Hungerspiele - Überlebenskampf [Finish]

Teil 3 - Sieger

61. Sprung von der Klippe

Ceasar Flickermann beendet die Show. Die Kameras werden ausgeschaltet und alle lachen. Es wird sich umarmt, es wird gelacht und geweint. Ich werde zum Abschied ausgiebig von Ceasar umarmt, bevor ich mich an Katniss und Peeta wende. Wir werden uns nachher wiedersehen, wenn wir zum Zug gebracht werden. Haymitch begleitet Cato und mich durch das Apartment zurück zum Aufzug. Die Türen gleiten auf und Cato geht in die Kabine, doch ich werde von Haymitch noch einmal aufgehalten. Erneut umarmt er mich.

„Katniss und du haben das gestern und heute ganz phantastisch gemacht", flüstert er mir zu.

„Ich hoffe es", flüstere ich zurück und löse mich von Haymitch und folge Cato in den Aufzug, dessen Türen er offengehalten hat.

Cato legt mir einen Arm um die Hüfte, sobald ich neben ihm stehe, aber ich spüre, wie mechanisch die Bewegung ist, wie emotionslos. Ich lehne meinen Kopf gegen seinen Oberarm und schließe für die kurze Fahrt die Augen.

In unserem Stockwerk angekommen, werden wir von Rex in Empfang genommen, der uns anweist unsere Sachen zu packen. Cato und ich gehen jeweils in unser eigenes Zimmer um Rex Anweisung Folge zu leisten. Außer der Kette von Suzanne habe ich nichts, was ich mitnehmen könnte, also bin ich nach einer Minute fertig.

In einem Wagen mit getönten Scheiben, werden wir vier durch die Stadt gefahren. Menschen bleiben stehen und glotzen dem Wagen hinterher, wenn wir an ihnen vorbeifahren. Kinder winken uns mit Begeisterung zu. Am Bahnhof angekommen, bleibt uns kaum Zeit, uns von unseren Stylisten zu verabschieden. Jasper drückt mir zum Abschied eine kleine Flasche in der Hand. Er erklärt mir, dass ich mit dem Inhalt der Flasche meine Haare färben könnte, wenn ich Lust auf eine Veränderung hätte. Er drückt mich fest und ich kann die Tränen nicht verhindern, obwohl ich weiß, dass ich ihn in ein paar Monaten, anlässlich der Sieger-Tour, bei der wir durch die Distrikte gefahren werden und an Siegesfeiern teilnehmen müssen, wiedersehe. Damit wir auch ja nicht vergessen, dass die Hungerspiele niemals zu Ende gehen.

Wir steigen in den Zug und kaum haben sich die Türen hinter uns geschlossen, fährt der Zug los. Wir fahren in den Tunnel ein und Dunkelheit legt sich um uns. Dieses Mal teilen wir uns den Zug mit dem Team aus Distrikt 12. Jade und Effie Trinket unterhalten sich plappernd während des Abendessens, während unsere Mentoren und wir vier Sieger schweigen. Nach dem Festmahl, das ein Abendessen sein soll, setzen wir uns schweigend vor den Fernseher, um uns die Wiederholung von dem Interview anzusehen.

Ich schaue mich selbst auf dem Bildschirm an, sehe, wie ich mich an Cato schmiege, höre, wie meine Stimme vor Liebe und Unsicherheit sich fast überschlägt. Und doch sitzen wir hier nebeneinander und Meilen trennen uns. Ich höre mir zu, wie ich darüber rede, ohne Cato nicht leben zu können, dass ich deswegen das Versprechen gegenüber seiner Mutter über dem Versprechen gegenüber meinen Geschwistern gestellt habe. Mit jeder Sekunde, die der Zug sich vom Kapitol entfernt, desto näher komme ich meiner Familie. Die, die ich betrogen habe, um eine Lüge von einem Jungen zu glauben, der mich im Grunde genauso wenig leiden kann, wie schon vor der Ernte.

Ich verlasse nach Katniss das Abteil um in mein Zimmer zu gehen. Ich stelle mich vor das Fenster und schaue hinaus auf die sich immer wechselnde Landschaft. Ist es wirklich real? Habe ich die Arena wirklich schon wieder verlassen? Ich kann mich noch an die Hinfahrt erinnern, als ich die Andenken meiner Mutter aus den Fenster geschleudert habe. Und nun soll ich in meinem Distrikt zurückkehren? Dorthin, wo ich gehasst werde – denn das werde ich dort bestimmt. Ich habe nicht gekämpft, ich bin davor geflohen, ich habe Freundschaften geschlossen und Mitgefühl gezeigt und schlimmer – ich habe den Sieg ausgeschlagen. Nein, geliebt werde ich dort nicht.

Ich habe meine Familie verraten, meinen Distrikt und wofür? Für einen Typen, der nichts mehr von mir wissen will. Und es wahrscheinlich nie wollte. Hatte er mich nicht sogar vorgewarnt? An dem Abend der Bekanntgabe der Trainingseinschätzung hat er mir doch gesagt, dass ich mich zusammenreißen soll, weil ich ihm sonst den Sieg koste. Er hat mich nicht sogar als Mittel zum Zweck bezeichnet? Wieso bin ich dann auf ihn reingefallen?