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Ich verbrachte bestimmt eine halbe Stunde vor meinem Kleiderschrank, bis ich mich endlich für einen Pulli entscheiden konnte.
Nach zwei Verbrennungen wegen meines Lockenstabs, drei Schminkausrutschern und einem Nervenzusammenbruch, stand ich fast eine halbe Stunde zu früh vor der Haustür.
Adrien hatte kein einziges Wort verloren oder mir einen Tipp gegeben, wo wir hingehen würden, aber er hatte nur gemeint, dass ich mich wärmer anziehen solle.
Ich hatte schon mit Joe gerätselt, wo wir am Ende landen würden.
Meine Eltern - naja, eigentlich meine Mom - sind förmlich ausgerastet, als sie erfahren haben, dass ich ein Date mit dem Jungen hatte, mit dem ich immer in meinem Zimmer verschwand.
Ich hatte sie gebeten, keinem ihrer Kollegen oder Freunde davon zu erzählen, sonst hätten sie sie vermutlich schon zu unserer Hochzeit eingeladen.
Meine Mutter tippte mich an der Schulter an, sodass ich aus dem Starren auf die Uhr gerissen wurde.
"Alles in Ordnung, Schätzchen?", lächelte sie mich an, denn ich sah ihre Vorfreude hinter ihrem Blick.
Ich nickte und biss mir auf die Unterlippe.
"Was, wenn ich etwas falsches sage? Oder etwas unangebrachtes mache?", fragte ich aufgeregt, doch sie winkte nur ab.
"Wenn er der Richtige ist, wird ihm das egal sein", meinte sie nur.
Klar, dass meine Mutter leicht zu reden hatte, immerhin sind meine Eltern ein Traumpaar und seit der Highschool zusammen.
Es klingelte an der Tür, und ich riss die Augen auf.
"Wie sehe ich aus?", flüsterte ich schnell und wartete ungeduldig auf ihre Antwort.
Als Reaktion hielt sie beide Daumen nach oben und grinste. Ihre Lippen formte ein 'Hab' Spaß', dass ich mit einem Nicken kommentierte.
Ich ließ mir ein paar Sekunden Zeit, dann öffnete ich die Tür mit einem Schwung und sah in ein lächelndes Gesicht von Adrien.
Er war ziemlich leger gekleidet: eine schwarze Jeans, ein dunklen Hoodie und ein weißes Tshirt, dass unter dem Pulli hervorschien.
"Hallo, Fremde", begrüßte er mich und trat nah zu mir heran.
Ich grinste, denn es war irgendwie unser Ding. "Hallo, Fremder."
Er sah an mir herunter und etwas blitzte in seinen Augen auf.
"Bereit für ein Date, dass du nie vergessen wirst?", raunte er und ich bekam Gänsehaut.
Ich legte den Kopf schief und sah ihn an. "Natürlich."
Er reichte mir seine Hand, die ich ohne zu Zögern annahm, die Tür hinter mir zuzog und von ihm zum Auto begleitet wurde.
Dankend stieg ich ein, er nahm neben mir Platz und startete den Motor.
"Also", begann ich und schnallte mich an. "Verrätst du mir jetzt endlich, wohin wir fahren und was mir machen?"
Als Antwort lachte er nur und fuhr los.
Ich unterdrückte ein Grinsen, was mir nicht gelang, und sah durch das Fenster.
Es war nachmittags, dementsprechend war noch viel los auf den Straßen.
Ich sah, wie wir in einen Waldteil einbogen, welchen ich nicht kannte. Interessiert sah ich mich um.
Irgendwann hielt Adrien an und wir stiegen aus.
Irritiert sah ich ihn an, doch er schmunzelte nur und reichte mir seine Hand, die ich annahm.
"Sag mal, was tun wir hier?", meinte ich und sah mich erneut um. Adrien lief zielsicher in eine Richtung und grinste.
"Das wirst du noch früh genug erfahren", murmelte er, sah mich kurz von der Seite an und verschränkte unsere Hände miteinander.
Unauffällig sah ich zu ihnen und versuchte ein Lächeln zu verstecken.
Mein Herz machte automatisch einen Satz, und meine Nervosität stieg etwas mehr an.
Still liefen wir nebeneinander durch den Wald, denn ich hatte Angst, ich könne die Stimmung ruinieren.
Irgendwann blieben wir an einem Punkt stehen bis ich erkannte, warum Adrien mich an diesen Ort gebracht hatte.
Mittlerweile war es dunkler und ich konnte die gesamte Stadt von oben sehen. Die Lichter erhellten jede Straße und jedes Haus, es war magisch.
Ich atmete tief ein und sah mich um.
"Wow", flüsterte ich und lächelte über die Aussicht.
Ich merkte, wie Adrien mich von der Seite beobachtete.
"Wie findest du's?"
Seine Stimme war angenehm rau und warm, ich sah ihn sanft an.
"Atemberaubend."
Ich sah wieder auf die beleuchtete Stadt und dachte nach.
"Der Tag, an dem es den Vorfall zwischen mir und Claire gab", fing ich an, und Adrien sah mich wieder von der Seite an. Sein Blick war mitfühlend. "Claire hat mich ... sie hat mich angegriffen."
Es war nur ein Flüstern, aber Adrien hatte jedes einzelne Wort verstanden, da sein Körper sich anspannte.
Er ließ meine Hand los, legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich.
Sein Geruch umhüllte mich, sodass ich mich definitiv wohler fühlte.
"Sie hat mir vorgeworfen, ich sei der ... der Grund, für eure Trennung", wisperte ich unsicher und Adrien zog mich enger zu sich.
"Als ich es ... abstritt, wurde sie ... handgreiflich."
Ich seufzte und drehte mein Kopf zu seiner Brust.
Ich wollte nicht, dass er mich so sieht, so schwach und verletzlich. Ich war mir absolut sicher, dass das der schlimmste Start für ein Date aller Zeiten war.
Die Wärme, die von ihm ausging, durchströmte meinen Körper, sodass ich mich gegen ihn lehnte.
"Das tut mir so leid", flüsterte er in meine Haare und legte sein Kinn auf meinem Kopf ab.
Ich lächelte auf.
Er konnte immerhin nichts dafür, trotzdem fand ich seine Reaktion wirklich sehr rührend.
Nach einiger Zeit der Stille begann Adrien wieder zu sprechen.
"Ich habe den Wald schon immer geliebt, er hat so etwas friedliches, ruhiges."
Ich verstand, was er meinte. Die alten starken Bäume strahlten so etwas machtvolles aus, das man gar nicht beschreiben konnte.
Ein Windzug blies durch meine Haare und ließ mich auf Grund der Kälte leicht erzittern, doch wegen Adriens Körperwärme legte sich das wieder.
Adrien griff in seine Hosentasche und holte eine Krawatte heraus.
Stirnrunzelnd sah ich ihn an, doch er lachte nur.
"Umdrehen", forderte er mich auf und meine Nervosität kam zurück.
Er legte mir das Band um die Augen und Band es fest.
"Adrien, was zur ...", murmelte ich, hob die Kravatte kurz hoch, doch er hielt mir seine beiden Hände hin und unterbrach mich. "Verstraust du mir?"
Ich schluckte und sah ihn an.
Sein Blick verriet völliges Vertrauen, was mich beruhigte.
Ich nickte schließlich, zog das Band über meine Augen und ließ meine Hände in seine gleiten.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt