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Mrs Grayson klatschte ein paar mal kurz in die Hände, um die Aufmerksam kein aller Mädchen zu sammeln, dann sagte sie schließlich:
"Okay, Mädchen! Zuerst lauft ihr euch ein, fünf Runden für jeden! Dann solltet ihr euch noch selbstständig dehen!"
Ein Seufzer lief durch die Mädchenmenge, sodass Mrs Grayson und einen warnenden Blick durch die Runde gleiten ließ.
"Heute steht Sprint an, nächste Woche machen wir Noten! Ihr könnt heute noch einmal üben, und euch dann sogar vielleicht verbessern!"
Ich lächelte auf.
In Sport war ich zwar noch nie die Beste, allerdings fällt mir so etwas, wie Leichtathletik leichter, als Turnen. Dazu kommt noch, dass Sprint einer meiner Lieblingskategorien ist und ich sogar ziemlich gut darin bin.
"Wir wollen keine Zeit verlieren, also fangt an!", rief unsere Sportlehrerin über die Menge und schaute uns auffordernd an.
Langsam bewegten sich alle Mädchen und liefen los, bis schließlich jede die Runden geschafft hatte und sich angefangen hatte zu dehen.
"Ich hasse Sprint!", beschwerte sich Joe bereits zum zehnten Mal bei mir, was mich schmunzeln ließ.
"Kann es sein, dass du jede Art von Sport meidest?", stellte ich ihr eine sarkastisch Frage.
"Ha ha! Nur weil du im allem gut bist, heißt das nicht, dass ich alles genauso gut schaffe, wie du, Sirina!", streckte sie mir ihre Zunge entgegen und ihre blonden Haare nach hinten warf.
Ich lachte auf und schüttelte meine Kopf.
"Ach komm! Du bist bestimmt genauso gut, wie ich, im Rennen", verdrehte ich meine Augen und ging zu den vorgesehen Strecken, nachdem ich mich fertigt gedehnt hatte, gefolgt von Joe.
"Schön! Dann beweise ich es dir eben!", lächelte sie mich kurz an und ging in die Startposition, und ich gleich neben ihr.
Zwei weitere Mädchen nahmen ebenfalls die Plätze neben uns ein, dann wartete wir auf das Startsignal.
"Mach eine gute Figur!", zwinkerte ich ihr noch kurz zu und deutete dann auf die Jungs, die ebenfalls jetzt Sport Unterricht hatten und uns manchmal unauffällig zusahen, genauso wie eine Mädchen von uns.
"Super, dass ich mich jetzt noch mehr blamieren werde", schnaubte sie und sah zu den Jungs, von denen circa sechs gespannt auf die Strecke schauten.
"Auf die Plätze!", ertönte es plötzlich, sodass ich kurz zusammen zuckte, aber mich wieder auf das Sprinten konzentrierte.
"Fertig!" Wir alle hoben unsere Hintern, sodass ein Bein durchstreckte.
"Los!", schrie jemand und wir alle rannten, als würde es kein Morgen mehr geben.
Zuerst gab es keine Führung, da alle ziemlich gleich sprinteten, sodass es noch kein klare Entscheidung gab.
Dann atmete ich einmal tief ein und begann mein Tempo zu erhöhen und das so sehr, dass ich die anderen mit einem großen Abstand abhängte.
Nach 200 Metern lief ich langsam aus, bis ich schließlich schwer atmend zum stehen kam und mich nach den anderen umdrehte.
Tatsächlich rannte mir eine schwer atmende Joe entgegen, die Platz drei belegte.
"Ich ... kann ... nicht mehr", keuchte sie stoßweise auf und stemmt ihre Hände auf den Oberschenkeln ab.
"Allerdings hast du dich ziemlich gut geschlagen, du wurdest immerhin dritte", lächelte ich ihr aufmunternd zu und reichte ihr ihr Wasser.
"Ein Glück nicht letzte!", lachte sie sarkastisch auf und trank ein Schluck von ihrer Flasche.
Und so ging es die ganze Stunde weiter: Rennen, Anstellen und wieder rennen!
Als wir gerade wieder die Startplätze wegräumen sollten, versammelte sich plötzlich mehrere Schüler auf dem Feld, sodass auch meine Neugierde und die von Joe geweckt wurden.
Gemeinsam liefen wir zum Ort des Geschehens, doch sehen konnte ich zuerst nichts, da die Menge größer war, als ich angenommen hatte.
Zu meinem Glück war ich klein und so konnte ich mich durchschlängeln, sodass ich in der zweiten Reihe schließlich erblicken konnte, was überhaupt los war.
Offensichtlich prügelten sich gerade Simon und Adrien miteinander, die beide ziemlich wütend schienen, doch man sah deutlich, dass Adrien diesen Kampf gewann.
Tristan, der beste Freund von Adrien, versuchte ihn von Simon wegzuzerren und ihn zu beruhigen, doch anscheinend war Adrien um einiges stärker als er.
Die Schüler schauten alle wie geband auf die zwei Jungs, die sich prügelten, einige hatte bereits ihr Handy gezückt und filmten die Szene heimlich - vermutlich um es gleich danach ins Internet zu stellen.
Plötzlich hörte Adrien auf zuschlagen und warf Simon auf den Boden.
Dann schloss er seine Augen und schien tief ein zu atmen.
Ich runzelte seine Stirn und beobachtet ihn weiter.
Vermutlich ist er gerade zu Besinnung gekommen und wollte seinem Gegner noch eine Chance zum Überleben geben, aber danach sah sein Ausdruck im Gesicht nicht aus.
Er öffnete wieder seine Augen und schien sich umzuschauen, so als würde er nach jemanden ganz bestimmtes suchen. Sein Blick war selbstsicher in die Menge gerichtet.
Kurz schaute ich mich um, da ich vermutete, er würde nach Claire suchen, aber ich konnte ihren roten Haarschopf nirgendwo entdecken.
Ebenfalls verwunderte mich, dass anscheinend niemand Adriens komische Reaktion zu verwundern schien, da alle nur auf Simon und seine Verletzungen achteten.
Ich sah wieder zu dem dunkelhaarigen Jungen, der immernoch eine bestimmte Person suchen zu schien, als er sich plötzlich um 180 Grad drehte und mir direkt ins Gesicht sah.
Noch nie hatte mich ein Blick so in einen Bann gezogen, weil mich noch niemand so intensiv gemustert hatte, wie er.
Ein kleines bisschen Unbehagen und Einschüchterung kam über meinen Rücken, sodass meine Haltung sich etwas verkleinerte.
Und plötzlich, aus dem nichts, änderten sich seine eigentlichen dunklen, braunen Augen und glühten förmlich.
Ich keuchte auf und stolperte einen Schritt nach hinten.
Ich konnte sehen, wie sein Mund sich bewegte, da er anscheinend irgendetwas sagte, doch es kam wie ein ... ich weiß auch nicht ... ein Knurren rüber.
Ich sah, wie er einen Schritt in meine Richtung machte, sodass ich einen weiteren Schritt nach hinten wich, aus Angst davor, er würde mir etwas tun, da diese Seite gefährlich wirkte.
Doch er wurde kurzerhand von Tristen zu ihm und somit weg von mir gedreht, sodass dieser komische Bann zwischen uns brach.
Ich blinzelte ein paar mal, um mir drüber bewusst zu werden, was gerade passiert oder nicht passiert war.
Ich spürte ein Tippen an meiner Schulter und zuckte abermals zusammen, weil ich die Befürchtung hatte, Adrien würde vor mir stehen und mir irgendetwas antun.
Allerdings war es nur Joe, die mich besorgt musterte und mich prüfend von oben bis unten abcheckte.
"Alles in Ordnung mit dir?", fragte sie mich ernst.
Ich atmet tief ein und wendete meinen Blick zu meiner Freundin.
Ich konnte nur ein leichtes Nicken zu Stande bringen.
"Die Stunde ist um, wir sollen uns umziehen gehen", lächelte sie mich sanft an und zeigte auf die große Uhr über der Tür, die zum Feld führte auf dem wir jetzt standen.
Wieder nickte ich, dann wurde ich schon mit Joe zu den Türen gerissen, doch ich spürte einen permanenten Blick auf mir, sodass ich nicht anders konnte, als einen leichten Blick über meine linke Schulter zu werfen.
Obwohl ich wusste, wer mich anstarrte und ich zu große Angst vor ihm hatte, wagte ich trotzdem einen kleinen Anblick.
Adrien schien etwas zerschlagen und traurig zu sein, doch ich wusste nicht, wieso.
Weil ich diese andere Seite von ihm gesehen hatte? Dabei wusste ich nicht einmal, was ich gesehen hatte.
Ebenfalls sah ich, wie mich Tristan  neugierig, aber dennoch zurückhaltend musterte und auf Adrien einsprach.
Doch weiter kam ich nicht, da sich die schwere Holztür vor meiner Nase zu schlug und ich somit die Sicht versperrt bekam.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt