieh einen Pulli an oder nimm dir eine Decke!"
„Oder ich kuschel mich mit dir warm!“ säuselte er zurück und zog Lexy ganz nah an sich. „Außerdem dachte ich, dass es dir besser gefällt, wenn ich nur ein Shirt an habe, als einen Pulli…“ Zärtlich ließ er seine Fingerkuppen über ihren nackten Arm wandern und setzte sich dann ruckartig wieder auf, um den Wein einzuschenken.
„Stimmt, das Shirt steht dir eigentlich ganz gut." bemerkte sie und strich ihm kurz über den Rücken.
Der Wein war eingeschenkt und Lexy griff nach dem Glas, um Riku zuzuprosten. „Auf uns." flüsterte sie und sah ihm dabei direkt in die Augen.
„Auf uns!“ gab er ebenso leise zurück und hielt ihrem direkten Blick dabei stand, der ihm eine richtige Gänsehaut über den Körper jagte.
Lexy trank einen Schluck und stellte das Glas auf dem Tisch. „Der Wein ist echt lecker."
Dann lehnte sie sich zurück und kuschelte sich an Riku um sich auf den Film zu konzentrieren. „Das ist der Lieblingswein meiner Eltern. Den bestellen sie immer in Deutschland. Im ‚Rheingau‘!“ erklärte er ihr stolz und legte seine Arme um sie, nachdem auch er sein Glas zur Seite gestellt hatte.
Die junge Frau legte ihre Hand auf den Bauch von Riku. „Also wieder etwas Gutes aus Deutschland!" bemerkte sie und bewegte sanft die Hand hin und her.
„Ich glaube mittlerweile, dass Deutschland viel mehr Gutes zu bieten hat, als man sich sonst so vorstellt.“ brummte er wohlig und genoss es, allein durch die Wärme ihrer Hand, ihre Nähe noch intensiver spüren zu können.
Sie hob leicht den Kopf um ihn wieder anzusehen. „Was gibt es denn noch was Deutschland gutes zu bieten hat?" wollte sie wissen. Dann steckte sie sich ein wenig, griff nach dem Glas und setzte es sich erneut an die Lippen.
„Dich zum Beispiel… oder Anna oder Gummibärchen oder Jägermeister…“ zählte Riku auf und stupste mit seinem Finger an ihre Nase. „Aber du bist eindeutig das Beste von Allem!“
„Ja Gummibärchen sind toll." nickte Lexy und lächelte. „Wie gut, dass das mit mir bisher nur dir aufgefallen ist."
Er stupste erneut an ihre Nase und wisperte leise: „Vermutlich ist das nicht nur mir aufgefallen, aber wenn du immer so wehrhaft bist am Anfang… und nicht jeder so einen guten Kumpel hat, wie ich mit Samu… Aber… ehrlich gesagt, bin ich froh darüber, sonst hätte ich dich vielleicht nie kennen lernen dürfen…“
Die junge Frau versteifte sich leicht. „Das ist nicht wehrhaft." sagte sie leise, rutschte auf den Rand von Rikus Sofa um nach ihrem Weinglas zu greifen und etwas zu trinken.
„Sondern?“ fragte er beunruhigt nach, merkte er doch, dass sich etwas in Lexys Stimmung verändert hatte und sie nun leicht verkrampft war.
Nachdenklich drehte Lexy ihr Glas in den Händen und starrte auf die rote Flüssigkeit. „Vielleicht kann man es vorsichtig nennen oder misstrauisch oder so was..."
„Hmmm.“ Riku nickte. Er spürte, dass da etwas war, was die junge Frau belastete und sie schon seit geraumer Zeit mit sich herum zu tragen schien. Aber er hielt es nicht für richtig jetzt nachzufragen. Er musste ihr die Zeit geben, die sie brauchte. Sie musste zu ihm kommen. Er wollte sie auf keinen Fall bedrängen und so beließ er es dabei sie einfach nur besorgt anzusehen.
Lexy wollte es ihm gerne erzählen, sie wollte sich von der Angst befreien und endlich damit abschließen.
Als sie allerdings versuchte ihre Worte zu sortieren, erfasste sie diese Angst wieder, sie schluchzte leise auf und kam nicht gegen die Tränen an, die ihr nun über die Wangen liefen.
„Hey… Lexy…“ Riku legte vorsichtig seine Hände um ihre und rutschte vom Sofa herunter, um sich vor sie zu knien und sie richtig ansehen zu können. „Was ist denn los?“ flüsterte er leise. In seinem Blick stand wirkliche Besorgnis um seine Freundin und sie so zu sehen, beunruhigte den Musiker zutiefst.
Ihr Körper zitterte und das Schluchzen hörte einfach nicht auf. Sie brauchte eine ganze Weile bis sie sich wieder beruhigt hatte und schaffte es dann auch Riku anzusehen. „Ich hatte dir doch von meinem Ex Freund erzählt? ... Das war aber nicht alles..."
Er nickte langsam und drücke sanft ihre Hände in seinen. „Willst… willst du darüber reden?“ hakte er nach und streichelte dabei mit seinem Daumen sanft über ihren Handrücken.
Sie schluckte und begann leise zu erzählen „Niklas und ich waren über ein Jahr zusammen als ich für ein paar Tage mit einer Reisegruppe nach Frankreich bin, um da zu übersetzen. Ich hatte alle Hände voll zu tun und bin abends müde und Bett gefallen. Deswegen habe ich mich kaum bei ihm gemeldet und als ich wieder kam, gab es Stress deswegen. Danach wurde er irgendwie… anders... Er wollte immer wissen, was ich mache und wo genau ich bin. Ich habe ihn erwischt, wie er mein Handy kontrollierte, hatte sogar manchmal das Gefühl beobachtet zu werden, oder ihn zu sehen wenn ich unterwegs war... Er wollte viel Zeit mit mir verbringen und hat mich ständig dazu gebracht Verabredungen mit Anna und anderen abzusagen. Das wurde mir alles zu viel, ich habe versucht mit ihm zu reden und da er uneinsichtig war, lief das auf die Trennung hinaus. Das wollte er aber nicht zulassen... Er hat mich gepackt und im Schlafzimmer eingeschlossen. Als er mich wieder raus gelassen hatte, war meine Tasche weg und er hatte das Telefon versteckt. So hat er mich tagelang in seiner Wohnung eingesperrt und immer wieder gesagt, ich würde ihm gehören. Da Anna mich nicht erreicht hat und sie wusste, dass ich mit Niklas reden wollte hat sie die Polizei gerufen und die haben mich da raus geholt. Es folgte eine Verhandlung und er wurde wegen Freiheitsberaubung verurteilt. Seitdem bin ich Single und habe keinen Mann näher an mich ran gelassen." Lexy war auf dem Sofa zusammen gesunken und starrte tränenblind an Riku vorbei ins Leere.
Dieser kniete noch immer vor ihr und strich ihr sanft über den Arm. Es dauerte einen Moment, bis er überhaupt wieder reden konnte und mehr als das erste „Oh Gott“ über seine Lippen kam. „Lexy… das… das ist der Hammer und… ich verstehe nicht, wie man einem Menschen, den man liebt, so etwas antun kann…“ Er schüttelte den Kopf und beugte sich ein Stück über sie. „Ich bin fassungslos darüber, was dieser Mensch dir angetan hat… aber… es ist vorbei! Dir wird niemals jemand wieder so etwas antun, Lexy… Nie wieder, hörst du! Ich… ich bin da… ich passe auf dich auf! Anna passt auf dich auf!“ Seine Stimme war immer leiser geworden, hatte dabei aber an Eindringlichkeit nichts verloren.
„Vielleicht kannst du jetzt ein bisschen verstehen..." Ihre Stimme war kaum zu hören und sie drehte den Kopf, um Riku nun endlich wieder anzugucken.
„Natürlich tue ich das… und… es ist grausam, dass du so etwas erleben musstest. Ich hoffe einfach, dass ich dir helfen kann, darüber hinweg zu kommen.“ Er strich ihr vorsichtig durch die kurzen Haare und dann über die Wange. „Wir schaffen das zusammen!“
Lexy fühlte sich erschöpft und senkte den Kopf auf seine Schulter. Rikus Nähe tat ihr gerade unglaublich gut und sie fing an sich langsam zu beruhigen.
„Ich war danach kurzzeitig in so einer Opfertherapie und das hat etwas geholfen. Bisher habe ich es immer verdrängt und da ich keinen Freund hatte, musste ich mich damit auch nicht mehr beschäftigen. Ich wusste bis eben auch nicht, ob ich überhaupt drüber reden kann."
„Aber du kannst es. Und das ist auch gut so!“ wisperte er zurück und streichelte unablässig weiter beruhigend über ihren Arm, ihre Haare und ihr Gesicht. „Danke, dass du mir so sehr vertraust, Lexy!“ Er hauchte seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn und fragte sie leise: „Ist dir kalt? Du zitterst so?“
Lexy hatte gar nicht bemerkt, dass sie zitterte und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht."
Sie drehte sich ein wenig, griff nach Rikus Arm und zog ihn neben sich auf das Sofa zurück. Er kam ihrem Wunsch nach und legte seine Arme um sie.
„Oder wir gehen einfach rüber und legen uns ins Bett… Da können wir ein wenig kuscheln, wenn du das magst und es dir jetzt gut tut.“ schlug er vor und wartete ihre Reaktion ab.
„Ich glaube das gefällt mir besser..." murmelte sie, stand auf und suchte aus ihrer Tasche die Klamotten raus.
Lexy ging zuerst ins Bad, legte sich danach schon ins Bett und wartete auf Riku. Als auch er fertig war, kam er ebenfalls zurück ins Schlafzimmer und schlüpfte zu seiner Freundin unter die Decke, wo er sie eng an sich zog und seine Arme schweigend um sie legte.
Lexy kuschelte sich sofort an ihn. „Danke, dass du für mich da bist. Ich hoffe... du bist... jetzt nicht verschreckt oder bereust das mit mir, weil ich nicht so einfach bin..."
„Wie kommst du denn auf so einen Gedanken?“ flüsterte Riku ihr leise ins Ohr und lehnte seinen Kopf an ihren. „Du bist richtig so, wie du bist. Und ich bin überglücklich, dich zu haben!“

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