"Danach müsst ihr die Wurzel aus 196 ziehen und ihr habt euer Ergebnis", verkündete Mr Lighter, mein Mathelehrer, und sah sich zufrieden noch einmal die Rechnung an.
"Und jetzt jeder für sich!", klatschte er kurzerhand in die Hände und schrieb ein paar Buchseiten und ihre zugehörigen Aufgaben auf.
Seufzend öffneten alle Schüler ihre Bücher und versuchten zwanghaft sich mit den Aufgaben zu beschäftigen, um das neue Thema zu verstehen.
Die meisten, wie ich sehen konnte, gaben sich trotzdem keine Mühe und tuschelten, schliefen oder schrieben sich per WhatsApp irgendwelche Nachrichten, aber alles so, dass es Mr Lighter nicht mitbekam, mit Erfolg.
Ich atmete tief ein und machte mich ebenfalls an die erste Aufgabe.
Ich bin gut in Mathe, allerdings kann ich das auch so gut wie in allen Fächern behaupten.
Ich will überhaupt nicht angeben, da ich es zu schätzen weiß, so gut in der Schule zu sein, jedoch kann man das auch genauso als Fluch ansehen, wenn ihr mich fragt.
Seufzend schüttelte ich meinen Kopf, um mich wieder auf Mathe zu konzentrieren und versuchte mich an der nächsten Aufgabe.
Doch ich konnte mich nicht konzentrieren, so wie den ganzen Tag eigentlich schon. Vielleicht liegt es daran, dass gestern wieder Vollmond war und ich kein Auge zu bekommen konnte.
Schon seit meinem 15 Lebensjahr mache ich unbeschreibliche Qualen durch, an jeder einzelnen Vollmondnacht. Es fühlt sich an, als würde mir jeder einzelne Knochen gebrochen werden, die Haut brennt wie Feuer und mir schnürt jede Bewegung die Luft ab. Mit meinen Eltern war ich schon bei unzähligen Ärzten und Psychologen, aber alle konnten mir nicht helfen.
Depressionen bis hin zu einer psychischen Störung - alles war dabei, aber nie hat mir eine Sitzung beim Psychologen oder Tabletten von Krankenhaus wirklich geholfen, lediglich meine Schmerzen etwas gelindert.
Es war einfach nur nervig und unerträglich.
Verschlafen rieb ich mir meine Augen und blinzelte ein paar Mal, um mich abermals zu konzentrieren.
Ich probierte und probierte, aber meine Gedanken hingen ganz woanders.
Frustriert schob ich meinen Block ein Stück weg von mir und atmete tief aus.
Mein Blick glitt unbestimmt durch die Klasse, als ich bei dem Fenster gegenüber hängen blieb.
Da es heute regnete, war der Himmel grau und dunkel, sodass ich gut mein eigenes Spiegelbild sehen konnte.
Braunes glattes Haar, blaue müde Augen, hellere Haut.
Meine Augenringe konnte ich bereits hervor scheinen sehen, die ich versucht hatte so gut es ging abzudecken.
Plötzlich riss mich eine Bewegung aus meinen Gedanken, sodass ich zusammen zuckte.
Die Äste und Blätter der Bäume hatten an das Fenster geschlagen.
Doch irgendetwas kam mir dabei komisch vor, also betrachtete ich länger die Umgebung aus dem Fenster und plötzlich sah ich sie.
Ein paar strahlend leuchtende Augen, die mir direkt ins Gesicht starrten.
Mein Atmen beschleunigte sich sofort, und meine Augen riss ich noch ein Stück mehr auf.
Sofort wusste ich, dass sie dieselben sind, wie die von Adrien, die mich seit Tagen in meinen Träumen verfolgten.
In fast jeder Nacht hatte ich mir den Kopf zerbrochen, was an jenem Tag geschehen war, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich fand keine Antworten.
Das einzig Logische war, dass Adrien nicht mich sondern jemanden anderen angeschaut hatte und die leuchtenden Augen nur eine Reflexion der Sonne waren.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto plausibler klang es.
Ich blinzelte und wieder sah ich nur Äste und Blätter, die an das Fensterglas peitschten.
Vor Erleichterung atmete ich aus und richtet meinen Blick auf meinen Block.
Wurde ich jetzt paranoid?
Denn seien wir mal ehrlich, nur ich hatte diese glühenden Augen von Adrien gesehen und sonst keiner! Außerdem hätte er mich deswegen möglicherweise angesprochen, oder nicht?
Das Klatschen von Mr Lighter riss mich aus meinen Gedanken, sodass ich meine Aufmerksamkeit wieder auf meinen Mathelehrer richtete.
"Ich denke, dass war's für heute. Ich lass euch etwas früher in die Pause", lächelte er uns entgegen und zeigte auf die rotlackierte Holztür.
Sobald er dies verkündet hatte, stürmten alle Schüler so schnell, wie möglich in die Flure, so auch ich.
Zielstrebig ging ich zu meinem Spind, gab mein Code ein und öffnete die Metalltür.
Kurz schloss ich meine Augen und atmete tief ein und wieder aus.
Ich war wirklich müde und das machte sich auch langsam bemerkbar. Obwohl ich so viel Kaffee konsumiert hatte, ließ seine Wirkung langsam nach.
So ein Mist, aber auch ...
Plötzlich spürte ich ein leichtes Kribbeln auf meiner Haut, sodass ich wieder meine Augen öffnete und stirnrunzelnd auf meinen Arm schaute, der übersäht mit einer Gänsehaut war.
Komisch, so etwas hatte ich noch nie gefühlt...
Mein Blick wanderte langsam nach links und da sah ich ihn, Adrien.
Er stand maximal zwei Spindtüren neben mir und sortierte gerade sein Mathebuch aus, als er wohl mein Starren bemerkt hatte und seinen Kopf langsam nach rechts drehte und mir direkt ins Gesicht sah.
Seine dunkelbraunen Augen schienen mich freudig zu muster, allerdings lag auf seinen Lippen ein normaler Ausdruck.
Schnell schaute ich wieder in den Innenraum meines Spindes und verfluchte mich gerade selber dafür, dass ich so gestarrt hatte.
Kurz atmet ich aus und strich mir meine Haare hinter mein Ohr, sodass ich ihn unauffällig beobachten konnte, während ich meine Bücher ein und aus sortierte, obwohl ich meine richtigen Bücher bereits hatte.
So unauffällig, wie es nur ging warf ich ihm einen kleinen Blick zu, der gerade etwas in seinem Spind zu suchen schien.
Dann tat ich wieder so, als würde ich meine Bücher für die nächsten Stunden ein und auspacken.
Ich spürte einen kurzen Blick auf mir, der allerdings so intensiv war, das man ihn hätte nicht ignorieren können.
Gott, war das kindisch. Was ist nur los mit mir?
Möglichst unauffällig spähte ich wieder zu Adrien rüber, der genau in diesem Moment wieder sich dem Innenraum seines Spindes widmete und kurzerhand mit einem lauteren Knall zu schlug.
Da es noch nicht zur Pause gegongt hatte und sich deswegen nur wenige Schüler im Gang aufhielten, wirkte das Zuhauen umso lauter.
Plötzlich spürte ich eine Person neben mir, die eine gewisse Stärke auszustrahlen schien, da ich mich etwas eingeschüchtert fühlte.
"Hey", ertönte es von der Person mit angenehmer tiefer und rauer Stimme.

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Pain
WerewolfSirina ist ein ganz normales Mädchen mit einer ganz normalen Familie und ganz normalen Problem. Als sie jedoch auf Adrien trifft, ändert sich ihr Welt mit einem mal. Er ist anders als alle anderen, die sie kennt - und das reizt sie sehr. Mir der Ze...