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Joe brach mir fast die Knochen, als sie mich umarmte.
"Danke", flüsterte sie mir ins Ohr. "Danke, danke, danke!"
"Wenn du mich nicht loslässt, ändere ich vielleicht meine Meinung", brachte ich noch zusammen.
Abrupt ließ sie mich los, grinste aber.
"Okay, also hier sind Stift und Block", meinte sie und übergab mir die Sachen. "Das Spiel beginnt in fünfzehn Minuten. Ich habe bereits Coach Freeman Bescheid gegeben, dass wir ihn in der Pause interviewen, naja, ich eher."
Ich nickte und steckte mir den Bleistift hinter mein Ohr.
Joe war in der Schülerzeitung tätig und, weil das große Footballspiel heute lief, musste sie ebenfalls darüber berichten, allerdings hatte ihr Kollegin Ana sich kurzfristig entschuldigt, dementsprechend war ich wohl die neue Journalistin.
"Los, komm!", murmelte Joe aufgeregt und zog mich am Arm aus dem Raum Richtung Feld.
Es war wahrscheinlich die gesamte Schule da, um das besondere Spiel nicht zu verpassen. Immerhin trafen unsere Golden Tigers auf die Lake Sharks, die größten Konkurenten.
Möglichst unauffällig stellte ich mich neben Joe, die sich bereits mit Coach Freeman etwas unterhielt.
"Und warum muss ich alles aufschreiben und du machst Fotos?", fragte ich meine Freundin erneut.
"Na, weil Ana eigentlich das übernimmt und du einen großen Bruder hast, der ebenfalls Sport macht", zwinkerte sie mir zu und stellte die Kamera richtig ein.
"Du weißt schon, dass mein Bruder Basketball spielt und nicht Football", murmelte ich.
"Oh!" Joe blickte kurz in die Ferne. " Ich bin mir sicher, du bekommst das hin!"
Ich seufzte und rollte meine Augen.
Plötzlich gab es eine Ansage von unserem Direktor, der uns begrüßte und das Spiel anleitete, dann hieß er unsere und die andere Mannschaft willkommen. Kurz darauf liefen von beiden Seiten die Teams ein und stellten sich auf.
Ich erkannte ein paar vom sehen oder weil sie in meinen Kursen waren. Außerdem stand Adrien ganz am Anfang, weil er der Captain war.
Ein tosender Applaus prasselte auf die Mannschaften ein, den sie alle sehr genossen.
"Vielleicht schreibst du einfach nur die Zahlen auf, ohne die Namen, das geht schneller", überlegte Joe.
Zustimmend nickte ich. Ich kannte immerhin eh nicht alle, besonders bei der gegnerischen Mannschaft.
Die Teams versammelten sich in den Kreisen und die Coaches hielten eine letzte Ansprache, dann klatschten sie alle ein. Alle setzten sich ihre Helme auf, doch Adrien ließ sein Blick durch die Menge wandern, bis er bei Claire stehen blieb. Sie war, natürlich, Cheerleaderin und sah absolut heiß aus. Sie winkte ihrem Freund und zwinkerte ihm zu, Adrien zeigte aber keine Reaktion, stattdessen suchte sein Blick jemand anderen, bis er bei mir ankam und mich ansah.
Selbst von dieser Distanz spürte ich seine braunen Augen, die mich intensiv musterten. Auf seinen Lippen erstien ein sanftes Lächeln, dass irgendwie süß wirkte.
Sofort schüttelte ich diesen Gedanken ab und lächelte zurück. Dann steckte ich meine Nase in das Notizheftchen und tat so, als wäre mir etwas interessantes aufgefallen.
Nach ein paar Minuten sah ich wieder zum Feld, aber Adrien stand in seiner Position.
Das Spiel begann.
Mit Konzentration folgte ich dem Spiel. Immer, wenn ich etwas wichtiges sah, schrieb ich es auf.
Trotzdem erwischte ich mich, wie ich manchmal zu Adrien rüber sah und ihn beobachtete. Er machte wirklich eine verdammt gute Figur auf dem Feld und man erkannte, warum er der Captain war. Er motivierte sein Team bei jedem Rückschlag und Erfolg, den sie im Spiel hatten. Adrien selber machte viele Punkte für sein Team, was ihm immer wieder Anerkennung der Mitspieler brachte.
Wieder sah ich zum Feld und betrachtete das Geschehen, doch das Spiel wurde zur Halbzeit abgepfiffen, sodass die Spieler sich ausruhen konnten. Die Pause ging allerdings nur fünfzehn Minuten.
Zuerst versammelte sich die Mannschaft beim Coach, der ein paar Verbesserungsvorschläge machte.
In den letzten fünf Minuten waren die Spieler frei und ruhten sich aus.
"Und wie sieht's aus?", fragte mich Joe.
"Ich denke, du solltest mir den Job frei halten", scherzte ich und lachte unsicher.
"Ach, so schlimm war es doch gar nicht!", meinte sie und winkte ab.
Ich runzelte meine Stirn.
"Wenn du denkst, ich mache das hier nochmal, dann hast du dich geschnitten", murmelte ich mit hochgezogener Augebraue, sodass Joe lachen musste.
"Vielleicht hättest du wirklich einfach -", begann Joe, aber die stoppte mitten im Satz und sah an mir vorbei.
"Was ist?", fragte ich nach , als sich jemand hinter mir räusperte.
Automatisch drehte ich mich um und sah Adrien in sein grinsender Gesicht.
"Ich sollte ... nochmal die Kamera ... ausrichten", meinte Joe und drehte sich um.
Verwirrt sah ich meiner Freundin hinterher, dann drehte ich mich wieder zu Adrien.
"Du verschreckst meine Freunde", lächelte ich und verschränkte meine Arme ineinander.
"Sie wird's überleben", meinte er gelassen und zuckte mit den Schultern. "Dich hätte ich hier allerdings nicht erwartet."
Ich warf meine Haare gespielt nach hinten. "Dass du denkst, ich würde mich nicht für dich und deinen Sport interessieren, kränkt mich etwas", sagte ich überdramatisch und fasste mir ans Herz. "Ich liebe Football!"
Adrien lachte und ich lächelte zufrieden.
"Das schmeichelt mir sehr", meinte er und fuhr sich durch sein schwarzes Haar.
Obwohl er verschwitzt war und seine Haare total unordentlich waren, sah er trotzdem verdammt gut aus.
Was auch sonst ...
"Spaß bei Seite, was machst du hier?", fragte er erneut.
"Ich", begann ich und wedelte mit meinem Block vor seiner Nase. "Bin die neue Journalistin für die Schülerzeitung."
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an und griff nach einem Heft.
Mit seinen Augen überflog er meine Notizen und sah mich dann perplex an.
"21 machte ein Tor?", las er ungläubig vor. "Kennst du dich überhaupt aus mit Football?"
Ich biss mir auf die Lippe und verschränkte erneut die Arme.
"Joes Kollegin ist kurzfristig krank geworden und ich sollte einspringen", erzählte ich die Wahrheit.
Erneut sah sich Adrien die Notizen an und schüttelte den Kopf.
"Komm nach dem Spiel vor die Umkleide", meinte er und übergab mir den Block. "Ich werde das überarbeiten."
Der Coach rief nach Adrien, da das Spiel gleich weiterging.
"Wieso hilfst du mir?", fragte ich nach, als er sich bereits zum gehen wandte, doch er drehte sich um und lief rückwärts weiter.
"Mein Gewissen erlaubt mir nicht, dass diese grässlichen Notizen nicht korrigiert werden", rief er Schulter zuckend und drehte sich mit einem Grinsen wieder zum Spiel.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt