Teil 1 - Tribute

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2. Komplikationen

   Stunden verbringe ich damit, mich mit den kleinen zu beschäftigen. Mit Salus und Janus spiele ich ein Ballspiel, dann wechsele ich zu Violett und Demeter und lese ihnen eine Geschichte vor und mit Stone fange ich langsam an zu trainieren.

   Das Gewitter zieht von dannen, ohne Regen gebracht zu haben. Langsam klärt sich der Himmel auf und es wird wieder hell und heiß. Die Straßen werden belebter. Aus dem Fenster kann ich die Dorfbewohner sehen, alles Frauen, die Einkäufe erledigen oder sich über die baldige Ernte unterhalten. Niemand von ihnen sieht die Ungerechtigkeit. Alle erwarten die nächsten, blutigen Spiele. Und wichtiger; den nächsten Sieger aus Distrikt 2.

   Gegen Nachmittag kommen Nox, Pax und Hades von Training nach Hause. Sie lösen mich und Nicholas ab. Alle drei wünschen uns einen angenehmen Tag. Olas und ich verabschieden uns bis zum Sonnenuntergang von ihnen, denn dann werden wir sie beim Lagerfeuer sehen. Salus will mich gar nicht gehen lassen, so dolle will er noch mit mir spielen, doch ich kann ihn mit dem Versprechen abwimmeln, extra eine Stunde vor Sonnenuntergang noch einmal vorbeizuschauen, damit wir spielen können.

   „Genau eine Stunde vorher!“, ermahnt er mich zum Abschied und knallt die Tür hinter Olas und mir zu.

   „Wie machst du das nur immer?“, fragt Nicholas lachend und nimmt meine Hand in seine. Es macht mir nichts aus. Das machen wir schon, seit wir klein sind. Doch von den Menschen um uns herum kriegen wir dann nur einen mitleidigen Blick geschenkt. Beziehungen werden erst ab achtzehn geduldet, wenn man zu alt für die Ernte ist. Vorher soll man sich auf das Training konzentrieren.

   Grinsend zucke ich mit den Schultern. „Stell dir vor, wenn man ab und zu nett zu ihnen ist, dann sind sie ganz anderes.“

   „Du kannst nett sein? Oh, man, habt ihr das gehört? Prescott meint, sie kann nett sein!“

Nicholas Hand krampft sich um meine und sein ganzer Körper spannt sich an. Auch mein Körper spannt sich an, aber aus ganz anderen Gründen. Ich bin breit, Clove jederzeit eine zu verpassen, während Olas sich klein macht. Meine Hand wird ganz taub und meine Wangen werden fleckig, weil ich wütend bin. Ich werde langsamer, was Olas nicht gefällt, denn er zieht immer wieder an meiner Hand um mich zum schnellen gehen zu zwingen. Ich bin fest entschlossen mich einfach umzudrehen und Clove einen Schlag in ihr höhnisches Gesicht zu verpassen, doch einer der Lacher, die Cloves Worten folgen, lässt mich inne halten. Wie kann ich davon ausgehen, Clove ohne ihn zu begegnen?

   „Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, kommentiert er höhnisch und ich kann Cloves schneidendes Lachen hören.

   Neue Wut keimt in mir hoch, doch ich kann sie unterdrücken und mit Olas an der Hand weitergehen. Ich weiß, dass Worte bei ihnen nichts bringen. Sie würden nur noch verletzendere Worte drauflegen und einen zum Weinen und zum Verzweifeln bringen. Nein, diesen Triumph gönne ich ihnen nicht. Also gehe ich weiter. Immer weiter und hoffe, dass sie uns nicht folgen.

   Tja, Hoffnungen gibt es in Panem nicht. Ich kann sie hinter uns hören. Sie lachen und rufen uns Beleidigungen hinterher. Bei jeder zuckt Olas mehr zusammen und nun kann ich auch spüren, dass er wütend wird. Sehr wütend.

   „Lass es, sie sind es nicht wert“, zische ich ihm zu und kralle meine Fingernägel in seine Hand.

   Doch selbst dem gutmütigsten Mensch platzt einmal der Kragen. Nicholas reißt sich von mir los, wirbelt herum und verpasst dem nächst Besten einen Faustschlag, der sich gewaschen hat. Leider trifft es die falsche Person. Cato ist um Längen größer als Olas und dazu ein Berg aus Muskeln. Er trainiert schon, seit er laufen kann. Und das sieht man auch. Hätte Olas einen anderen der Gruppe getroffen, ginge die Sache glimpflicher aus.

Hungerspiele - Überlebenskampf [Finish]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt