49

8.4K 303 7
                                    

Die Tür fiel ins Schloss und seufzend lehnte ich mich gegen sie.
Es war wirklich ein harter anstrengender Tag in der Schule.
Ich war absolut müde und geschaffen, wenn ich alleine daran dachte, dass heute Abend noch eine Party für mich steigt, könnte ich glatt losheulen.
Das Einzige, was ich jetzt brauchen konnte, war mein Bett.
Doch ich konnte meine Gedanken nicht weiterausführen, da meine Eltern und Tyler langsam in den Flur liefen mit einem Kerzen übersähten Kuchen und für mich sangen.
Automatisch hoben sich meine Mundwinkel und ich stieß mich von der Tür ab.
Es war wirklich schön zu sehen, dass meine Familie mehr oder weniger freiwillig unsere Traditionen an Geburtstagen pflegte ... gut, dass ich sie heute brechen musste.
Mit einem Atemzug pustete ich die Kerzen aus und sah jedem dankbar in die Augen.
"Happy Birthday, mein Schatz", umarmte mich mein Dad und flüsterte mir ein paar Glückwünsche ins Ohr.
"Steve, jetzt lass uns doch mal", murmelte meine Mutter zappelig und ich lachte auf.
"Schon gut, schon gut", meinte er etwas unverständlich und trat zur Seite.
Mom zog mich in eine stürmische Umarmung, die ich gerne erwiderte.
"Sirina, meine Liebe", schniefte sie und die ersten Tränen liefen ihre Wangen runter. "Ich kann nicht glauben, dass mein kleines Baby jetzt erwachsen ist."
"Mom, ich werde immer dein kleines Mädchen sein, außerdem steht es nur rechtlich auf dem Papier, dass ich jetzt zu den Erwachsenen gehöre", versuchte ich ihr klarzumachen, doch die schniefte nur erneut.
"Ich bin so unglaublich dankbar, dass ich dich bekommen habe. Was würde ich nur ohne dich tun, mein kleiner Sonnenschein? Ich liebe dich", flüsterte sie.
Spätestens jetzt war ich diejenige, die Tränen in den Augen hatte.
"Und ich dich", hauchte ich mit zittriger Stimme zurück.
Ich musste mich beherrschen nicht gleich vor allen zu flehnen, aber es klappte.
Meine Mom drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn, dann machte sie Platz für Tyler.
Zum ersten mal seit langem sah er nicht gelangweilt aus, ganz im Gegenteil, er schien in dieser Situation verlegen zu sein.
"Komm her, Schwesterherz", meinte er und rollte die Augen.
Wie lange er es wohl her, dass wir beide uns wirklich umarmt hatten?
"Auch wenn du manchmal echt nerven kannst, total launisch bist und heftige Stimmungsschwankungen hast- Aua!"
Ich kniff ihm in den Arm.
"Was ich sagen wollte, war, du bist trotzalledem eine tolle Schwester für mich", beendete er sein Monolog und ich lächelte.
"Danke sehr", murmelte ich gegen seinen Hoodie und löste mich schließlich auch von ihm.
Kurz sah ich nochmal in die kleine Runde.
"Danke für eure Glückwünsche, den Kuchen und die Geschenke", sagte ich voller Aufrichtigkeit.
"Na los, komm in die Küche", ergriff meine Mutter das Wort und hackte sich bei mir ein. "Erzähl ins von deinem Tag, währenddessen machen wir das heutige Abendessen fertig."
Sie zerrte mich in Richtung Küche, wo ich auf einem der Hocker Platz nahm.
"Es gibt dein Lieblingsgericht", fügte Das hinzu.
Ich grinste.
"Vielen Dank für eure Mühe", murmelte ich und wich ihren Blicken aus, da sich mein Gewissen meldete.
Meine Eltern und Tyler machten sich so eine große Arbeit nur um dann zu erfahren, dass wir nicht einmal zusammen feiern würden. "Aber ... ich ..."
Nervös schaute ich auf meine Hände, die mit der Abtrocktuch spielten.
"Ich kann heute nicht", flüsterte ich und alle Blicke waren auf mich gerichtet. Sowohl mein Dad, als auch meine Mom hielten beim kochen inne und starrte mich fragend an.
"Was", krächzte meine Mutter, dann räusperte sie sich kurz. "Was meinst du, du kannst nicht?"
Mein Gewissen nagte an jeder einzelnen Körperzelle von mir.
Ich hatte mich noch nie schlechter gefühlt. Meine Familie bedeutet mir alles, deshalb wollte ich sie nie enttäuschen oder ihnen etwas abschlagen.
"Ruby, die Cousine von Adrien, schmeißt eine Party für mich."
So, das waren die Worte, die mir schwer im Magen lagen.
Was darauf folgen würde, konnten sie sich selber zusammen reimen.
Doch anstatt irgendeiner Reaktion bekam ich nur unerträgliche Stille.
Meine Eltern warfen sich bedeutsame Blicke zu, die allerdings nur die beiden entschlüsseln konnten.
"Ihr könnt auch gerne kommen", schlug ich stattdessen vor, doch keiner schien vor Freude aufzuspringen.
"Selbst ich weiß, dass das eine dumme Idee ist", meinte Tyler und ich schluckte.
"Wir, ähm", begann meine Mutter nach einiger Zeit und sah prüfend zu meinem Dad. "Wir denken, dass du jetzt in der Position bist, eigene Entscheidungen zu fällen und akzeptieren deshalb deine Wahl."
Ich verzog mein Gesicht.
Ich konnte meine Eltern doch nicht einfach so stehen und liegen lassen.
"Wisst ihr was, ich sage einfach, dass ich etwas besseres zu tun habe. Ich meine, ihr seid mir viel wichtiger als -", begann ich, doch mein Dad unterbrach mich. "Sirina."
Ich hielt inne und schaute ihn an.
"Du solltest wirklich auf diese Party gehen, sie wird immerhin dir zu ehren geschmissen, also sollte der Hauptgast nicht fehlen."
Ich lächelte schwach.
Ich sah, wie sie nicht einhundert Prozent mit der Entscheidung zufrieden waren, aber sie hielten sich zurück.
"Wir haben die ersten siebzehn Geburtstage mit dir gefeiert und wir werden sicherlich noch weitere miteinander erleben", fügte meine Mutter hinzu.
Gott, hatte ich schon gesagt, wie sehr ich diese Menschen liebe?
Ich stand auf und umarmte sie ganz fest, während ich immer wieder ein 'Danke' in ihre Schultern murmelte.
"Du solltest dir vielleicht noch etwas anderes anziehen", meinte meine Mutter und ich nickte.
Bevor ich jedoch hinter der Küchenrand verschwand, drehte ich mich nochmal zu ihnen um und sah ihnen in die Augen.
"Ich hab' euch lieb", wisperte ich und lief dann ganz schnell hoch in mein Zimmer.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt