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Ich lief den Weg alleine entlang Richtung Zuhause.
Gottseidank war Mathe meine letzte Stunde und ich konnte diesen Ort wieder verlassen.
Nachdem ich wieder zurück gekommen war, fand sich Adrien ein paar Minuten später ebenfalls wieder im Klassenzimmer, doch ich hatte mich nicht getraut ihn anzuschauen, nicht einmal ein kurzer Blick, obwohl ich seinen öfter auf mir spürte.
Stattdessen starrte ich stur auf meinen Block und zählte die Sekunden.
Keine Ahnung, wie es jetzt mit ihm und mir weiter gehen würde. Wenn er sich mir nicht öffnen könne, warum sollte ich ihm dann hinterher rennen.
Trotzdem ließ mich das alles nicht komplett kalt. Es war etwas zwischen uns, dass mich neugierig machte. Diese Verbindung hatte ich noch nie zu jemand anderem. Ich wollte das alles nicht aufgeben, aber warum sollte ich weiter auf ihn warten, wenn es ihm schwer fiel sich nicht ganz auf das alles einzulassen. Dabei dachte ich, dass ich diejenige bin, die bei Jungs vorsichtig ist.
Klar, ich will nicht verletzt werden, niemand will das, aber man muss sich auch in ein Abenteuer stürzen können.
Wie heißt es so schön?
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Ich schloss unsere Haustür auf und lief von Flur in die Küche.
Der Geruch von köstlichen Gewürzen stieg mir in die Luft und da wusste ich, dass meine Mutter am kochen war.
Müde setzte ich mich auf einen Hocker und schaute ihr zu.
Sie bemerkte offensichtlich meine trübe Laune, denn sie hörte auf zu rühren und schaute mich an.
"Was ist los, Sirina?", fragte sie sanft, sodass ich meinen Kopf hob und in ihre blauen Augen sah.
Ich zuckte mit meinen Schultern und stützte mich auf meine Ellenbogen.
"Ist es die Schule?", fragte sie weiter und gab ein paar weiter Kräuter in die Suppe.
Ich schluckte und schüttelte den Kopf.
"Ist es wegen dem Kindergarten? Haben sie heute deine Stunden verlegt?"
Wieder schüttelte ich meinen Kopf.
"Ich bin nicht in der Stimmung", krächzte ich und rümpfte die Nase.
Auf keinen Fall wollte ich es riskieren Adrien ein zweites mal an diesem Tag zu sehen und eine weitere Abfuhr zu bekommen.
Nach einer längeren Pause fragte meine Mutter schließlich weiter.
"Ist es wegen diesem Jungen, Adrien?"
Ich merkte, wie sie ihre Worte mit Bedacht wählte.
Bei seinem Namen versetzte es meinem Herzen einen kleinen Stich.
Ich wich ihrem Blick aus, und das war Antwort genug.
Sie nickte, aber ließ mir Zeit mich zu öffnen.
Ich seufzte.
"Ich denke, er hat Angst mit mir gesehen zu werden", sprach ich nun aus und meine Mutter hielt inne. "Er hat mir gesagt, etwas würde ihn zurück halten, aber er könne mir nicht sagen, was es ist."
Sie beobachtete mich und schluckte.
Keine Ahnung, warum es mir so schwer fiel mit meiner eigenen Mutter über so etwas zu sprechen, aber ich wollte nicht, dass sie sich unnötig für mich freuen würde, nur um ein paar Tage später zu erfahren, dass ihrer Tocher gewaltsam das Herz gebrochen wurde.
"Dein Vater und ich hatten es auch nicht immer leicht", erzählte meine Mom schließlich und senkte ihren Blick auf die Suppe.
Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Meine Eltern waren das Paradebeispiel für eine funktionierende, glückliche Ehe und jetzt erzählte sie mir, sie hätten Probleme in ihrer Beziehung gehabt.
Sie bemerkte meinen irritierten Blick und fuhr fort.
"Ja, dein Vater und ich wir hatten auch so unsere Problemchen. Es gab nahezu immer Stress wegen deinen Großeltern, oder auch ander Männer und Frauen."
"Andere Männer oder Frauen?", fragte ich verblüfft nach.
Sie lächelte.
"Ja! Andere waren auch an mir oder deinem Vater interessiert", erklärte sie mit einen Grinsen. "Es war nicht immer so schön und harmonisch gewesen, so ist es in jeder Beziehung. Man muss erst lernen sich auf den andern verlassen und vertrauen zu können. Das braucht Zeit, aber es lohnt sich."
Ich atmete tief auf und blickte auf meine Hände.
Meine Mutter hatte recht. Es wird nie immer einfach sein, aber wenn es sein soll, dann werden wir das schaffen können.
"Mach dir nicht so viele Gedanken!", meinte sie und machte eine abwinkende Handbewegung. "Wenn er der Richtige ist, wird er merken, dass es keinen Grund gibt, sich zu verstecken."
Ich nickte und versank wieder in Gedanken.
"Und wenn ich immer sehe, wie er dich manchmal anschaut und heimlich berührt, denke ich, dass sich das schnell regeln wird", fügte sie hinzu und ich wurde rot.
Meiner Mom war tatsächlich aufgefallen, wie wir uns neckten und näher gekommen sind.
"Danke, Mom", flüsterte ich und drückte ihre Hand.
Mir war gar nicht aufgefallen, wie die Haustür erneut ins Schloss fiel und mein Dad unsere Küche betrat.
"Was ist denn hier für eine Versammlung?", fragte er ironisch und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Ich habe deiner Tochter gerade von unsere Beziehung erzählt und wie begehrt wir bei anderen doch waren", grinste meine Mutter und küsste meinen Dad.
Lächelnd sah ich zwischen den beiden hin und her.
Innerlich wünschte ich mir genauso eine Beziehung und Ehe. Man könnte schon fast sagen, dass ich neidisch auf ihr perfektes Verhältnis war.
Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche und ich nahm es heraus.
Während meine Eltern sich wie zwei verliebte Teenager in die Augen schauten und einander ihrer Zuneigung zeigten, stolperte mein Herz, als ich meine Nachricht las:
'Hey, Fremde. Können wir morgen persönlich reden?'
Ich schluckte und starrte wie gebannt auf die Buchstaben.
Schnell tippte ich ein Ja ein und sperrte mein Handy.
Meine Mutter beobachtete mich und warf mir einen aufmunternden Blick zu, den ich mit einem schwachen Lächeln kommentierte.
Wie es mit Adrien und mir weiter gehen wird, wird sich morgen zeigen ...

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt