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Vorsichtig streichelte ich Joe eine Strähne aus dem Gesicht und beobachtete sie weiterhin.
Plötzlich klingelte mein Telefon, Adrien.
"Hallo", flüsterte ich in die Leitung und stand vom Stuhl auf.
"Hey", murmelte er.
"Warte kurz."
Schnell trat ich vor die Tür und schloss sie ein Stück.
"Wie geht's ihr?", fragte Adrien etwas besorgt nach, sodass ich leicht eifersüchtig wurde.
Ich verzog mein Gesicht. Es war gerade keine Zeit für Eifersucht und schon gar nicht bei Joe.
"Sie hat sich beruhigt und schläft jetzt", murmelte ich leise.
Adrien atmete hörbar aus.
"Was ist passiert, Sirina?", fragte er leise nach.
Ich biss mir auf die Lippe und sah durch den Spalt zu Joe, die sich immernoch nicht gerührt hatte.
"Egal, was ich dir jetzt erzähle, du darfst nichts unüberlegtes tun", meinte ich zuerst. "Okay?"
"Natürlich."
Dieses mal war ich diejenige, die hörbar ausatmete.
Für mich war es vermutlich einer der schönsten Nächte, die ich je hatte. Wenn ich nur an den Körperkontakt und die Nähe zu Adrien dachte, bekam ich schon Gänsehaut.
Und für Joe war es wohl einer ihrer Schlimmsten.
"Du musst wissen, dass ich sie seit Louis nicht mehr gesehen hatte, zwar immer nur flüchtig, aber nie richtig", begann ich. "Als wir ... miteinander gesprochen hatten, war Joe in einem Zimmer mit ein paar anderen Leuten. Sie kannte eigentlich nur eine einzige Freundin dort, aber sie verstand sich auf Anhieb mit einem Jungen namens Todd -"
"Todd Vegas?"
Ich schluckte und runzelte die Stirn.
"Ich glaube schon, kennst du ihn?", flüsterte ich in die Leitung.
"Er ist einer unserer Running Backs im Team. Er fällt nicht wirklich auf, aber manche meinen, er habe eine komische Vergangenheit", klärt er mich auf.
"Aufjedenfall redeten sie und redeten. Sie hatte nichteinmal bemerkt, dass sie nur noch zu zweit im Raum waren. Und dann ...", stockte ich. Mir schnitt es die Luft ab, das auszusprechen, was sich ereignet hatte.
"Er hat sie zuerst bedrängt, nicht allzu schlimmes, aber irgendwann wurde er leicht handgreiflich und hielt sie fest", wisperte ich und presste danach meine Lippen aufeinander.
"Hat er sie ...", begann er. "Hat er sie angefasst?"
Wieder biss ich mir auf die Lippe.
"Ich glaube nicht", flüsterte ich und rümpfte die Nase. "Aber ihre blauen Flecken an ihren Beinen konnte ich trotzdem sehen."
Auf der anderen Leitung gab es keinen einzigen Ton. Ich befürchtete, dass er bereits aufgelegt hatte, doch sein Atmen verriet ihn.
"Und wie geht es dir?"
Seine Stimme war voller Mitgefühl, was mein Haut kribbeln ließ.
"Ich bin gerade nicht wichtig, Joe ist diejeni-", murmelte ich, doch Adrien unterbrach mich.
"Sirina."
Ich schluckte. Jetzt wusste ich, warum er mit nur einem Wort jemanden zum schweigen bringen konnte. Er hatte diesen Anführerton, den jeden zum Schweigen brachte.
"Keine Ahnung, ab Joes Wiedersehen war einfach alles komisch", seufzte ich.
"Und vor Joe?", flüsterte er abwartend.
Ich lächelte.
Es war traumhaft, aber das konnte ich ihm nicht genau so sagen.
"Hast du Hunger?", fragte Adrien weiter nach. "Die Brownies meiner Mom sind die Besten und bekommen jeden traurigen Tag wieder zu einem Schönen."
Grinsend biss ich mir auf die Lippe, dich mein Freundinnen-Instinkt meldete sich wieder.
"Ich sollte bei Joe -"
"Sirina, du kannst jetzt nichts weiter tun, als sie sich beruhigen und diesen Abend verdauen zu lassen. Alleine", schritt er ein.
"Okay", wisperte ich und schlug mir die Hand vor den Mund.
"Beeil dich, ich warte in der Villa auf dich", flüsterte er charmant und legte auf.
Lächelnd legte ich auf und atmete tief durch.
Leise ging ich zurück in Joes Zimmer, schrieb ihr eine Nachricht, nahm meine Tasche und verließ ihre Wohnung.
Ich nahm den nächsten Bus und fuhr zu Adrien. Schnell stieg ich aus und lief ungeduldig durch den Wald. Komischerweise hatte ich keine Angst durch den stockdunklen Wald zu gehen, da ich wusste, dass ich Scàth um Hilfe rufen konnte.
Glücklicherweise sah ich bereits ihr Haus und lief schneller. Leise klopfte ich und wartete, während ich mich umsah.
Adrien öffnete mir wenige Minuten später die Tür mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Ich hoffe, du hast nicht ohne mich angefangen", begrüßte ich ihn und legte meinen Kopf schief.
Lachend bat er mich rein, nahm mir meine Sachen ab und führte mich in die Küche.
Das Geschoss war vollkommen frei und ohne Wände, lediglich ein paar Säulen stützen das Obergeschoss.
Die Küche befand sich hinten links, dann vorne links ein Essbereich und rechts das Wohnzimmer.
Alles war wirklich liebevoll und gemütlich eingerichtet, es gefiel mir sehr.
Die Zutaten standen bereits auf der Kücheninsel, genauso wie das Rezeptebuch.
Ich nickte und sah ihn an.
"Dann fangen wir an", lächelte ich und machte den Teig nach Rezept.
"Also hätte ich gewusst, dass ich alleine arbeiten würde, wäre ich nicht gekommen", meinte ich und sah ihn an.
Adrien sah auf dem Hocker gegenüber von mir und beobachtete mich bereits die ganze Zeit.
Er zuckte nur die Schultern. "Ich bin der stille Beobachter."
Ich runzelte lächelnd die Stirn, sodass er weiter sprach.
"Normalerweise bin ich kein Starrer, aber du bietest mir genug Gründe um zu gaffen", neckte er mich und wackelt mit seinen Augenbrauen, sodass ich lachen musste.
"Hier", schmunzelte ich und übergab ihm die Schüssel mit dem Schneebesen.
Adrien stand auf und nahm mir die Sachen ab. Langsam rührte er den Teig um, als wäre er aus Porzellan.
Ich beobachtete ihr mit einem Lächeln.
"Wow", schmunzelte ich. "Du hast echt ein Händchen fürs Backen. Gib schon her!"
Er rümpfte die Nase und übergab mir die Schüssel.
Ich tunkte mein Finger in den Teig und probierte, während Adrien mich wieder beobachtete.
"Darf ich auch?", fragt Er lächelnd und wies mit einer Kopfbewegung auf die Schüssel.
"Sicher", meinte ich und hielt sie ihm hin.
Er streckte bereits sein Finger, aber ich zog die Schüssel wieder weg.
Er sah mich verdutzt an.
Mit meinem Finger tauchte ich in den Teig und hielt ihn vor Adrien.
"Probier", flüsterte ich mit einem Grinsen.
Zögerlich sah er zu meinem Finger. Der Teig floss bereits runter.
Er umgriff mein Handgelenk und sah mir dabei tief in die Augen.
Doch anstatt ruhig zu bleiben, schmierte ich ihm ruckartig den Teig an die Wange.
Ich lachte auf, während er die Nase rümpfte und sich den Teig wegputzte.
"Tut mir leid", grinste ich und zuckte mit den Schultern.
Kurz drehte ich mich um, um die Schüssel abzustellen, doch Adrien umschlung seinen Arm um meine Taille und zog mich zu ihm.
Lachend versuchte ich mich zu wehren, doch sein Griff war wirklich fest.
Ich sah, wie er das Mehl nahm und es über mich drüber schüttete.
Schnell schnappte ich nach Luft und schrie leise auf.
Adrien ließ mich schließlich los, sodass sich mir das Mehl schnappen konnte und über ihm entleeren konnte.
Er umfasste mein Handgelenk erneut und zog mich zu sich, sodass ich automatisch aufhörte und ihn ansah.
Seine braunen Augen musterten mich intensiv, ein Kribbeln setzte ein und die Wärme durchflutete mich, ausgehend von seiner Hand.
Ich trat einen Schritt nach hinten und er ließ mich los.
Kopfschüttelnd sah ich an mir runter, meine komplette Kleidung war überzogen mit Mehl.
"Idiot", lächelte ich und schlug mit der Hand gegen seinen Arm.
Adrien lachte auf und fuhr sich durch die weißen Haare.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt