Kapitel 34

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Mit kleinen Unterbrechungen machte sich das verliebte Pärchen auf dem Weg zum Auto und Riku steuerte Richtung Innenstadt.
„Wollen wir gleich etwas essen oder wolltest du noch etwas anderes machen?"
„Hast du denn schon Hunger? Ich würde nämlich jetzt noch nicht so wirklich viel runter bekommen.“ Riku lachte und wich einem kleinen Jungen aus, der mit seinen kurzen Beinen geradewegs auf ihn zu gerannt kam und nicht so aussah, als würde er anhalten.
Auch Lexy musste mit ausweichen und grinste. „Na der hatte es wohl eilig. Kannst gerne noch ein bisschen den Stadtführer machen, so viel habe ich von Helsinki bisher nicht gesehen." schlug Lexy vor und schaute ihrem Freund ins Gesicht.
„Ehrlich nicht?“ staunte dieser nicht schlecht und nahm sie wieder in den Arm, um mit ihr durch die Gassen der Innenstadt zu schlendern und hier und da etwas zu zeigen und ihr damit seine Heimat etwas näher zu bringen.
„Wo genau kommst du eigentlich in Deutschland her?“ fragte er nach einer ganzen Weile, in der er viel über Helsinki erzählt hatte.
Auch wenn sie bereits viel über Finnland und Helsinki gelernt hatte, war es natürlich etwas ganz anderes die Stadt mit einem so tollen Finnen zu erleben. „Ich komme aus Köln. Bin da aufgewachsen und studiere ursprünglich auch dort." Sie nahm seinen Arm von ihrer Schulter, weil es immer noch wehtat. „Eigentlich sollte ich ab Februar auch wieder dort sein." setzte sie leise hinterher und runzelte die Stirn.
„Und... uneigentlich?“ fragte er leicht unsicher zurück.
Er wusste nicht genau, was er von dieser Aussage halten sollte, schwang doch eine deutlich merkbare Trauer in ihren Worten mit, die ihm eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ. „Naja..." Sie war stehen geblieben und rang mit ihren Händen. „Das nächste Semester ist das Abschlusssemester mit Schreiben meiner Masterarbeit."
Sie schwieg kurz und suchte nach den richtigen Worten. „Ich liebe Finnland und Helsinki, ... aber bis vor ein paar Tagen, wäre ich im Februar einfach zurück nach Köln geflogen ... und hätte da weiter gemacht... Da gab es keinen Grund zu bleiben..."
„Und... jetzt gibt es einen Grund?“ hakte er leise nach und sah ihr dabei ganz tief in die Augen.
„Ja... Gibt es..." Ihre Stimme war schon fast nur noch ein Flüstern, da Rikus intensiver Blick ihr fast die Sprache raubte.
Ihre Worte zauberten das Lächeln zurück in sein Gesicht. „Und das ginge einfach so? Also... dass du dann hier bleibst und hier dein Studium beendest?“
„Ja ich denke schon. Ich glaube mit der Uni ist das schnell geklärt. Allerdings muss ich wegen der Wohnung gucken, weil die immer nur pro Semester an Studenten vermietet wird..." Im Kopf ging Lexy bereits die Stellen durch, an die sie sich wenden musste und hoffte wegen der Wohnung würde es keine Probleme geben.
„Hm... aber es gibt doch auch sonst viele Wohnungen in Helsinki. Da wird sich bestimmt etwas finden und... bis dahin ist ja auch noch Zeit. Das sind noch mehr als drei Monate und... wenn du nichts findest, kommst du eben zu mir...!“ flüsterte er leise zurück und in seinem Kopf liefen die Gedanken Sturm gegen seine Worte. Sie wollten ihm weismachen, dass das alles viel zu schnell ginge, aber sein Herz war da offensichtlich anderer Meinung gewesen und hatte ihn diese Worte zögerlich aussprechen lassen.
„Oh ähm... Das werden wir dann sehen.." stotterte sie verlegen und fuhr sich durch die Haare. „Das mit der Wohnung muss ich mal sehen. Klar gibt es viele freie, aber die muss ich mir als Studentin auch leisten können."
„Wenn du dann bleiben willst und... alles so läuft, wie wir uns das wünschen... dann sehen wir einfach weiter. Wir haben noch Zeit und vor Allem du hast noch Zeit.“ Er beugte sich zu ihr herab um sie sanft zu küssen und strahlte sie dann an. „Und wenn du doch erst einmal wieder nach Köln gehen willst, oder musst, dann ist das eben so. Dann schaffen wir auch das, wenn wir wollen!“
Dieser Mann verwirrte Lexy schon wieder. Einerseits wegen der Gefühle die er die ganze Zeit in ihr hervor rief und dann wegen seiner Worte. "Wie machst du das nur?" fragte sie leise und versuchte ihren Herzschlag wieder zu beruhigen.
„Wie mache ich was“? fragte er nun irritiert zurück. Er hatte zwar bemerkt, dass sich ihre Stimmung irgendwie verändert hatte, aber so ganz wusste er das jetzt in diesem Moment nicht einzuschätzen und blickte Lexy entsprechend mit einem etwas unsicheren Dackelblick an.
Dieser Blick verursachte ihr eine Gänsehaut und sie schaute schüchtern auf die Straße. „Es kommt mir vor, als würdest du immer die richtigen Worte finden. Also jedenfalls für mich. Es fühlt sich so gut an, wenn du mit mir redest und das ist so ungewohnt."
„Ich sage nur, was ich denke... und... wenn dir das so gut tut, freut mich das sehr!“ flüsterte er ihr ins Ohr und nutzte den Moment der Nähe, um ihren Duft einatmen zu können. „Und außerdem fühlt es sich für mich einfach nur unglaublich schön an, wenn du bei mir bist... dann freut es mich umso mehr, dass ich dir das auch zurückgeben kann!“
Sie lehnte sich für einen Moment an ihn und schloss die Augen. „Danke." sagte sie einfach nur weil ihr selbst für mehr einfach die Worte fehlten.
„Ich danke dir...“ Auch er schwieg nach diesen Worten und kuschelte sich eng an seine Freundin, ohne dass einer von Beiden für einen Moment überhaupt etwas sagte. Sie genossen einfach die Zweisamkeit und die Nähe zueinander. Und das konnten sie auch ohne Worte. Es war egal, dass sie mitten in der Fußgängerzone von Helsinki standen, denn in dem Moment gab es nur sie beide.
Unterbrochen wurden sie nur durch Lexy's Bauch der sich laut meldete um seinen Anspruch auf etwas zu Essen mitzuteilen. „Oh... Ähm... Peinlich." murmelte die junge Frau und wurde leicht rot.
„Na, aber er hat doch recht... wir sind schon wieder eine ganze Weile unterwegs!“ lachte er und strich über ihren Bauch.
Bei seiner Berührung stockte ihr kurz der Atem und sie räusperte sich. "Vielleicht sollten wir uns dann langsam auf den Weg machen?"
Riku deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren und zwinkerte ihr zu,. „Wir müssen nur zwei Querstraßen weiter.“
Lexy griff nach seiner Hand und zog ihn mit sich. „Na dann los. Bevor mein Bauch noch mehr Geräusche macht und andere Menschen erschreckt."
„So, wie der Löwe?“ lachte der Musiker und ließ sich von ihr mitziehen zu der Sushibar, die er hatte ansteuern wollen. „Ach ja, bevor ich es vergesse...“ Er zog sie wieder für einen Kuss an sich. „Du bist natürlich eingeladen! Das... ist mein nachgeburtstagliches Essen!“
„Danke." nuschelte Lexy an seinen Lippen und vergaß durch diesen Kuss sogar für den Moment ihr Hungergefühl.
Als die Beiden sich wieder voneinander gelöst hatten, schob Riku die junge Frau in das kleine Restaurant, welches um die Uhrzeit noch recht leer war und führte sie zu einem Tisch in einer ruhigen Ecke.
„Hier gehe ich unheimlich gern hin. Das Essen ist grandios und... hier hinten ist man auch absolut ungestört!“
Lexy sah sich um und wusste sofort was Riku meinte. „Ja das sieht hier echt gemütlich aus." Sie setzte sich ihm gegenüber und griff nach der Karte, die auf den Tisch lag. Schnell wurde sie fündig und auch Riku wusste bereits was er essen wollte. Der Kellner nahm die Bestellung auf und ließ die beiden wieder alleine.
„Und hier fühlt man sich auch nicht beobachtet!“ Er lehnte sich zurück und lächelte. „Wobei das hier in Finnland eh nicht schlimm ist. In Deutschland hätten wir wohl schon eher Probleme unbehelligt zusammen Essen zu gehen!“
Lexy runzelte fragend die Stirn bis ihr klar wurde was er meinte. "Ich musste grad erst mal überlegen was du meinst. Aber es geht um die Band oder?"
Der Gitarrist nickte nachdenklich. „Ich muss sagen, dass ich froh bin, dass es hier nicht so verrückt zugeht, wie in Deutschland. Es ist schon merkwürdig, wenn du mit irgendwem ausgehst und plötzlich kommen Leute auf dich zu und wollen Fotos und Autogramme...“
„Werden die Fans nicht auch eifersüchtig, wenn ihr mit Frauen unterwegs seid? Ich meine, wie ist das, wenn du eine Freundin hast, also offiziell gesehen?" Ihr war bis dahin gar nicht klar gewesen, dass es deshalb eventuell Probleme geben könnte.
„Für die Meisten ist das okay. Und die wenigen Verrückten, die meinen deswegen endgültig durchdrehen zu müssen, die schimpfen und zetern in Foren oder auf Facebook, aber bisher hat keiner einer unserer Freundinnen ein Haar gekrümmt. Zumal sie wüssten, dass es dann massiven Ärger mit der Band und der Crew geben würde...“ erklärte der Musiker nachdenklich. „Aber... ich glaube, du musst dir keine Sorgen machen... auch nicht, wenn du dann mit uns auf Tour gehen würdest, sofern du das überhaupt willst...“
Das Sushi kam und beide schwiegen kurz um in Ruhe zu essen bevor Lexy das Thema wieder aufnahm. „Also dürft ihr offiziell zu den Freundinnen stehen? Wann geht ihr denn auf die nächste Tour?"
Er nickte langsam und lächelte dabei. „Wir dürfen zu allem stehen... Freundinnen, Frauen, Kindern... Wir haben da keine Vorgaben vom Label oder vom Management. Und die nächste Tour... also richtige Tour ist im März in Deutschland. Davor haben wir nur einzelne Konzerte und eben die Proben. Wir machen nämlich mal etwas ganz Anderes, als sonst. Keine Rock Show, sondern Big Band. Und das müssen wir wirklich intensiv üben!“
Lexy hatte langsam echte Schmerzen in der Schulter und bewegte sich seufzend etwas hin und her. „Darf ich mir auch mal so eine Probe angucken? Habe bereits ein bisschen was von euch gehört und kann mir das mit einer Big Band schwer vorstellen."
„Klar darfst du!“ bestätigte Riku ihr und musterte sie besorgt. „Ist alles okay? Du siehst aus, als hättest du Schmerzen? Immer noch die Schulter?“
„Ja die Schulter ärgert mich grad etwas mehr, als noch heute Nachmittag." sagte Lexy und verzog leicht das Gesicht. „Ich glaube du musst mir auch bald mal erklären, wie das ist mit Privatsphäre und so. Habe ja doch einen echten Star als Freund."
„Einen Musiker. Keinen Star!“ Riku schüttelte den Kopf und war aufgestanden, um sich hinter Lexy zu stellen und versuchte sanft sie zu massieren. „Geht das?“ fragte er nach und als es plötzlich in ihrem Rücken knackte, nahm er sofort die Hände weg.
„Okay, okay, Musiker. Dann biste halt mein Star." lachte Lexy und zuckte kurz als es knackte. „Eigentlich keine schlechte Idee, aber besser geht das wenn vorher Wärme drauf war und zum massieren meine Salbe genommen wird."
„Und die hast du bestimmt nicht mit, oder?“ brummte er, als er sich wieder gesetzt hatte. „Dann muss ich dich gleich wohl begleiten und dich dann noch in Ruhe massieren, damit du morgen wieder ganz gesund in die Uni gehen kannst!“
Die junge Frau schüttelte lachend den Kopf. „Nein die habe ich natürlich nicht mit." Dann zwinkerte Lexy ihm verschwörerisch zu. „Das kommt dir doch ganz gelegen, gib es doch zu."
Empört wehrte Riku diese Vermutung ab und fuchtelte theatralisch mit den Händen. „Soweit würde ich nie denken, dass mir so etwas recht käme!“ lachte er und beugte sich dann zu der jungen Frau herüber. „Wobei mich der Gedanke schon reizt... dich richtig zu massieren!“
Bei seinen letzten Worten überlief Lexys Körper ein angenehmer Schauer. „Habe ich also doch irgendwie recht..." grinste sie nun breit und legte ihre Hand auf seinen Arm. „Wollen wir dann los?"
Nachdem der Musiker schnell bezahlt hatte, folgte er Lexy ein wenig, wie in Trance. Seine Gedanken waren schon wieder ganz wo anders und er wusste, bis er dann bei ihr war, musste er sich definitiv wieder im Griff haben! Seine Freundin bekam davon gar nichts mit. Sie überlegte nur, ob die Wohnung aufgeräumt genug war und befand sich deshalb ein wenig in Gedanken, als sie bei ihr ankamen.
„Dann mal los, ins Massagestudio!“ murmelte Riku ebenfalls noch immer abwesend und sah Lexy von der Seite an, was ihm erneut Schmetterlinge im Bauch verursachte, als er ihren träumerischen Blick wahrnahm.
Sie verschwand kurz ins Schlafzimmer um sich etwas anderes anzuziehen und wählte ein lockeres Oberteil, damit sie nicht direkt im BH vor Riku sitzen musste. Bei der Gelegenheit zog sich auch gleich eine halblange und bequeme Stoffhose an und kam mit der Salbe wieder zurück ins Wohnzimmer. „Möchtest du etwas trinken?"
„Später. Lass mich dich erst einmal verarzten!“ lächelte er und klopfte neben sich auf das Sofa, während er nach der Salbe griff. „Hauptsache du sagst, wenn dir etwas weh tut.“ Hauchte er ihr in den Nacken und legte dann seine mit der Salbe eingeschmierten Hände wieder auf ihre Schulter.

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