Ich rümpfte meine Nase und band mir meine Haare zu einem Zopf.
Trotz dem Ende dieses Schuljahres, dass in einigen Wochen bevorstand, ließen die Lehrer keine Zeit für Pausen.
Ich blätterte die nächste Seite meines Biologiebuches um und sah mir die Skizze einer Nervenzelle an.
Mein Kopf rauchte bereits vor Informationen - ich brauchte dringend mal eine Pause.
Seufzend lehnte ich mich zurück und rieb mir die Schläfen. Plötzlich summte mein Handy auf und Adriens Name leuchtete auf.
Sofort rutschte mir das Herz in die Hose und ich setzte mich auf.
Es war Wochen her, dass wir telefoniert hatten. Es war aber auch drei Tage her, dass wir persönlich gesprochen hatte.
Nervös griff ich nach dem Telefon und nahm den Anruf an.
"Hey", begrüßte mich seine raue Stimme und ich bekam ungewollt leichte Gänsehaut.
"Hi", flüsterte ich und genoss seinen regelmäßigen Atem. "Was ... ähm ... gibt's?"
Adrien räusperte sich. "Ich ... ich wollte dir etwas zeigen."
Ich biss mir auf die Lippe und starrte auf meinen Schreibtisch.
Je mehr Zeit wir wieder miteinander verbrachten, desto mehr brachen meine versteckten Gefühle wieder raus. Der Gedanke, wieder in deiner Nähe zu sein, löste in mir so etwas wie Vorfreude aus.
"Wir müssen uns auch nicht-"
"Nein!", entgegnete ich sofort und stand auf.
Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Irgendwie schaffte ich es doch immer mich zu blamieren.
"Ja, gerne."
Adrien atmete zufrieden aus. "Kann ich dich abholen?"
Ich hielt die Luft an und biss mir auf die Zunge.
"Ich bin gerade unterwegs und fahre mit dem Auto bei euch vorbei", fügte er schnell hinzu und ich sah aus dem Fenster.
Meinen Eltern würde es ganz sicher nicht gefallen, wenn sie mich zu dem Jungen einsteigen sehen, der ihrer Tochter das Herz gebrochen hatte.
"In Ordnung, ich warte bei der Bushaltestelle", meinte ich schnell.
"Okay, ich werde da sein", murmelte er und ich gab ein zustimmenden Laut von mir, dann legten wir beide auf.
Für einige Sekunden stand ich wie angewurzelt an derselben Stelle stehen, dann lief ich durch mein Zimmer und richtete mich etwas.
Schnell ging ich runter in den Flur und zog mir Schuhe und Jacke an, dann verließ ich das Haus und steuerte auf die Bushaltestelle zu.
Zu meiner Überraschung stand Adriens Wagen bereits am Straßenrand.
Nervös lief ich darauf zu und öffnete die Beifahrertür, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand sah.
"Hey", murmelte ich und Adrien lächelte mich sanft an.
"Steig ein", meinte er und ich nahm nickend neben ihm Platz.
Es war irgendwie komisch normal neben ihm in seinem Auto zu sitzen, wir hatten immerhin eine Menge Zeit in seinem Wagen verbracht.
Still fuhr er mich in seine Siedlung und parkte geübt ein.
Die ganze Zeit hatte ich mich nicht getraut ihn zu fragen, was er mir noch zeigen wollte, doch schließlich überwand ich meine Scheu.
"Wohin gehen wir?"
Adrien und ich liefen etwas tiefer in den Wald hinein, bis er an einer Stelle stehen blieb. Seine Siedlung was hinter den Bäumen verschwunden.
Langsam sah ich mich um.
Plötzlich begann Adrien sich auszuziehen und ich riss erschrocken die Augen auf.
"Was machst du da?", rief ich dazwischen und wandte meinen Blick ab.
Ich spürte förmlich wie meine Wangen zu glühen begannen.
Adrien stand lediglich in Boxershort vor mir und lief zu mir. In seiner Hand befanden sich seine sorgfältig gefalteten Klamotten.
"Ich möchte dir die Chance geben, die Verwandlung bei mir zu sehen", erklärte er und suchte meinen Blick.
Es forderte höchste Konzentration nicht an seinem attraktiven Körper runter zu sehen. Innerlich verfluchte ich mich dafür, dass ich sein Charm nicht ausblenden konnte.
"Der Verwandlungsprozess vom Menschen zum Wolf ist etwas sehr ... intimes", flüsterte er und ich schluckte, denn mein Hals war plötzlich staubtrocken.
Ein kleiner Teil meines Herzens machte einen Satz bei diesen Worten. Er wollte wirklich einen so besonderen Moment mit mir teilen?
"In diesem Moment sind wir am schwächsten. Wir sind angreifbar. Ich möchte dich zu nichts zwingen, aber mir ist es wichtig, dich wenigstens gefragt zu haben", fuhr er fort und ich biss mir auf die Unterlippe.
Diese Situation war doch irgendwie unreal. Adrien stand halbnackte vor mir im Wald und wollte, dass ich ihm bei seiner Verwandlung zu einem Werwolf zu sah.
Ich schluckte mit einem Lächeln.
"Okay", hauchte ich und Adriens Mundwinkel hoben sich.
"Behälst du die für mich?", fragte er und übergab mir seine Klamotten. Sein Geruch stieg mir in die Nase und mich überkam eine gewohnte Geborgenheit.
Adriens Kopf senkte sich nach unten zu seinem letzten Kleidungstück, das er trug. Für ein paar Sekunden folgte ich seinem Blick bis ich wieder wegschaute.
"Die muss ich leider auch ausziehen."
Ich verkniff mir ein Lachen und nickte.
Adrien holte tief Luft und brachte Abstand zwischen uns, drehte sich um zog seine Boxershort aus.
Meine Wangen glühten förmlich. Ich musste mich konzentrieren, denn es war ihm wichtig.
Adrien ging auf alle vier und plötzlich knackten seine Knochen und verrenkten sich.
Ich hörte ein paar mal, wie er aufwimmerte, doch er versuchte jeden Laut zu ersticken.
Mein Herz stach in diesen Momenten und ich senkte den Blick für kurze Zeit. Ihm wuchs ein dunkles Fell überall, sein Gesicht verformte sich zu seiner Schnauze. Und so stand nicht mehr Adrien, sondern Scàth vor mir.
Das letzte mal, als ich ihn gesehen hatte, entdeckte ich, dass er Adrien war. Seine zurückhaltende Art machte kenntlich, dass er genau wusste, wie angespannt die Situation zwischen uns war.
Ich ging auf die Knie und vergrub meine freie Hand in seinem Fell, automatisch schnurrte er wie ein Kätzchen auf.
Lächelnd betrachtete ich den prachtvollen Wolf.
Kein Wunder, dass er so groß war, immerhin wurde er bald zum Anführer seines Rudels. Da musste man eine gewisse Autorität ausstrahlen.
Scàth senkte seinen Körper und ich stieg über seinen Rücken.
Das erinnerte mich an den Abend zurück, an dem es heftig regnete. Adrien und ich waren das erste mal außerhalb der Präsentationsvorbereitung zusammen. Damit hatte irgendwie alles angefangen zwischen uns.
Langsam lief er los bis er irgendwann seine Höchstgeschwindigkeit erreichte. Bäume zogen an uns vorbei, Blätter raschelte unter seinen Pfoten.
Irgendwann wurde er wieder langsamer bis er mitten im Wald stehen blieb und ich von ihm absteigen konnte.
Adriens Klamotten legte ich neben einen großen Baum und drehte mich anschließend um. Ich wollte ihm natürlich etwas Privatsphäre gönnen.
Das Knacken und Verrenken der Knochen blendete ich dennoch nur schwer aus, trotzdem versuchte ich mich abzulenken, indem ich mich umsah.
Ich hatte keine Ahnung, wo wir waren. Der Wald sah für mich genau gleich aus. Es war bemerkenswert, wie man sich hier zurecht finden konnte.
Adrien trat hinter mich und ich sah zu ihm.
"Wo sind wir?", fragte ich ihn und Adrien machte eine Kopfbewegung.
"Wir sind am Rande unserer Territoriumsgrenze", erklärte er und ich folgte ihm.
Mit einer erheblichen Kraft schob er einen alten dicken Baumstamm weg, sodass sich eine Treppe offenbarte.
Unglaublich, wie stark er sein musste, um diesen Stamm auch nur bewegen zu können.
Adrien lief zuerst die Treppe runter, dann folgte ich ihm.
Eine Art Kellertür versperrte uns den Weg, doch Adrien öffnete diese mit einem passenden Schlüssel.
Er überließ mir den Vortritt, doch ich sah unsicher in den dunklen Raum.
Schließlich lief ich vorsichtig hinein, doch alles war absolut dunkel. Ich konnte nichts erkennen bis Adrien einige Kerzen entzündete.
Interessiert sah ich mich um.
Die Wände waren aus Stein, am Boden befanden sich Ketten, die eingeschweißt waren. Ein Käftig aus hartem Stahl zierte eine Mulde links von der Tür.
Ich lief zu den Wänden und fuhr vorsichtig mit den Fingern die tiefen Kratzspuren nach.
"An diesem Ort findet unsere erste Verwandlung statt", erklärte Adrien und ich drehte mich zu ihm. "Als junger unerfahrener Wolf sind wir noch unkontrolliert, deshalb verbringen wir die Nacht hier."
"Etwa alleine?", fragte ich nach. Adrien nuckte lediglich.
Ich schlang meine Arme um meinen Körper.
Es war so dunkel und kalt hier, zugleich strahlte dieser Ort so viel Macht aus, dass es beängstigend war.
Adrien beobachtete mich still, er ließ mir Zeit um das alles auf mich wirken zu lassen.
"Du warst hier auch?", fragte ich nach und er nickte.
Es musste schrecklich sein, hier ohne Unterstützung eingesperrt zu sein.
"Wofür ist der hier?"
Ich zeigte mit dem Finger auf den Käfig und Adrien lief auf diesen zu. Er rüttelte ein paar mal an den Stangen, die trotz seiner Kraft aber nicht nach gaben.
"Ich hatte vorhin gesagt, dass wir uns an der Grenze unseres Territoriums befinden", begann er und ich nickte. "Er wird verwendet um unerwünschte Streuner festzuhalten."
"Unerwünschte Streuner?"
Adrien räusperte sich und lief auf mich zu. "Das sind entweder Wölfe, die uns beschatten oder sich unerlaubt hier aufhalten."
Ich nickte und sah mich erneut um.
Dieser Raum jagte mir irgendwie einen Schauer über den Rücken.
"Komm", meinte Adrien wieder und ich folgte ihm nach draußen.
Er sperrte wieder ab und wir liefen nach oben.
Ich setzte mich auf einen Baumstamn und Adrien folgte meinem Beispiel.
Es fühlte sich so normal an, dass wir beide wie gewöhnliche Menschen nebeneinander saßen.
"Aidens Geburtstag", begann ich und Adrien sah mich von der Seite an. "Es war eine Vollmondnacht, nicht?"
Seine Augen wurden dunkler. Es schien so als wüsste er, welche Frage mir als nächstes auf der Zunge lag.
"Wir ... haben die Nacht zusammen verbracht, allerdings sah es nicht so aus, als würdest du vor Quälen leiden müssen."
"Es schien aber auch nicht so, als würdest du dich vor Schmerzen krümmen", kommentierte er mit hochgezogener Augenbraue.
Ich entließ Luft aus meinen Lungen und stützte meine Hände auf dem Baumstamm ab.
Nickend fixierte ich die Blätter auf dem Boden. "Ich weiß, und das ist etwas, dass ich mir nicht erklären kann."
Er lächelte kurz, räusperte sich danach aber schnell.
"Ich hatte dir erzählt, dass wir uns nur in Gefahrsituationen verwandeln, und das stimmt nur zum Teil", begann er zu erzählen und ich betrachtete sein Profil.
Noch immer konnte ich nicht verstehen, wie er so markelos aussehen konnte.
"Der Wolf in uns möchte ständig und andauernd seine Mate finden, und wenn er sie endlich gefunden hat, will er sie markieren."
"Markieren?", fragte ich nach.
Er suchte nach den richtigen Worten. "Das Markieren ist eine Art die Bindung zwischen zwei Mates vollkommen zu machen. Als allererstes beißt er sie-"
"Beißen?", wiederholte ich und verkniff mir ein Lächeln. "So wie bei einem Vampir?"
Er lachte und mein Herz schlug plötzlich schneller.
"Ja, so kann man es sicherlich sehen", schmunzelte er. "Der Biss ist allerdings nicht tödlich, er tut vielleicht nur etwas weh. Die Bindung wird erst komplett, wenn die Mates miteinander ... schlafen."
Ich merkte, dass ich die Luft angehalten hatte.
"Deshalb konnte ich in unserer Beziehung nicht einfach Sex mit dir haben, Sirina. Ich hatte dir nichts von all dem hier erzählt, doch du musstest das erst wissen. Niemals stand für mich Gründe wie Desinteresse oder Scharm zur Debatte. Glaub mir, ich wollte."
Adriens rieb sich über sein Gesicht und stützte sich dann ebenfalls mit den Händen auf dem Baumstamn ab.
Mein Blick schweifte Richtung Wald.
Die Reise in den Norden, die wir anlässlich meines Geburtstages machten, wurde durch Adriens komisches Verhalten total zunichte gemacht, doch jetzt verstand ich, warum er so abweisend war. Einen Haken gab es allerdings, der mich nicht losließ.
"Aber du hattest doch ... mit Claire?"
Er lächelte leicht und nickte.
"Claire ist allerdings nicht meine Mate", raunte er.
Ich glaubte mich verhört zu haben. Sprachlos sah ich ihn von der Seite aus an, während er meine Reaktion studierte.
"Sirina, wir sind Seelenverwandte."
Seelenverwandte?
Das wäre zu schön, um wahr zu sein.
Ich schüttelte leicht mit dem Kopf.
"I-ich bin kein Werwolf, Adrien. Das ist unmöglich", hauchte ich.
Seine Grübchen auf den Wangen wurde tiefer.
"Ja, du bist ein Mensch, aber auch irgendwo in deinem Innern ein Werwolf."
Ich schluckte. Mein Herz pochte unglaublich schnell gegen die Brust.
Mein Verstand brauchte ein paar Momente um zu begreifen, was Adrien gerade gesagt hatte.
Wir sind Seelenverwandte, für einander bestimmt. Etwas, dass es nur einmal zwischen zwei Personen auf dieser Welt gab.
Adriens Blick suchte meinen und endlich sah ich ihm in die Augen. Ich merkte, wie ich mich ganz langsam in ihnen verlor.
Plötzlich kribbelte mein Körper, Gänsehaut setzte bei mir ein. Diese Verbindung zwischen uns, die ich seit dem ersten Moment an zwischen uns spürte, hatte tatsächlich einen Grund - wir gehörten zusammen. So hatte das Schicksal es vorgesehen.
Alles mit ihm fühlt sich so leicht an, so unbeschwert, dass es schon fast übermenschlich ist.
Plötzlich wandte Adrien den Blick ab und sah sich um, zusätzlich stand er auf.
Ich blinzelte ein paar mal, um wieder in der Realität anzukommen.
"Was ist los?", fragte ich und sah mich ebenfalls um, doch ich konnte nichts erkennen.
Er gab kein Mucks von sich, was mich nervös machte.
"Es ist jemand hier", flüsterte er und reichte mir die Hand. Seine Augen scannten jede Ecke des Waldes. "Ich kann ihn riechen."
Unruhig stand ich auf und stellte mich näher zu ihm, er gab mir ein Gefühl von Sicherheit.
"Wir sollten gehen", meinte er und ich nickte langsam.
Adrien zog sich schnell aus und verwandelte sich zurück in Scàth. Der Wolf schien aufgeregt zu sein, doch ich wusste nicht, wieso. Ich konnte weder etwas hören noch sehen. Es schien alles völlig normal, aber ich vertraute ihm.
Ich stieg über seinen Rücken und er brachte mich zurück zur Siedlung. Ich brachte einige Meter Abstand zwischen uns. Geduldig wartete ich bis Adrien sich angezogen hatte, dabei beobachtete ich den Wald.
Es war so friedlich und still, dass mir Adriens Unruhe völlig überdramatisiert vorkam.
"Komm, wir müssen zu meinem Dad", meinte er und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Siedlung.
"Wieso zu ihm?"
Ich sah ihn von der Seite aus an, doch er hatte nur Augen für die Villa, auf die wir zusteuerten.
"Werwölfe können über Gedankenübertragung kommunizieren."
Ich blieb langsam stehen und überlegte.
Telepathische Kräfte hatten sie also auch noch?
Adrien lief einige Schritte weiter bis er bemerkte, dass ich ihm nicht mehr folgte. Er griff nach meiner Hand und zog mich weiter.
Einige Momente brauchte ich um zu merken, dass wir uns an den Händen hielten, dann setzte die gewohnte Wärme ein.
Beim Vorbeigehen fiel mir ein bekanntes Auto auf, allerdings konnte ich es nicht identifizieren, weil Adrien mich ins Haus zog. Von innen hörte man bereits Getuschel und als wir ins Wohnzimmer traten, wusste ich auch, warum mir beide Stimmen so bekannt vorkamen.
Micheal und Adriens Vater James unterhielten sich aufgeregt.
Als sie uns bemerkten, verstummten sie abrupt.
"Sirina?"
Wir starrten uns gegenseitig an.
Damit hatte ich nicht gerechnet.
"Michael", murmelte ich.
Neben mir zuckte Adrien auf. "Ihr kennt euch?"
Ich nickte nach einigen Sekunden und sah Micheal weiterhin an.
"Er ist ... mein Vater", hauchte ich und Adriens Blick schoss von meinem zu seinem Dad.
"Was machst du hier?", richtete ich mich an Michael, der allerdings nicht wusste, wie er antworten soll.
"Ich weiß von der Wolfssache."
Überrascht sah er von mir zu Adrien.
"Und Adrien ist dein ... Exfreund", murmelte er eher zu sich selber.
"Aber natürlich", äußerte sich James das erste mal und nickte. "Adrien und Sirina sind Mates. Sie sollten zusammenkommen, um die größten Rudel miteinander zu vereinen."
Sprachlos sahen wir uns alle gegenseitig an.
"Als Micheals Verlobte starb, musste er seine Alphagene aufjedenfall weitergeben. Egal, ob die nächste Frau ein Werwolf oder ein Mensch war, denn die Linie muss fortgeführt werden", beendete er seinen Monolog.
Adrien griff nach meinen Handgelenk und strich mit dem Daumen über meine Haut.
Automatisch spürte ich kleine Stromschläge, die durch meinen Körper flogen.
"Sie gehört zu dem Eastwood-Rudel", hauchte er und sah mich an. "Dein Geburtsmal - Ich wusste, dass ich mich in der Umkleidekabine nicht vertan hatte."
Es war also alles hervorbestimmt? Von Anfang bis zum Ende sollten Adrien und ich uns verbinden, nur um den Rudeln gerecht zu werden?
Was ist also, wenn die Verlobte von Michael nicht verunglückt wäre? Adrien und ich hätten uns vermutlich nie richtig kennen gelernt, wir wären nie zusammen gekommen und würde auch nichts füreinander empfinden.
Adrien sah mir an, was mir für Gedanken durch den Kopf schwebten.
"Das", begann er und sah zu unseren Elternteilen, "erklärt aber nicht, wieso ihr euch zusammen aufhaltet."
Adriens Vater sah zu meinem.
"Michael ist gekommen, um uns zu warnen."
"Warnen?", wiederholte ich und Adriens Blick streifte meinen.
Michael räusperte sich leise. "Ian wird euch angreifen, er plant das schon seit Wochen."
"Ian?"
Er war derjenige, der Adrien vor Wut fast austicken ließ. Keine besonders angenehme Begegnung.
"Er ist der Mate von Claire", erklärte mir Adrien kurz.
Dass sie Seelenverwandte sind, war nicht gerade überraschend für mich. Sie verdienten einander.
"Aber wieso sollte er uns angreifen wollen? Wir hatten zwar immer schon Differenzen, aber solche, dass sie in Kämpfen endeten."
Micheal ergriff erneut das Wort. "Er möchte euren Alpha herausfordern, er will dich herausfordern, Adrien."
"Das ist ... unmöglich, ich bin noch nicht einmal der Alpha", warf er unsicher ein. Seine Stirn lag in Falten, die Haltung angespannt.
"Es kommt nicht oft vor, dass Mitglieder anderer Rudel den Alpha herausfordern und noch hin zu den Nachfolger, aber es ist möglich", erklärte James vorsichtig. "Die Führung der aktuellen Familie würde bei einer Niederlage aus dem Rudel verbannt werden."
Ich riss die Augen auf.
Verbannt? Das klingt so, als würden sie wirklich von ihren eigentlich Freunden verstoßen werden. Wer weiß, was das sonst noch bedeuten könnte.
Mein Blick flog zu dem Jungen neben mir.
Der Kampf ging um Leben oder Tod. Und jeder war sich dessen bewusst.
Adriens Augen huschten von einem Punkt zum anderen. Sein Kopf arbeitete bereits daran, einen Plan zu entwickeln, doch ich bezweifelte, dass er auf die Schnelle eine Lösung finden könnte.
"Wie lange?", flüsterte er und Micheal schüttelte leicht den Kopf.
"Ein oder zwei Wochen vielleicht."
Adrien entließ Luft aus seinen Lungen und rieb sich mit beiden Händen über sein Gesicht.
Ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte, obwohl ich es so sehr wollte. Stattdessen stand ich regungslos neben ihm.
"Adrien, wir werden uns vorbereiten. Wir können von Glück sprechen, dass Michael uns so früh gewarnt hat", sprach sein Vater beruhigend auf ihn ein, doch Adrien nahm nichts von seinen Worten auf. In seinem Blick erkannte ich, dass für ihn die Gefahr unausweichlich bevor stand.
Plötzlich drehte er sich um und lief nach draußen.
Einige Sekunden stand ich perplex an Ort und Stelle, dann rannte ich ihm nach.
"Adrien." Doch er hörte nicht. "Adrien, warte!", wiederholte ich und er blieb langsam stehen. Ich hielt einen Meter vor ihm an. "Wohin willst du?"
Adrien schien ganz neben der Spur zu sein, und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. "Ich muss überlegen und handeln. Das Wichtigste ist, dass ich so viele wie möglich außen vor halten kann."
"Das Wichtigste ist, dass du dich beruhigst. Es bringt nichts, wenn du gedankenlos umher wanderst", entgegnete ich und er sah mir plötzlich tief in die Augen. Ein leichter goldener Schimmer blitzte in ihnen auf. Etwas, dass mich am Anfang hatte verschreckt, aber jetzt empfand uch etwas beruhigendes darin.
"Los, komm. Wir fahren."
Er drehte sich zu seinem Auto und lief erneut los.
Verwirrt stand ich alleine da, dann rannte ich ihm wieder hinterher.
"Was soll das? Wohin willst du fahren?"
Adrien öffnete die Fahrertür. "Wir holen deine Sachen, und du fährst weg von hier."
Ich stieß die Tür zu und trat nah an ihn heran.
"Adrien, beruhige di-"
"Sirina, ich will dich beschützen. Ich möchte dich in Sicherheit wissen. Du bist das Einzige, um das ich mich gerade sorge."
Ich ließ diese Worte auf mich herabregnen. Es tat gut, so etwas aus seinem Mund zu hören, denn es zeigte mir, dass in seinem Inneren tatsächlich auch noch Gefühle schlummerten.
Vorsichtig legte ich meine Hände um sein Gesicht. Wärme durchflutete meinen Körper.
Es war so eigenartig normal, ihm berühren zu können.
Ich suchte seinen Blick, bis er ir schließlich tief in die Augen sah.
"Was Ian vor hat, ist schrecklich. Ja, aber das ist kein Grund Panik zu schieben. Deine Familie und Freunde stehen hinter dir", besänftigte ich ihn etwas. Adriens Hände umschlossen meine Unterarme. "Ich stehe hinter dir, und ich werde dich auch damit nicht alleine lassen. Ich bin genauso in das ganze involviert, wie du."
Bei meinen Worten senkte sich seine Aufregung. Er lächelte schwach auf.
"Wir werden das durchstehen, okay? Zusammen."
Adrien biss sich auf die Unterlippe, was für einige Sekunden meine Aufmerksamkeit erregte.
"Deine Eltern und dein Bruder könnten darin verwickelt werden", hauchte er und ich nickte leicht.
Um keinen Preis des Welt sollte ihnen etwas angetan werden, das würde ich mir nie verzeihen können.
Einige Momente überlegte ich, doch vor mir ergriff Adrien wieder das Wort.
"Zieh' bei uns für diese Tage ein. I-ich möchte dich bei mir haben, dich beschützen können, wenn es darauf ankommt."
Mein Herz machte einen Sprung, doch ich ließ mir nichts anmerken.
"Okay", flüsterte ich. Die Idee schien mir einleuchtend, im Angesicht der Situation wäre es doch das Beste. "Ich hole meine Sachen morgen. Meinen Eltern ... werde ich erzählen, dass ich bei Joe für einige Zeit bleiben werde." Sie würden mir niemals erlauben, bei dem Jungen zu wohnen, dem ich seit Wochen hinterher trauerte.
Adrien atmete tief aus. Für ihn schien die Lüge durchzugehen, wie das allerdings bei meinen Eltern ankommen wird, würde sich zeigen.

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Pain
مستذئبSirina ist ein ganz normales Mädchen mit einer ganz normalen Familie und ganz normalen Problem. Als sie jedoch auf Adrien trifft, ändert sich ihr Welt mit einem mal. Er ist anders als alle anderen, die sie kennt - und das reizt sie sehr. Mir der Ze...