Erneut hielt ich mir das schwarze und dann das hellblaue Kleid vor meinen Körper und betrachtete mich im Spiegel.
Einerseits war das blaue Kleid auffälliger und betonte ziemlich meine Augen, andererseits war schwarz ein Klassiker und ging immer.
Ich rümpfte die Nase und fuhr mir durch mein dunkles Haar.
Schließlich nahm ich beide Kleiderbügel in die Hand und raste einen Stock tiefer.
"Mom?"
Meine Mutter schien mir die beste Lösung zu sein. Immerhin kannte sie mich ziemlich gut und hatte ein Händchen für so etwas.
"Mom!"
In der Küche fand ich sie, wie sie Gemüse schnippelte.
Sie sah von ihrem Schneidebrett auf und betrachtete mich irritiert, als ich in Unterwäsche vor ihr stand.
"Sirina?", fragte sie unsicher und ließ ihren Blick ein paar Male hoch und runter gleiten.
Zappelig trat ich von einem Fuß auf den Anderen.
"Ich brauche deine Hilfe", meinte ich nur und hielt mir das erste Kleid vor meinen Körper.
"Das?"
Dann wechselte ich den Kleiderbügel und hielt mir das Schwarze an meinen Körper.
"Oder das?"
Meine Mutter betrachtete mich Stirn runzelnd und tippte mich mit dem Zeigefinger an die Lippe.
"Zu welchem Anlass?", fragte sie plötzlich und mein Herz setzte einmal kurz aus.
Ich schluckte schnell und und sah auf den Boden.
Ich hätte es meiner Familie schon noch gesagt, dass ich nun mit Adrien zusammen bin, allerdings hatte ich zu sehr Angst, sie würden etwas negatives äußern.
"Ich lerne Adriens Familie kennen", murmelte ich etwas unverständlich und wich ihrem Blick aus.
Ich spürte trotzdem ihre Augen auf mir, dann sagte sie schließlich:
"Okay, na dann das Hellblaue."
In meinem Gesicht bildeten sich Falten.
Ich hatte nun streng damit gerechnet, dass meine Mutter nachhacken würde, stattdessen tat sie so, als hätte ich ihr nicht indirekt gesagt, dass ihre Tochter nun vergeben ist.
"Dreh dich um", forderte sie mich auf und ich befolgte ihre Anweisung.
Davor zog ich mir noch das besagte Kleid über.
Ich hörte ein Ratschen und spürte, wie sich das Kleid enger um mich legte.
Ich musste diese unerträgliche Stille endlich unterbrechen.
"Mom, ich wollte dir davon schon viel früher erzählen. Ich-", begann ich, doch meine Mutter fiel mir ins Wort.
"Sirina", murmelte sie und ich verstummte.
Ich drehte mich wieder zu ihr um, könnte ihr aber nicht in die Augen blicken.
"Ich bin weder blind, noch sonderlich dumm", fing sie an und griff nach meiner Hand. "Ich sehe doch seit mittlerweile zwei Wochen, wie glücklich du jeden Tag nach Hause kommst und strahlst."
Ich wurde leicht rot und presste die Lippen aufeinander, damit man mein Grinsen nicht sah.
"Außerdem merke ich doch, wie du jede freie Sekunde gerne mit ihm verbringen möchtest. Du gehst schon so oft aus, dass ich mir hätte gar nichts anderes vorstellen können, als, dass ihr zusammen seid."
Ich nickte und sah ihr endlich wieder in die Augen. Sie zeigten völlige Freude. Sofort fühlte ich mich schlecht, denn mein Gewissen meldete sich.
"Mom, ich wollte es dir oder euch auch noch erzählen ..."
Mein Blick senkte sich nach unten.
"..., nur ich war voller Angst, dass ihr Adrien vielleicht nicht tolerieren würdet."
Meine Stimme wurde immer leise und leiser, bis sie nur noch ein Flüstern war.
Die ganze Zeit blieb meine Mutter überaus still und zeigte keinerlei Reaktionen, bis ich es schließlich nicht mehr aus hielt und sie wieder ansah.
"Ich weiß", wisperte sie und zog mich in eine Umarmung.
Ich grübelte über ihre Wörter nach.
"Als ich deinen Großeltern von deinem Vater und mir erzählen wollte, hatte ich genau dieselbe Panik. Ich hatte bereits jedes erdenkliche Szenario im Kopf abgespielt. Ich wollte einfach unbedingt, dass sie ihn mögen und auch in unsere Familie akzeptieren."
Überrascht sprach mir meine Mutter aus der Seele. Sie hatte ja schon gesagt, dass sie und mein Dad ein paar Probleme vor und in ihrer Beziehung hatten, aber trotzdem konnte ich mir es nicht vorstellen.
Bei dieser Erzählung war mir meine Mutter ähnlicher, denn je.
"Deine Großeltern mussten sich erst ziemlich lange mit dieser Veränderung anfreunden. Du weißt ja, ich bin ihr einziges Kind und sie wollte nur das Beste für mich. Tatsächlich sah sie mich immer mit einem anderen Jungen."
Verblüfft sah ich sie an, doch sie nickte nur mit einem traurigen Lächeln.
"Es war nicht einfach, aber schlussendlich war es die richtige Entscheidung. Dein Vater und ich sind schon Jahrzente zusammen und immernoch glücklich." Sie räusperte sich kurz. "Sirina, ich will nur das Beste für dich und ich kann sehen, wie euphorisch du zur Zeit bist."
Ich lächelte leicht.
Dafür liebe ich meine Mutter, sie bezieht auch andere Positionen, außer ihrer Eigenen, ein.
"Danke, Mom", flüsterte ich und zog sie in eine Umarmung.
Liebevoll strich sie mir über meinen Rücken, dann löste sie sich von mir.
"Bring ihn doch mal zum Abendessen mit", meinte sie so nebenbei und ich stutzte.
Ich war mir nicht sicher, was ich darauf antworteten soll.
Meine Mutter erkannte meine Überraschung.
"Ich will den Mann kennen lernen, der meine Tochter die ganze Zeit strahlen lässt", fügte sie hinzu und zwinkerte.
Ich lächelte auf.
Meine Eltern wollten wirklich Adrien kennen lernen.
"Gerne", flüsterte ich und meine Mutter grinste auf. "Aber keine peinlichen Kinderfotos, oder Geschichten aus meiner Kindheit."
Meine Mutter lachte auf.
"Wo bleibt da der Spaß?"
Ich schüttelte lächelnd meinen Kopf.
Und wie ich sie liebe.
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Pain
WerewolfSirina ist ein ganz normales Mädchen mit einer ganz normalen Familie und ganz normalen Problem. Als sie jedoch auf Adrien trifft, ändert sich ihr Welt mit einem mal. Er ist anders als alle anderen, die sie kennt - und das reizt sie sehr. Mir der Ze...